Die Studie, die die grösste asiatische Studie dieses Typs ist, wurde von Wei Zheng, Professor für Krebsforschung am Vanderbilt-Ingram Cancer Center in Nashville, Paolo Boffetta von der Mount Sinai School of Medicine in New York und John D. Potter von der Public Health Sciences Division des Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle geleitet. Sie ist in der neusten Ausgabe der Fachzeitschrift New England Journal of Medicine (NEJM) erschienen.
"Alle vorgängigen Studien, die den Zusammenhang zwischen BMI und Todesfallrisiko untersucht haben, stützen sich in erster Linie auf Daten von Europäern oder Nachfahren von Europäern. So basiert denn auch die zurzeit gültige Definition von Norm- und Übergewicht auf den aus diesen Studien abgeleiteten Kriterien," sagte Zhen zur Motivation ihrer Studie. "Die Gültigkeit dieser Kriterien für die asiatische Population muss erst noch erbracht werden. Eine grosse Mehrheit der Asiaten sind sehr schlank und der Einfluss eines sehr niedrigen BMI auf das Todesfallrisiko wurde bislang in dieser Population nicht untersucht."
Die World Health Organization (WHO) schätzt, dass mehr als eine Milliarde Menschen weltweit übergewichtig und mindestens 300 Millionen fettsüchtig sind. Vom Fettgewebe weiss man schon seit längerem, dass es ein aktives endokrines Organ ist, dass eine ganze Anzahl biologisch aktiver Substanzen ins Blut abgeben kann, die zur Entstehung der Übergewichts-abhängigen Erkrankungen beitragen. Typischerweise zählen der Altersdiabetes (Typ-2 Diabetes), der Bluthochdruck, die koronare Herzkrankheit, der Hirnschlag und eine Reihe von Krebserkrankungen dazu.
Die Studie ist Teil der Asia Cohort Consortium Untersuchung. Dabei wurden Gesundheitsberichte und Todesfall-Informationen von mehr als 1.1 Millionen Individuen aus Ost und Süd Asien gesichtet. In der Gruppe der Ost-Asiaten, zu denen die Chinesen, Japaner und Koreaner gehörten, wurde das niedrigste Sterberisiko für Personen mit einem BMI von 22.6 bis 27.5 ermittelt, was allgemein als normal- bis leicht übergewichtig definiert würde.
Grundsätzlich unterschieden sich die Chinesen, Japaner und Koreaner kaum von anderen vergleichbaren Gruppen der Weltbevölkerung. Für diejenigen mit einem BMI 35 oder mehr war das Sterberisiko um satte 50% erhöht, was sich so in der indischen und bangladesischen Bevölkerung nicht nachweisen liess. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass ein hoher BMI nicht in allen ethnischen Gruppen zu den gleichen Konsequenzen führt.
Starkes Untergewicht war in der asiatischen Bevölkerung weitaus schlimmer als Übergewicht. Das Sterberisiko war um den Faktor 2.8 erhöht, sobald der BMI unter den Wert von 15 sank. Ein BMI-Wert von 15 gilt auch für Kaukasier als extrem untergewichtig, hat aber nicht die gleich starke Zunahme des Todesfall-Risikos zur Folge.
"Der erstaunlichste Befund war, dass Fettsucht (Adipositas) auf dem indischen Subkontinent nicht mit einer dramatischen Zunahme des Todesfalls-Risikos verbunden war," sagte Potter. "Das könnte aber auch daran liegen, dass übergewichtige oder adipöse Personen auf dem indischen Subkontinent normalerweise einen höheren sozioökonomischen Status haben und sich somit eine bessere medizinische Versorgung leisten können."
"Unsere Befunde zeigen zwei verschiedene Aspekte eines sich schnell entwickelnden Musters; extremes Untergewicht war bislang in Asien weit verbreitet und wir können seinen wichtigen Einfluss auf die Sterbewahrscheinlichkeit immer noch sehen," erklärte Boffetta. "Wenn wir die Zukunft ins Auge fassen, so müssen wir feststellen, dass auch in Asien, wie überall anderswo, der Vorbeugung der Adipositas höchste Priorität wird eingeräumt werden müssen."
Die Autoren folgern aus ihren Daten, dass ihre Studie ein weiterer starker Hinweis darauf ist, dass starkes Übergewicht zu einer Erhöhung des Todesfall-Risikos führt. In diesem Aspekt zumindest scheinen Asiaten und Kaukasier dann doch nicht so unterschiedlich zu sein.