Fulda ist überall - Krankenhausinfektionen in Deutschland
(PI RA Kirchhoff 01.06.07)
Seit Ausbruch der Infektionswelle haben sich über 260 Menschen in Fulda mit Salmonellen infiziert und acht Patienten sind daran gestorben. Bundesweit sterben in Krankenhäusern jedes Jahr 17.000 Menschen durch „vermeidbare unerwünschte Ereignisse“ (VUE), berichtete das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) am 23. April 2007 in der „Agenda Patientensicherheit 2007“.
Die geschätzten 500.000 Infektionen, die sich Patienten in deutschen Krankenhäusern jährlich zuziehen, will das BMG mit einer Hygieneaktion um 30 Prozent reduzieren. Die Salmonellen-Epidemie in Fulda ist nichts Besonderes, es wird lediglich ausführlich darüber berichtet. Es ist ein ganz „normaler Umstand“, dass jeden Tag Patienten in deutschen Krankenhäusern mit Keimen infiziert werden und zu viele sterben.
Vielfach sind es antibiotika-resistente Keime, die systembedingt am häufigsten in Kliniken vorkommen. In der „Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention“ des Robert Koch-Institutes (RKI) sind die Hygieneanforderungen sowie die Aufgabenverteilungen für deren Umsetzung zum Betrieb eines Krankenhauses schon lange definiert. Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention des RKI gibt allerdings nur Empfehlungen heraus. Die Konsequenz ist - Krankenhäuser sind nicht verpflichtet, alle notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Patienten auch umzusetzen. Die Vorkehrungen zur Hygiene werden nicht kontinuierlich kontrolliert, lediglich im Seuchenfall.
Wenn ein Krankenhaus Infektionshäufungen nicht meldet oder die nach § 23 Infektionsschutzgesetz vorgesehene interne Aufzeichnung und Bewertung nosokomialer Infektionen einfach nicht vornimmt, sind Sanktionen nicht zu befürchten.
Das Infektionsschutzgesetz ist auf dem Gebiet der Bekämpfung von Infektionen im Krankenhaus ein stumpfes Schwert - die Politik ignoriert diesen dramatischen Missstand, mit fatalen Folgen für die Patienten.
Patientenschutz-Vereinigungen und Anwaltskollegen erklären die nicht hinreichenden und insbesondere auch nicht einheitlichen Hygienestandards in einigen deutschen Kliniken zu einem ernsthaften Problem.
Vermeidbare Infektionsgefahren werden in Krankenhäusern auch bei Arbeitsmitteln für Ärzte und Pflegekräfte nicht konsequent aus dem Klinikalltag verbannt. Meistens werden in Kliniken, die EDV auch am Patientenbett einsetzen, Geräte benutzt, deren Tastaturen sich nicht desinfizieren lassen und deren Lüfter Keime über Patientenzimmer verteilen können. Zusätzlich belastet jeder handelsübliche PC die Umgebung mit Elektrosmog und übersteigt die in Patientennähe zulässigen Werte der EMV-Richtlinien (Elektro-Magnetische Verträglichkeit). Fehlerhafte Messergebnisse und falsche Dosierungen medizinischer Geräte können die fatale Folge sein.
Die Finanznöte zwingen viele Krankenhäuser zum Sparen: So wird zunehmend der Arbeitsalltag von Ärzten und Pflegekräften effizienter organisiert, indem die Elektronische Patientenakte die aufwändig zu führende Papierakte ablöst. Mit dieser Umstellung kann eine Klinik je Bett um mehr als 2.000 Euro im Jahr oder über 50 Euro je Patient, die Kosten reduzieren. Die Investitionen für die Umstellung betragen ca. 1.000 Euro je Bett, das ist für viele Klinikmanager eine Erfolg versprechende Rechnung. Damit es noch billiger geht, wird in weiten Teilen auf die Anschaffung von MPG-zertifizierten (Medizin Produkte Gesetz) Geräten verzichtet und es werden Computer aus dem Elektronikmarkt gekauft. Die dadurch erhöhten Infektionsgefahren für Patienten werden nicht bedacht oder billigend in Kauf genommen.
Unterm Strich rechnet sich allerdings die Billigvariante nicht: zum Beispiel hat ein Krankenhaus für einen Patienten, der sich mit MRSA infiziert, zwischen 6.000 und 8.000 Euro mehr Kosten als die Krankenkasse bezahlt. Wenn der betroffene Patient das Krankenhaus verklagt, steigt die Prämie für die Haftpflichtversicherung und wenn außerdem über Infektionen in diesem Krankenhaus in der Zeitung berichtet wird, ist der Imageschaden enorm. Unter Umständen bleiben Patienten fern.
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