berg - In zwei von drei Brusttumoren finden sich ungewöhnlich hohe Konzentrationen des Östrogen-Rezeptors ERa. Wissenschaftler im Deutschen Krebsforschungszentrum klärten jetzt einen Mechanismus auf, der diese Überproduktion mit verursacht. Das Ergebnis könnte dazu beitragen, neue Strategien zu entwickeln, um die häufigste Krebserkrankung bei Frauen zu bekämpfen.
Zwei Drittel aller Brustkrebsfälle sind ERa-positiv, das heißt: In ihren Zellen finden sich viele Östrogen-Rezeptoren vom Typ ERa. "Diese Moleküle können Wechselwirkungen mit dem Hormon Östrogen eingehen und dadurch auch zur Krebsentstehung führen", erklärt Dr. Jörg Hoheisel; Molekularbiologe im Deutschen Krebsforschungszentrum. "Der Zusammenhang zwischen der Konzentration des Rezeptors ERa und dem Auftreten von Brustkrebs ist bereits länger bekannt. Schon frühe Entwicklungsstadien von Brustkrebs stellen zuviel von diesen Rezeptoren her. Damit hängt eine erhöhte Zellteilung zusammen, die letztendlich für die Entwicklung von Tumoren verantwortlich ist", so Hoheisel.
Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern Dr. Yasser Riazalhosseini und Pedro de Souza Rocha Simonini konnte Jörg Hoheisel jetzt zeigen, dass eine winzig kleine Nukleinsäure, die MicroRNA namens miR-375, Auslöser der hohen Rezeptor-Konzentrationen ist, die in vielen Fällen zu Krebs führen. MicroRNAs sind wichtige Botenstoffe innerhalb von Zellen, die die Wirksamkeit von Genen entscheidend beeinflussen. miR-375, so entdeckten die DKFZ-Forscher, blockiert die Produktion eines Enzyms, das die Bildung von ERa-Rezeptoren beeinflusst: So führt eine hohe miR-375-Konzentration zur Bildung von vielen Östrogen-Rezeptoren. Gleichzeitig bewirkt die erhöhte Konzentration von ERa, dass mehr miR-375 gebildet wird. Die auf diese Weise entstandene Rückkoppelung kurbelt die Vermehrung der Krebszellen weiter an.
Die Ergebnisse ihrer Experimente veröffentlichten die Forscher um Hoheisel jetzt in der Zeitschrift "Cancer Research". Hier präsentieren sie auch einen ersten Hinweis auf eine mögliche medizinische Anwendung des neu gewonnenen Wissens: "Wir konnten die MicroRNA miR-375 in ERa-positiven Brustkrebszellen blockieren ? dies hat das Wachstum der Krebszellen wirkungsvoll verlangsamt." Ob und wie miR-375 in Zukunft eine Rolle bei der Behandlung von Brustkrebs spielen wird, kann Hoheisel noch nicht abschätzen: "Wir hoffen aber, mit unseren Ergebnissen in Zukunft neue Strategien gegen Tumoren mit zu vielen Östrogen-Rezeptoren entwickeln zu können."
de Souza Rocha Simonini P, Breiling A, Gupta N, Malekpour M, Youns M, Omranipour R, Malekpour F, Volinia S, Croce CM, Najmabadi H, Diederichs S, Sahin O, Mayer D, Lyko F, Hoheisel JD, Riazalhosseini Y.:Epigenetically Deregulated microRNA-375 Is Involved in a Positive Feedback Loop with Estrogen Receptora in Breast Cancer Cells. Cancer Research 2010; DOI: 10.1158/0008-5472.CAN-10-1318 Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland und Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren. Mehr als 2.200 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, davon über 1000 Wissenschaftler, erforschen die Mechanismen der Krebsentstehung und arbeiten an der Erfassung von Krebsrisikofaktoren. Sie liefern die Grundlagen für die Entwicklung neuer Ansätze in der Vorbeugung, Diagnose und Therapie von Krebserkrankungen. Daneben klären die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Krebsinformationsdienstes (KID) Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Das Zentrum wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert.
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