Köln/Bad Honnef - Bei der ersten Fachtagung „Ethik im Gesundheitswesen“ der MTG Malteser Trägergesellschaft gGmbH (MTG) in Bad Honnef trafen sich mehr als 160 Teilnehmer. Die Podiumsdiskussion zur Eröffnung der Tagung beschäftigte sich mit der Frage „Ethik – Luxus oder Notwendigkeit?“. Mit Bundestagspräsidentin a.D. Rita Süssmuth diskutierten Professor Dr. Giovanni Maio, Inhaber des Lehrstuhls für Bioethik an der Universität Freiburg, Dr. Rolf Schumacher, Leiter der Abteilung Politik des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken (ZDK) und Karl Ferdinand von Thurn und Taxis, Vorsitzender der MTG-Geschäftsführung.
Im Mittelpunkt der Diskussion stand dabei die Auswirkungen der demographischen Entwicklung und des medizinischen Fortschritts auf das Gesundheitswesen und welche Bedeutung ethischen Erwägungen dabei zukommt. „Wir müssen uns fragen: Wo wird Pflege gebraucht? Wie kommen wir weiter in der Intensivbetreuung der letzten beiden Lebensjahre der Menschen. Die Antwort kann nicht sein, dass wir die Vorgaben für die Sterbehilfe lockern und die medizinische Betreuung aussetzen. Im Vordergrund muss stehen, die Menschen bis zur letzten Lebensminute zu begleiten – und das menschen¬würdig!“, betonte Süssmuth die Bedeutung der Hospizarbeit und Palliativ¬medizin im ambulanten und stationären Bereich und stellt klar: „Es gibt keine prinzipielle Unver¬einbarkeit zwischen Ethik und Ökonomie, aber eine praktische. Im Moment ist die Technik auf dem Vormarsch und die Ethik tritt in den Hintergrund.“ Noch schärfer formulierte der Bioethiker Maio: „Ich bin besorgt darüber, wie die Medizin sich ent¬wickelt. Das Problem ist, dass die Medizin vergisst, woher sie kommt. Ursprünglich waren Krankenhäuser christlich geprägt. Jetzt werden sie zunehmend zu Reparaturfabriken. Die Abläufe sollen beschleunigt und rationalisiert werden – alles wie in einem technischen Betrieb. Der Mensch ist aber keine Maschine.“ Auch ZDK-Vertreter Dr. Rolf Schumacher verweist auf die christlichen Wurzeln in Medizin und Pflege: „Die katholische Kirche will den ethischen Diskurs öffentlich mitgestalten. Schließlich geht es hier um einen Kern des Christentums: Die Sorge um den kranken und sterbenden Menschen.“ Und Süssmuth appellierte eindringlich an alle Verantwortlichen im Gesundheitswesen: „Die Ethik ist unverzichtbar! Welchen Wert hat das Handeln am Menschen denn noch, wenn dahinter keine Ethik ist? Dies ist eine Herausforderung an alle Menschen und an alle Krankenhäuser – nicht nur an die konfessionellen Häuser. Wenn wir nicht selbst die Ethik in die Ökonomie tragen, dann bleibt der Gegensatz weiter bestehen.“
In kaum einem anderen Bereich gibt es so viele ethische Grenzsituationen zu bewältigen wie im Gesundheitswesen. Diese ethischen Herausforderungen gelten für alle gleichermaßen, ganz unabhängig ob es sich um konfessionelle, kommunale oder private Einrichtungen und Träger handelt. Als katholischer Träger sehen sich die Malteser verpflichtet, sich den ethischen Herausforderungen in ihren Einrichtungen zu stellen und nach geeigneten Lösungen zu suchen.
„Mit dieser Tagung möchten wir einen Anstoß dazu geben, die zentralen Fragestellungen rund um das Thema Ethik im Gesundheitswesen bei alle Beteiligten auf die Tagesordnung zu setzen. Denn die Gesellschaft darf sich nicht von dem medizinisch Machbaren, der demographischen Entwicklung und dem zunehmenden Kostendruck in eine rein pragmatisch ausgerichtete Medizin und Pflege treiben lassen. Jede Neuerung, wie jetzt ganz aktuell das Klonen von Affen, verstärkt die Notwendigkeit nach einem reflektierten und verantwortungsbewussten Handeln. Das gilt für die ‚großen’ Frage¬stellungen genauso wie für die vielen Einzelfälle im Klinikalltag“, erläutert von Thurn und Taxis das Anliegen der Malteser.
Dass es dabei nicht bei theoretischen Überlegungen und Diskussionen bleiben darf, zeigte das große Interesse an den Tagungs-Workshops zu Themen wie Klinische Ethikkomitees, ethische Fallbesprechungen, Patientenverfügungen, Ethikberatung in der Altenhilfe, Messbarkeit und Lehrbarkeit der Ethik. „In den vergangenen Jahren haben wir uns intensiv damit beschäftigt, aus unseren ethischen Leitideen konkrete Instrumente zu entwickeln, die alle Beteiligten dabei unterstützen, gut und richtig im Interesse des Patienten zu handeln“, so von Thurn und Taxis weiter.
Solche Instrumente tragen dazu bei, Ethik in Krankenhäusern und Altenhilfeeinrichtungen zu verankern und alltagstauglich zu machen. Eine anspruchsvolle Aufgabe wie auch der Präsident der Bundesärztekammer, Professor Dr. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, in seinem Grußwort zur Tagung ausführt: „Der ‚Ethik in der Organisation’ einen angemessenen Raum zu geben, ist daher eine Herausforderung für die behandelnden Ärzte, die pflegenden Teams, die gesamte Einrichtung und auch die Träger dieser Einrichtungen.“ Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen betonte in seinem Grußwort zur Tagung die Bedeutung der Ethik als Qualitätsfaktor für die medizinische und pflegerische Behandlung: „Hier gilt es, nicht auf zufällige Lösungen zu setzen, sondern die strukturellen Voraus¬setzungen in den Einrichtungen so zu gestalten, dass die beteiligten Fachleute das für die Patienten bestmögliche Vorgehen erarbeiten können. Erst das macht Qualität im Krankenhaus und der Altenhilfeeinrichtung aus.“
Im Download-Bereich unter www.malteser-traegergesellschaft.de stehten pdf-Versionen der Malteser Broschüren zur Verfügung zu den Themen:
Malteser Patientenverfügung
Klinische Ethikkomitees
Ethische Fallbesprechung
MTG-Jahresbericht Ethik 2006
Jahresprogramm 2008 - Fortbildungen angewandte Ethik und Seelsorge