Der 40-jährige Tourismusmanager leitete die Ausflügler bei Philippsreut über die Grenze. "Ich freue mich, Ihnen die Heimat meiner Eltern näher zu bringen und bei Ihnen die Liebe für den wohl schönsten Landstrich Europas zu wecken", betonte Grill beim Grenzübertritt.
Informationen über den goldenen Steig, die bekannten Prachatitzer Bischof Johann Nepomuk Neumann und Andreas Hartauer gehörten ebenso zu den Erläuterungen wie ein geschichtlicher Rückblick. Man könne nicht über das Sudetenland reden, ohne die erste Besiedelung und das spätere Aufkommen des Nationalgedankens Ende des 19. Jahrhundert einzubeziehen, meinte Grill. Aus der Geschichte der Sudetendeutschen heraus, stünde die nachkommende Generation der Heimatvertriebenen ebenso wie die der Tschechen in der Pflicht, Gräben zuzuschütten und auf die Nachbarn hinzuzugehen. "Meine Eltern haben am eigenen Leib erfahren, was Hass zwischen zwei Volksgruppen anrichten kann", sagte Grill.
Geburtsort von Adalbert Stifter besucht
Das Örtchen Humwald (Chlum) diente als deutlich sichtbares Beispiel für die Zerstörung eines deutschen Straßendorfs nach der Vertreibung der Deutschen. Über Salnau und Pernek steuerte die Reisegruppe Oberplan (Horni Plana) an, wo natürlich Adalbert Stifter beherrschendes Thema war. Die Teilnehmer waren sehr interessiert an der starken Naturverbundenheit und der tiefen Gläubigkeit des bekannten Böhmerwaldsohnes.
Rainer Grill berichtete von vielen Bräuchen und kulturellen Eigenheiten der Böhmerwäldler – sowohl vor der Vertreibung als auch jetzt in den Heimatgruppen. Grill selbst ist aktiv in der "Sing- und Spielschar der Böhmerwäldler Ellwangen". "Vor dem Krieg ist mein Großvater Musikant bei den Schwertbuschen zwischen Krummau und Budweis gewesen, heute bin ich Musikant der Böhmerwäldler Schwertburschen in Ellwangen." Höritzer Passionsspiele, Forstwirtschaft und Graphitabbau verdeutlichen das breite Spektrum der Informationen über den südlichen Böhmerwald.
In Krummau gab es drei Schwerpunkte: die Besichtigung der Kirche Sankt Veit (Dolmetscherin für den tschechischen Dekan war Emma Marx vom Böhmerwaldverein Krummau, deren Tochter im Raum Ellwangen lebt), eine ausgiebige Schlossführung und eine Stadtführung mit dem bekannten Kulturhistoriker Dr. Ivan Slavik.
Familie Ratzinger hat Wurzeln im Böhmerwald
Und ganz erstaunlich: Prälat Georg Ratzinger hat beim Besuch von Krummau erklärt, dass er familiäre Wurzeln im Böhmerwald habe. "Mein Vater hat mir gesagt, dass die Oma aus dem Böhmerwald stammt", antwortete Ratzinger, nachdem Grill erzählt hatte, seine eigene Mutter sei in Krummau zur Schule gegangen.
