der früheren Datenlagen schien die Sicherheit außer Zweifel zu sein. Schwangeren wurde
die nahezu bedenkenlose Einnahme dieses Schmerzmittels bei Schmerzen in der
Schwangerschaft empfohlen. Aufgrund aktueller Studien ist jedoch ein sorgfältiges
Umdenken bzgl. dieser Empfehlung erforderlich. Neue Studien beschreiben einen
möglichen Zusammenhang zwischen dem Kontakt mit Paracetamol vor der Geburt und
erhöhtem Risiko für Asthma, anderen Atemwegserkrankungen und gestörter
Hodenentwicklung.
Entgegen früheren Empfehlungen wird daher bei möglicher oder bestehender
Schwangerschaft von der Einnahme von Paracetamol in Mono- und insbesondere
Kombinationspräparaten abgeraten.
Prof. Hartmut Göbel, Chefarzt der Schmerzklinik Kiel (www.schmerzklinik.de): „Bis Klärung
des genauen Zusammenhanges muss der Grundsatz gelten: Im Zweifel für das
ungeborene Leben und gegen die Einnahme von Paracetamol, insbesondere in
Kombination mit anderen Schmerzmittel. Kurzer Nutzen und langfristige lebenslange
Risiken stehen bei möglicher oder bestehender Schwangerschaft aufgrund der neuen
Datenlage nicht mehr im ausgewogenen Verhältnis zueinander.“
Die Einnahme von Paracetamol durch die Schwangere und Kontakt des Ungeboren mit
dem Arzneimittel scheint später bei den Kindern zu einem bedeutsam erhöhten Risiko für
die Entwicklung von Asthma und Atemwegserkrankungen, sowie möglicher
Unfruchtbarkeit bei Jungen zu führen. In den letzten Jahren hat sich global ein deutlicher
Anstieg der Häufigkeit von Asthma eingestellt. Paracetamol ist in Deutschland das am
häufigsten eingesetzte Schmerzmittel. Es steht auf Platz 1 der am häufigsten
verwendeten Arzneimittel. Gleichzeitig wurde in den letzten Jahren in der Bevölkerung
ein bedeutsamer Anstieg von Asthma festgestellt. Paracetamol kann zu einer Reduktion
von Glutathion in der Lunge führen. Es wird angenommen, dass Glutathion für die
Entstehung von Asthma eine wichtige Rolle spielt.
Besonders bedenklich ist der begründete Verdacht eines signifikant erhöhten Risikos für
die Entwicklung der Lageanomalie des Hodens bei Jungen (Kryptorchismus) nach neuen
Studienergebnissen. Bei den Betroffenen kann dies später zu einer verminderten
Zeugungsfähigkeit und erhöhtem Risiko für das Auftreten von bösartigen Hodentumoren
führen. Die Spermienanzahl und Spermienvitalität im späteren Leben können reduziert
werden. Die kombinierte Einnahme von zwei Schmerzmitteln bei Schwangeren war mit
einer siebenfach erhöhten Rate eines Kryptorchismus der neugeborenen Jungen
verbunden. Es wird der Verdacht geäußert, dass die Auswirkungen von einer Tablette
Paracetamol zu 500 mg für das ungeborene Kind schädlicher sein könnte, als die zehn
häufigsten Umweltschadstoffe. Den Studien wurde Kritik entgegengehalten, ein
ursächlicher Zusammenhang sei noch nicht definitiv bewiesen.
Paracetamol galt bisher in therapeutischen Dosierungen als sicheres, harmloses,
verträgliches und auch preiswertes Schmerzmittel. Die Gefahr, dass bei Überdosierung
über 150 mg pro kg Körpergewicht irreversible Leberzellschädigungen bis zum
Leberversagen ausgelöst werden kann, führte bereits zu einer Limitierung der
Packungsgröße im Rahmen der Selbstmedikation. Die neuen Studien begründeten ein
bedeutsames Umdenken für die Anwendung bei möglicher, geplanter oder bestehender
Schwangerschaft.
Grundsätzlich sollte auf die Einnahme von Schmerzmitteln in der Schwangerschaft und
Stillzeit verzichtet werden. Im Einzelfall kann bei besonders schweren Schmerzen nach
ärztlicher Beratung eine Akutmedikation erwogen werden. Allerdings ist dabei zu
berücksichtigen, dass insbesondere sog. einfache Schmerzmittel wie Paracetamol nur
eine schwache und kurze Wirkung auf den schweren Schmerzanfall haben, jedoch
gleichzeitig nachhaltige lebenslange Risiken für das ungeborene Kind bewirken können.
Weitere Informationen und Studiendaten:
http://www.schmerzklinik.de/2011/01/20/paracetamol-aktuelle-warnung-vor-der-einnahme-
in-der-schwangerschaft/