rzlich haben sich Vertreter des Europäischen Parlaments und der Mitgliedstaaten auf einen Kompromisstext beim Thema Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung geeinigt. Dies teilte der gesundheitspolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-Christdemokraten) Dr. med. Peter Liese (CDU) mit. Mit der Einigung, die noch formal vom Europäischen Parlament und vom Ministerrat angenommen werden muss, geht ein jahrelanger Streit zwischen den Institutionen zu Ende. Bereits zu Beginn des Jahres 2008 hatte die Europäische Kommission ihren Vorschlag vorgelegt, mit dem die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes auch in Gemeinschaftsrecht umgesetzt werden sollte. Die Rechte für die Patienten sollen damit europaweit transparent und einfach zugänglich gemacht werden.
"Der Europäische Gerichtshof hat mehrfach entschieden, dass Patienten auch bei geplanten medizinischen Eingriffen, so zum Beispiel einer Hüftoperationen, das Recht haben, sich im Ausland behandeln zu lassen und die Kosten erstattet zu bekommen. Deutschland hat dieses Recht bereits weitestgehend umgesetzt, andere Mitgliedstaaten jedoch nicht. Oft werden die Patienten daher auf den Klageweg verwiesen. Es ist aber nicht vermittelbar, zum Teil schwerkranken Menschen zuzumuten, sich jahrelang aufwendig durch alle juristischen Instanzen klagen zu müssen. Im schlimmsten Fall kann der Patient tot sein, bevor die Klage verhandelt worden ist. Deswegen ist die Richtlinie überfällig", so der Mediziner und Europaabgeordnete.
Die Verhandlungen zwischen Parlament und Ministerrat gestalteten sich in den vergangenen Jahren äußerst schwierig, da ein Teil der Mitgliedstaaten versucht hat, die Hürden für Patienten möglichst hoch anzusetzen. Das Europäische Parlament erreichte gegenüber dem Gemeinsamen Standpunkt der Mitgliedstaaten allerdings trotzdem wesentliche Änderungen:
1. Für Patienten, die an seltenen Erkrankungen leiden, gibt es Erleichterungen. Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, durch sogenannte europäische Referenznetzwerke zusammenzuarbeiten und die Diagnostik für seltene Erkrankungen zu verbessern, gegebenenfalls auch durch die Überweisung von Patienten ins benachbarte Ausland.
2. Es ist eindeutig klargestellt, dass ethisch motivierte Grenzen bei der Behandlung auch im Rahmen der Richtlinie bestehen bleiben. Das heißt beispielsweise, dass ein Paar, das im Ausland die Präimplantationsdiagnostik in Anspruch nehmen will, dies nicht von einer deutschen Krankenkasse bezahlen lassen kann.
3. Die Möglichkeit eine Behandlung im Ausland zu verweigern ist an strenge Kriterien gebunden. Willkürliche Ablehnung darf es nicht geben.
4. Die Mitgliedstaaten haben die Möglichkeit, Patienten, die eine Vorabgenehmigung in Anspruch nehmen, einen Voucher auszustellen, so dass sie nicht in finanzielle Vorleistung treten müssen. Das heißt, nicht der Patient, sondern der Leistungserbringer, zum Beispiel das Krankenhaus, muss sich dann mit dem Kostenträger im anderen EU-Mitgliedstaat um die Erstattung kümmern.
"An einigen Punkten wären wir gerne noch präziser gewesen, um für die Patienten noch mehr Rechte zu erkämpfen, aber trotzdem ist die Annahme der Richtlinie ein großer Erfolg. Für Patienten in Deutschland gibt es im Wesentlichen mehr Rechtssicherheit und Erleichterungen insbesondere wenn sie an seltenen Erkrankungen leiden. Ich hoffe, dass auch Deutschland das System des Vouchers nutzen wird. Noch wichtiger ist die Richtlinie für Patienten allerdings in anderen Ländern, denen bisher ihre Rechte vorenthalten wurden. So gibt es in Großbritannien zum Beispiel lange Wartelisten für Hüftoperationen. Diese werden nun abgearbeitet, unter anderem auch durch Überweisung von Patienten nach Deutschland. Die Richtlinie ist daher auch eine große Chance für Anbieter im deutschen Gesundheitswesen, denn trotz aller Diskussionen ist unser Gesundheitssystem leistungsfähiger als das der meisten anderen Länder in Europa", so Peter Liese abschließend.
Dr. med. Peter Liese
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