Andreas Wolff, Leiter der Angehörigen Akademie der AGAPLESION BETHANIEN DIAKONIE in Berlin sprach mit Rechtsanwalt und Notar Peter Pietsch:
Worum handelt es sich bei der Patientenverfügung und wozu dienen sie?
Jeder von uns kann alters-, krankheits- oder unfallbedingt in einen Zustand der Handlungsunfähigkeit geraten, in der er/sie auf die Hilfe und Entscheidung anderer angewiesen ist. Für diesen Fall kann mit einer Patientenverfügung verbindlich festgelegt werden, welche Behandlung gewünscht und welche Behandlung nicht gewünscht wird.
Welchen Inhalt muss eine Patientenverfügung haben?
In einer Situation, in der der Betroffene selber keine Entscheidung treffen kann, gibt das Gesetz die Möglichkeit, hierzu in klarer Zeit schriftliche Festlegungen zu treffen, die von Arzt, Krankenhaus und Pflegeeinrichtung eingehalten werden müssen.
Gilt eine Patientenverfügung nur, wenn sie schriftlich verfasst wurde?
Das neue Patientenverfügungsgesetz bestimmt, dass auch mündliche Festlegungen zu beachten sind. Zur Ermittlung des Inhalts einer mündlichen Verfügung gibt es ein umständliches Verfahren, an dem Bevollmächtigter, Hausarzt und nahe Angehörige zu beteiligen sind, so dass sich eine schriftliche Festlegung dringend empfiehlt.
Es gibt detaillierte Formulare, in denen viele Einzelpunkte zur Patientenverfügung
angekreuzt werden können. Worin besteht der Unterschied zu einer individuell formulierten Patientenverfügung?
Bei einem angekreuzten Formular/Vordruck besteht für Arzt oder Gericht, die Schwierigkeit herauszubekommen, ob es sich um eine bewusst und überlegt getroffene Entscheidung handelt. Oft wird bei einfachem Ankreuzen bezweifelt, dass damit die Entscheidung über Leben und Tod ausreichend abgewogen worden ist. Je detaillierter individuelle Behandlungswünsche und persönliche Wert- und Glaubensvorstellungen schriftlich niedergelegt sind, desto mehr Gewicht bekommen sie und die Akzeptanz einer solchen Verfügung ist höher. Empfohlen wird auch die notarielle Beurkundung, da dann alle Punkte abgewogen und seriös erörtert wurden.
Welche Hilfen und Beratungen sollten in Anspruch genommen werden?
Hierzu empfiehlt es sich, die Beratung des Hausarztes oder einer seriösen Beratungsorganisation einzuholen. Diese Beratung hilft dazu, sich Klarheit zu verschaffen und bei der Formulierung der so wichtigen eigenen Wertvorstellungen zu Behandlung oder einer Behandlungsablehnung.
Reicht in der Praxis der Pflege und bei ärztlicher Behandlung eine Patientenverfügung aus? Patientenverfügungen werden bei Pflege und Behandlung stets abgefragt und beachtet. Man muss aber viel Glück haben, um mit einer Patientenverfügung alle Situation zu umschreiben, die einen treffen können. Deshalb empfehle ich zusätzlich die Einsetzung einer Vertrauensperson in eine fachlich gestaltete Vorsorgevollmacht. Der Bevollmächtigte kann dann konkret reagieren und entscheiden.
Was ist der Grund für diese Empfehlung?
Wenn jemand handlungsunfähig ist müssen nicht nur medizinische oder pflegerische
Entscheidungen getroffen werde, sondern viele rechtliche Fragen wie Mietvertragskündigung, Heimvertrag, Pflegeversicherungsleistungen usw. entschieden werden. Beide Erklärungen ergänzen sich. Die Patientenverfügung setzt den Inhalt, die Vollmacht ist das Mittel zur Umsetzung, also zwei Seiten einer Medaille. Entscheidungen sind sofort und umfassend möglich. Ohne Vollmacht muss vom Gericht ein Betreuer bestellt werden. Das kann dauern.
Rechtsanwalt und Notar Peter Pietsch hält zum Thema "Mein Wille zählt" am Mittwoch den 9.März 2011 im AGAPLESION BETHANIEN SOPHIENHAUS, Paulsenstraße 5-6, 12163 Berlin einen Vortrag. Beginn ist 17.30 Uhr, der Eintritt kostet 5,-Euro. Anmeldung unter 89 79 12 38.
Weitere Informationen zur Angehörigen Akademie finden Sie unter www.bethanien-diakonie.de. Rechtsanwalt und Notar Peter Pietsch finden Sie im web unter www.rapietsch.de