Jürgens: "Landwirtschafts-Charta dient der Ruhigstellung der Bürger!"
Die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) kritisiert die vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) ausgerufene Diskussion um "die Zukunft einer verbraucherorientierten Landwirtschaft", in deren Rahmen seit März interessierte Bürger Ministerin Aigner über die Internetseite des Ministeriums ihre Meinung kundtun können. Außerdem gibt es vier Workshops zu den Themen Umwelt, Tierhaltung, Ernährungssicherheit und Welthandel, sowie Lebensmittel, in denen ausgewählte Teilnehmer über die jeweiligen Themenfelder beraten. Aus den hier gewonnenen Ergebnissen will Frau Aigner im Herbst eine "Charta für Landwirtschaft und Verbraucher" mit Leitlinien zu den "Handlungsfeldern und Lösungswegen für eine zukunftsorientierte Politik" erstellen. Jüngst zog die Ministerin eine positive Zwischenbilanz des Vorhabens und kündigte an, sich "intensiv mit allen Positionen auseinandersetzen" zu wollen.
Uta Maria Jürgens, Vorsitzende des Arbeitskreises Landwirtschaft, Tierschutz Gentechnik in der ÖDP kritisiert die Initiative des Ministeriums hingegen als Augenwischerei: "Aufgeschreckt durch die Lebensmittelskandale und ein erstarkendes Bewusstsein für ethisch vertretbare Nahrung, läuft Ilse Aigner den Entwicklungen nun hinterher. Mit dem Vorstoß zur "Charta für Landwirtschaft und Verbraucher" versucht sie nun, die Handlungsinitiative wieder an sich zu reißen und die Dynamik der gesellschaftlichen Entwicklung umzulenken. Es geht dabei gar nicht um eine Neugestaltung der Landwirtschaftspolitik im Sinne der Bürger, sondern nur darum, politische Pfründe zu retten." Dies werde alleine anhand der Teilnehmerlisten für die vier Workshops deutlich, in denen die Vertreter der Agrarindustrie klar dominierten, während die Befürworter alternativer agrarpolitischer Konzepte, z.B. der Bio-Landwirtschaft oder der Naturschutzverbände, unterrepräsentiert seien. Gruppen, die das bestehende System und seine Methoden an sich infrage stellen, wie beispielsweise der Vegetarierbund, fehlten ganz.
"Diejenigen Bürger, die auf der Internetseite des BMELV in ihren Kommentaren zum Teil sehr deutlich mit den bisherigen agrarindustriellen Praktiken abrechnen, werden mit der nichtssagenden Floskel einer "offenen Debatte", in der man ?alle Positionen ernstnehme? abgespeist", so ÖDP-Politikerin Jürgens. "In Wahrheit wird die Charta eine Ansammlung unverbindlicher Empfehlungen werden, die insbesondere die Lobbyinteressen der großen Agrarkonzerne nicht verletzt und diese schon gar nicht unter Handlungsdruck setzt. Frau Aigners Versprechen an den Bürger: ? Ihre Meinung ist mir wichtig!? ist eine Lüge ? hätte Frau Aigner ein offenes Ohr für die Sorgen und Wünsche der Bürger statt nur für die der Agrarlobbyisten, wüsste sie längst was zu tun ist."
Letztendlich, sagt Jürgens, sei der verantwortungsbewusste Bürger wieder auf das einzige wirkliche Druckmittel zurückgeworfen, was ihm bleibt: die Wahl an der Ladentheke.
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