fit und munter - „Die Kraft zum Menschsein stärken“ - Klinikseelsorge in der Oberlinklinik

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„Die Kraft zum Menschsein stärken“ - Klinikseelsorge in der Oberlinklinik

„Menschen, die eine Operation erleben, denken oft über ihr Leben neu nach. Und das ist der Bereich, in dem ich arbeite“, erzählt Pfarrer Matthias Amme. Seit 2003 ist er Klinikseelsorger in der Oberlinklinik Potsdam. Am Rande von Berlin gelegen, werden in der Orthopädischen Fachklinik im Jahr rund 4.800 Operationen durchgeführt. Aber auch ambulante Operationen finden statt und in der Tagesklinik werden Patienten ambulant behandelt, die zuhause wohnen.
„Für mich ist jede Begegnung mit Menschen ein Geschenk. Es ist sehr bewegend, wenn Menschen sich mir öffnen. Oft sind es Menschen, die noch nie mit der Kirche Berührung hatten, aber in einer persönlichen Ausnahmesituation Nähe suchen“ erzählt Matthias Amme. Rund 15 Stunden pro Woche verbringt der Pfarrer im Oberlinhaus im Gespräch mit Patienten und Angehörigen in der Oberlinklinik. „In der Oberlinklinik lebt Kirche auf eine eigene Weise. Das beginnt schon am Eingang mit dem geschnitzten „Boten“, einem Engel aus Eichenholz, aus gebrauchten Hölzern. Der Patient liest auf einem Schild: „Bitte berühren Sie!“ und kann so der Botschaft des Engels nachspüren. Nicht weit davon entfernt sitzt Schwester Birgit, die jüngste Diakonisse im Oberlinhaus an der Klinikauskunft.
Im Erdgeschoss gibt es einen Raum der Stille, einen kleinen Andachtsraum. „In diesem Rückzugsort sitzen Angehörige, die mit den Kranken allein sein wollen, stillende Mütter, betende und unruhige Menschen“ erzählt Amme. Andere schreiben in ein „offenes Buch“ ihre Sorgen oder leihen sich dort ein Buch über Themen wie Krankheit und Glaube. In dem Raum finden auch Andachten statt. Die Oberlinkirche neben der Klinik ist offen, Gottesdienste und Konzerte laden ein, die Seele atmen zu lassen.

Wie entsteht der Kontakt zum Klinikseelsorger?

Jeder Patient findet auf seinem Kopfkissen eine Postkarte mit der Rufnummer vom Pfarrer. Von den Stationsschwestern erfährt Matthias Amme die Geburtstage von Patienten und gratuliert. Zwei- bis dreimal in der Woche geht Pfarrer Matthias Amme einfach durch die Stationen. Er lässt sich sehen, schaut, ob jemand mit ihm sprechen möchte. „Es kommt bei uns nicht auf die Konfession an, danach fragen wir gar nicht. Meine Erfahrung ist aber, dass ich als Pfarrer einen Vertrauensvorschuß genieße“. Und er erzählt, dass Menschen sich oft mit Themen beschäftigen, die eigentlich spirituelle Themen sind und mit ihrer Sinnsuche zu tun haben. Manche Gespräche finden dann auch im Erdgeschoss - neben dem Raum der Stille - statt, wo es einen kleinen Raum für ungestörte Gespräche gibt.
„Seelsorge ist anders als ein Therapiegespräch. Ich höre zu, ohne eine Krankengeschichte zu kennen und ich frage nach, aber ohne zu bewerten“, erläutert Matthias Amme. „Ich bin wie ein Resonanzraum, auf den sich der Patient einstimmen kann. Und ich versuche ein Bild anzubieten, das die Situation des Kranken deuten könnte… was ist passiert, wie sehe ich mich jetzt? Und in diesem Bild gehe ich dann ein Stück mit, Schritt für Schritt, möglichst aufwärts - vielleicht aus einem dunklen Tal heraus - wie es der alte Psalm 23 sagt.“

„Die Probleme sind dann nicht weg, aber sie sind auszuhalten“ sagt der Seelsorger. Und manchmal schließt sich ein Ritual an – ein Gebet oder ein Segen. Amme hat vor seiner Tätigkeit als Klinikseelsorger eine pastoralpsychologische Ausbildung gemacht, ergänzt durch Fortbildungen, wie z.B. über sog. „bioenergetische“ Zusammenhänge, die mit der Atmung und der Bewegung arbeiten. „Es tut den Menschen gut, gespürt, gesehen und gehört zu werden, das mobilisiert. Das kennt jeder von uns“, erklärt Matthias Amme.

In der Oberlinklinik ist Matthias Amme als Seelsorger nicht alleine. Seit fünf Jahren bieten fünf Frauen ehrenamtlich einen wöchentlichen Besuchsdienst an. Birgit Morath, die als Musiktherapeutin auch in der Neuroorthopädie der Oberlinklinik arbeitet, geht Montagnachmittag auf die Station B. „Die Schwestern informieren mich über Patienten, die Redebedarf haben. Ich biete dann ein Gespräch an, welches in der Regel gerne angenommen wird. Oft erzählen die Patienten aus ihrem Leben, erinnern sich im Laufe des Gespräches an lustige oder traurige Begebenheiten. Lachen und Weinen können eine Reaktion sein. Diese Gespräche können dazu beitragen, dass der Patient sich in einer momentanen Situation der Hilflosigkeit verstanden und unterstützt fühlt. Manchmal gehen wir mit ihm ein Stück, lesen ihm etwas vor oder machen kleine Besorgungen. „Wir treffen uns regelmäßig zum Austausch untereinander, das ist wichtig“ erzählt Birgit Morath. Die engagierten Frauen werden zu Beginn dieser ehrenamtlichen Tätigkeit in einer Fortbildung vorbereitet und bilden sich im Team regelmäßig fort. „Die gemeinsame Supervision mit Pfarrer Amme ist für uns sehr wertvoll. Der Austausch untereinander motiviert und wir lernen dadurch laufend dazu. Wir suchen immer nach Menschen, die mitmachen wollen.“

Für Rückfragen: Andrea Weingart, Tel. 0177 / 59 63 859

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