Jeder kennt das Gefühl, nicht zu genügen. Gedanken wie: "Wenn ich doch nur etwas größer wäre." Dahinter steht das Gefühl, dass man als Mann oder Frau eigentlich anders zu sein hätte. Thomas Hübl ist überzeugt, dass viele Menschen wegen derartiger Stereotype Energien ihres Wesenskerns zurückhalten. Und er kennt ein Rezept gegen derlei Spannungen: Präsente Wahrnehmung und bedingungslose Ehrlichkeit. Der Film "Die Kraft der Männer und die Liebe der Frauen" erhellt die Lebendigkeit der beiden Pole und zeigt auf, wie transparente Kommunikation Beziehungen erfüllt.
BIELEFELD. Mehr als 1000 Menschen haben sich beim Thementag "Männlich - Weiblich" des Celebrate-Life-Festivals 2009 versammelt, um die Dynamiken des Eros zu erforschen - begleitet von einem Filmteam. "Unsere Sexualität entstammt der Art und Weise, wie die Welt auf Impulse reagiert hat, die wir als Kind in die Welt gesandt haben", erklärt Thomas Hübl. Wer als Kind sieht, dass seine Impulse mit Wohlwollen beantwortet werden, ist als Erwachsener geerdet und einverstanden mit dem Leben, strahlt seine Entwicklung permanent in den Raum.
Wer aber lernt, dass seine Impulse mit Ablehnung beantwortet werden, der bildet ein Universum heraus, das davon überzeugt ist: Alles im Leben ist schmerzhaft. Der glaubt, Energien seines Wesenskerns zurückhalten zu müssen, maskiert seine Gefühle - und ist dann erstaunt, warum das Leben so anstrengend ist und er übersehen wird.
Immer wieder unterbricht Hübl seinen Vortrag mit Übungen der transparenten Kommunikation. Um Beziehungen zu transzendieren und wacher zu werden, sei es notwendig, die eigene Wahrnehmung zu schärfen. Keine eigenen Vorstellungen auf den anderen zu projizieren, sondern ein energetisches Radargerät zu kultivieren, das das Gegenüber wertungsfrei in seiner Ganzheit sieht, Mechanismen offenlegt - schattige Bereiche, die noch nicht mit Bewusstsein durchdrungen sind. "Wir müssen nur die Verantwortung für das, was uns ausmacht, annehmen - auf allen Ebenen", fordert Hübl die Teilnehmer des Workshops auf. Auch Schüchternheit könne ein Potenzial sein - sofern es wertgeschätzt und konfrontiert würde. Andernfalls bestimme es das eigene Verhalten aus dem Hinterhalt.
Auf der einen Seite das männliche Prinzip: die Präsenz, die alle Wellen des Ozeans durchdringt, auf der anderen Seite das lebenschenkende weibliche Prinzip, die Praxis der Nächstenliebe. Thomas Hübl ist überzeugt, dass beide Pole in Beziehungen notwendig sind, um sich authentisch begegnen zu können. "Wenn Leute sich nicht mehr wirklich sehen, weil sie einander zu Gewohnheiten werden, dann ist das das Valium jeder Sexualität, jedes Erwachens", sagt er. Genauso verheerend sei Unehrlichkeit: "Wenn ich immer etwas Müll in einem Tempel zurücklasse, wird er mit der Zeit immer weniger anziehend."
Dann wird getanzt. Immer geballter wird die Dynamik der Männer, die sich im Pulk zusammenrotten. "Mir hat es Angst gemacht", gesteht wenig später eine Frau. "Aus Dir sprechen Jahrtausende der Evolution und die Erfahrung eines Weltkrieges, bei der eine männliche Dynamik nicht mehr im Kontakt mit den Wurzeln war und sich verselbständigt hat", kommentiert Hübl. Eindrucksvoll zeigt der Film "Die Kraft der Männer und die Liebe der Frauen", wie sich diese Männlichkeit in eine Führungsqualität wandeln kann, die nicht manipuliert, sondern permanent mit dem System des Gegenübers verbunden bleibt - und dadurch zur nötigen Kraft gelangt, auch mit den durch die Emanzipation erstarkten Frauen in einen authentischen Kontakt zu treten.