er dem Titel "Das Prinzip der Solidarität steht auf dem Spiel" hat der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) heute eine Orientierungshilfe zur geplanten Gesundheitsreform der Bundesregierung veröffentlicht.
Der Vorsitzende des Rates der EKD, Präses Nikolaus Schneider, schreibt im Vorwort des 32-seitigen Textes: "Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) nimmt mit der hier vorgelegten Orientierungshilfe des Rates zu diesem Reformvorhaben Stellung, weil es ihr um die grundlegenden Fragen der Gemeinwohlentwicklung in Deutschland geht. Angesichts des enormen gesellschaftlichen und demographischen Wandels geht es heute darum, eine nachhaltige Finanzierung und eine eigenverantwortliche Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen zu fördern, zugleich aber sicherzustellen, dass Gerechtigkeit und Solidarität erhalten oder - wo nötig - überzeugend neu gestaltet werden." Dabei könne auch der Wettbewerb dazu dienen, Anreize für fachliche Innovationen zu schaffen. Vor allem aber, so Schneider weiter, müssten Fachkräfte aus Medizin und Pflege und auch aus anderen therapeutischen Berufen gewonnen und zur Mitarbeit ermutigt werden.
Die Orientierungshilfe wurde von einer Ad-hoc-Kommission unter Vorsitz des Erlanger Theologen Prof. Dr. Dabrock erarbeitet. Dabrock stellte anlässlich der Veröffentlichung des Textes fest: "Die geplante Gesundheitsreform belastet überproportional Menschen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen oder geringem Einkommen. Eine solche Lastenverteilung ist schwer vereinbar mit dem christlichen Grundsatz der vorrangigen Option für die Schwachen und Benachteiligten. Sie ist auch politisch unklug, weil das Leben in einer Gesellschaft, die die Kluft zwischen Arm und Reich weiter wachsen lässt, für fast alle, Arme wie viele Reiche, nachteilige Konsequenzen hat."
Einer der Hauptkritikpunkte des Papiers ist die Tatsache, dass nach den Plänen der Bundesregierung die einkommensrelative Beitragsfinanzierung zugunsten einer im Prinzip nach oben hin offenen einkommensunabhängigen Zusatzleistung ergänzt werden soll. Dagegen solle die paritätische Finanzierung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die schon in der letzten Gesundheitsreform unterminiert wurde, mittelfristig noch weiter zurück genommen werden. Auch die geplante Erleichterung des Wechsels zwischen gesetzlicher und privater Krankenversichrung sowie die kurzfristigen Kostendämpfungsmaßnahmen, die zu weiteren Personaleinsparungen führen werden, so Dabrock, sehe die EKD kritisch. Auch wenn die vorgesehenen Reformschritte eher zaghaft erscheinen, bedeuten sie doch eine "stille Revolution für das Gesundheitswesen". Deshalb halte der Rat der EKD eine öffentliche Debatte über Zukunftskonzepte für dringend geboten.
Dabei sei der Rat davon überzeugt, dass eine gerechte und gute Gesundheitspolitik wesentliche Impulse aus religiösen Überzeugungen gewinnen kann. Denn es gehe um mehr als Kostenmanagement und Versicherungstechnik: "Versicherte brauchen Vertrauen in eine gute Gesundheitsversorgung, Leistungserbringer Planungssicherheit und Gestaltungsmöglichkeiten und Kostenträger eine auskömmliche Finanzierung, die allerdings die Gesamtgesellschaft nicht überlasten darf" - so Präses Schneider in seinem Vorwort.
Auf Grund ihrer Sorge um ein zukunftsfähiges und solidarisches Gesundheitssystem in Deutschland hat die EKD im Februar dieses Jahres eine ad-hoc-Kommission zu den zukünftigen Herausforderungen des Gesundheitswesens einberufen. Diese Kommission wird bis zum Frühjahr 2011 eine Schrift erarbeiten, die Vorschläge für notwendige Schritte zum Erhalt und zur Neugestaltung des Gesundheitssystems machen wird und dabei auch die Fragen der Pflege nicht ausklammert. Angesichts der aktuellen Diskussion um das GKV-Finanzgesetz hielt es der Rat der EKD jedoch für geboten, kurzfristig eine Orientierungshilfe vorzulegen, die auf das aktuelle Reformvorhaben reagiert.
Hannover, 03. November 2010
Pressestelle der EKD
Reinhard Mawick
Das Prinzip der Solidarität steht auf dem Spiel" erscheint als EKD-Text 110. Der Text hat 31 Seiten und kann zum Stückpreis von 1,05 EUR über das Kirchenamt der EKD bezogen werden [Herrenhäuser Str. 12, 30419 Hannover, Telefon (0511) 2796-460, Fax (0511) 2796-457 oder E-Mail: versand@ekd.de]. Der Text ist auch über das Internet abrufbar unter http://www.ekd.de
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