fit und munter - Chronischer Botulismus und die Lebensmittelkette

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Chronischer Botulismus und die Lebensmittelkette

Nicht nur seit der Göttinger Erklärung der Agrar- und Veterinär-Akademie (AVA) im
münsterländischen Horstmar-Leer kommt mehr und mehr die Problematik der chronischen
Form einer Botulinumtoxikose verursacht von Clostridium botulinum ans Tageslicht. Tiere
erkranken, aber auch Tierbesitzer erkranken. Und man nimmt dies in der Politik und bei
den landwirtschaftlichen Verbänden nicht ernst. Prof. Dirk Dressler von der Medizinischen
Hochschule hat als erster die Übertragung vom Tier auf den Menschen beschrieben
(Zoonose) und auf der 9. Haupttagung der Agrar- und Veterinär- Akademie (AVA) in
Göttingen vorgestellt.
Chronischer Botulismus und die Lebensmittelkette
Nicht nur seit der Göttinger Erklärung der Agrar- und Veterinär-Akademie (AVA) im
münsterländischen Horstmar-Leer kommt mehr und mehr die Problematik der
chronischen Form einer Botulinumtoxikose verursacht von Clostridium botulinum ans
Tageslicht. Tiere erkranken, aber auch Tierbesitzer erkranken. Und man nimmt dies in der
Politik und bei den landwirtschaftlichen Verbänden nicht ernst. Prof. Dirk Dressler von der
Medizinischen Hochschule hat als erster die Übertragung vom Tier auf den Menschen
beschrieben (Zoonose) und auf der 9. Haupttagung der Agrar- und Veterinär- Akademie
(AVA) in Göttingen vorgestellt.
5% der deutschen Rinderbetriebe seien vom chronischen Botulismus betroffen und
würden ein Risiko für die Lebensmittelkette darstellen, so Prof. Dr. Helge Böhnel aus
Göttingen. Und das hohe Risiko des chronischen Botulismus beim Menschen bestätigt
auch Prof. Dressler (Hannover). Frau Prof. Monika Krüger sieht in der schleichenden
Erkrankung ein seuchenhaftes Geschehen, denn es erkranken in einem bestimmten
Zeitraum Tiere in einem Betrieb und die Erkrankung breitet sich im Betrieb weiter aus, was
das Landwirtschaftsministerium allerdings nicht so sieht. “Die Voraussetzung einer
Tierseuche nach dem Tierseuchengesetz würden nicht erfüllt“, so aus dem
Landwirtschaftsministerium. Infizierte Tiere können ganz normal geschlachtet werden und
so in die Nahrungsmittelkette gelangen, da die Krankheit bei geschlachteten Tieren
unauffällig bleibt, derweil bei der makroskopischen tierärztlichen Untersuchung (der so
genannten Fleischbeschau) diese sich von normalen Tieren nicht unterscheiden.
Der MDR hat sich in der Sendung Exakt (Sendung vom 20.4. 2011 und 27.4. 2011) mit
dem chronischen Botulismus auseinandergesetzt. Ein betroffener Landwirt berichtet von
der in seinem Milchviehbetrieb nachgewiesenen Faktorenerkrankung des chronischen
Botulismus. Er hat über 400 Tiere verloren. Auch die Landwirtsfamilie ist erkrankt. Hier der
Link zur Sendung: http://www.youtube.com/watch?
v=ev6hOeog5jU&feature=player_embedded
Das Bundeslandwirtschaftsministerium sieht bis heute keine Übertragbarkeit vom Tier auf
den Menschen (Zoonose). Weder der Umgang mit infizierten Tieren als auch der Verzehr
möglicherweise erkrankter Tiere sieht man als „gefährlich“ an. Die Untersuchungen vom
Neurologen Prof. Dressler scheinen hier nicht bekannt zu sein, bzw. werden ignoriert. Dr.
Gerd Müller, parlamentarischer Staatssekretär, sieht diesbezüglich keinen
Handlungsbedarf, wie auf eine schriftliche Anfrage Ende März 2011 des MdB und Tierarzt
Dr. Wilhelm Priesmeier, geantwortet wurde. Bedauerlicherweise stand Frau Ministerin Ilse
Aigner für ein Interview auch dem MDR (Sendung Exakt) nicht zur Verfügung. Und
Bauernverbände und Co schweigen. Die Agrar- und Veterinär- Akademie (AVA) hat den
Verbänden viele hinreichende Informationen zu der Faktorenerkrankung chronischer
Botulismus zukommen lassen, jedoch kaum eine Reaktion. Desinteresse?
Mittlerweile wird die EU-Kommission zur Thematik angesprochen. Wird man endlich in
Brüssel darauf reagieren?
Nach und nach werden mehr und mehr Fälle von chronischem Botulismus bekannt. In
Baden-Württemberg hat ein Landwirt über 120 Kühe verloren – hier erkrankten auch
Menschen. Aktuell in Rheinland-Pfalz, auch hier wurde Toxin nachgewiesen, sterben
Rinder auf einem Milchviehbetrieb. Und Landwirtin, Landwirt und Sohn zeigen typische
klinische Erscheinungen des humanen chronischen Botulismus, wie er von Prof. Dressler
beschrieben wurde. Das hinzugezogene Veterinärinstitut schob die Krankheitsfälle im
Milchviehbetrieb erst einmal auf die Unfähigkeit des Landwirtes, der „nicht in der Lage sei,
hoch leistende Kühe zu füttern“. In Schleswig-Holstein verlor ein Betrieb über 1000 Rinder
– auch hier erkrankten die Tierbetreuer. Und die Liste wird länger und länger. In den
meisten Fällen wurden von den Behörden „lediglich Fütterungsfehler diagnostiziert“.
Mittlerweile ist die Erkrankung auch bei einer Vielzahl von Hunden nachgewiesen worden
– ebenso bei Hundebesitzern solcher infizierter Tiere, wie eine Tierärztin aus Bayern
berichtet. Und beim Schwein gibt es auch erste Berichte.
Warum nun die Sporen von Clostridien botulinum so massiv in den letzten Jahren
zunehmen, bedarf der unbedingten Aufklärung. Die Vermutung wird nicht nur von
Mikrobiologen geäußert, dass durch den Eintrag von Substraten in die Fermenter wie z.B.
Risikomaterialien (Schlachthofabfälle, Speisereste und Hühnerkot) in mesophile
Biogasanlagen die massive Verbreitung von Sporen gefördert werden könnte.
Bemühungen, gemeinsam mit dem Fachverband Biogas hier Untersuchungen zu
Botulinumsporen durchzuführen, bzw. die Problematik überhaupt erst einmal gemeinsam
zu diskutieren, scheiterten leider bisher.
Was muss noch alles passieren, damit man diese neue Faktorenerkrankung des
chronischen Botulismus von Mensch und Tier ernst nimmt? Die Göttinger Erklärung der
Agrar- und Veterinär- Akademie (AVA) stellt den großen Forschungsbedarf deutlich
heraus und fordert umgehend Forschungen ein.
Im AVA-Tagungsband der 2-tägigen Botulinumtagung sind alle Beiträge und auch
Synthesen der Veranstaltung aufgeführt. Das rund 150 Seiten starke Heft kann in der
Geschäftsstelle der Agrar- und Veterinär- Akademie (AVA) unter info@ava1.de (oder
02551-7878) zum Preis von 15.00 Euro (+Porto/Verpackung) bestellt werden.


Ernst-Günther Hellwig, Agrar- und Veterinär- Akademie (AVA)
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