„Medizinische Dokumentationsassistenten, Medizinische Dokumentare und Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste sind sozusagen das Schweizer Messer unter den Gesundheitsfachberufen“, freut sich Sabine Kapsammer, die Geschäftsführerin des Deutschen Verbands Medizinischer Dokumentare (DVMD) e. V. Was sie damit meint, wird schnell klar: Eine Ausbildung im Medizinischen Informationsmanagement ist ein Multifunktionstool, denn sie eröffnet vielfältige und ganz unterschiedliche Möglichkeiten für eine spannende und abwechslungsreiche Tätigkeit im Gesundheitswesen. In den Kliniken arbeiten Medizinische Dokumentationsassistenten zum Beispiel im Medizinischen Controlling und kümmern sich dort um die Abrechnung ambulanter und stationärer Fälle mittels Fallpauschalen. Ihr Arbeitsvertrag weist sie als Kodierfachkraft oder Medizincontroller aus. Zwei Zimmer weiter unterstützen Kolleginnen mit exakt der gleichen Ausbildung die Prüfärzte bei der Durchführung klinischer Studien im Rahmen von Zulassungsverfahren für Arzneimittel und Medizinprodukten. Diese Kolleginnen arbeiten als Studienassistentin oder Study Nurse. Medizinische Dokumentationsassistenten und Dokumentare sind aber auch in der pharmazeutischen Industrie anzutreffen, etwa als Clinical Research Associate, dann überwachen sie Klinische Prüfungen, oder als Pharmacovigilance Officer, dann kümmern sie sich um die Arzneimittelsicherheit. Andere wiederum arbeiten als Krankenhausfallmanager für eine Krankenversicherung, programmieren Datenbanken oder widmen sich epidemiologischen, biometrischen oder statistischen Auswertungen.
„Ich zum Beispiel“, sagt Andrea Großer. Die frischgebackene Vorsitzende des DVMD arbeitet hauptberuflich im Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, einer Lehr- und Forschungseinrichtung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf. „Mein Arbeitstag besteht aus der Betreuung von Doktoranden und Wissenschaftlern, dem Datenmanagement, Beratungen und Anwenderschulungen und der Mitarbeit bei den statistischen Auswertungen von Klinischen und Epidemiologischen Studien.“ Gelernt hat sie – was wohl? „Genau, Medizinische Dokumentationsassistentin“, lacht Andrea Großer.
Mehrere Studien des DVMD belegen, dass Arbeitgeber die Ausbildung zum Medizinischen Dokumentationsassistenten in erster Linie als Qualifikation für ganz unterschiedliche Berufe im Medizinischen Informationsmanagement betrachten, gar nicht mal so sehr als Berufsbezeichnung. „Im Medizinischen Informationsmanagement hat sich wie in sonst kaum einer Branche die Outcome-Orientierung durchgesetzt“, bestätigt Steffen Glaser, dessen Recruiting-Agentur auf die Direktvermittlung von Fach- und Führungskräften in der klinischen Forschung spezialisiert ist: „Ob ein Bewerber eine zwei- oder dreijährige Ausbildung oder einen Bachelor-Abschluss hat, wird zunehmend nebensächlicher. Grundbedingung ist, dass ein einschlägiger berufsqualifizierender Abschluss vorliegt.“ Aus vielen Gesprächen mit Personalverantwortlichen weiß der Personalberater ganz genau, worauf die Entscheider wirklich Wert legen: „Es kommt auf die zur Stelle passenden Fachkenntnisse und soft skills an. Die besten Chancen hat, wer diese Anforderungen voll erfüllt. Der Abschluss selbst ist dann erst einmal zweitrangig.“
Dass die Berufsbezeichnungen so vielfältig sind, birgt aber auch einen entscheidenden Nachteil, berichtet Ulrich Wirth aus seiner Tätigkeit als Leiter der Euro-Schulen Trier, Höhere Berufsfachschule für Medizinische Dokumentationsassistenten: „Viele unserer Bewerber googeln im Vorfeld nach freien Stellen und zeigen sich im Vorstellungsgespräch dann ganz enttäuscht, weil sie kaum Stellen gefunden haben, in denen explizit ein MDA gesucht wurde.“ Das ließe sich im Beratungsgespräch jedoch schnell auflösen, wenn man den Bewerbern zeige, wo sie suchen müssen: „Offene Stellen finden oftmals erst gar nicht den Weg in die Datenbank der Agentur für Arbeit oder in den Stellenmarkt der Tageszeitungen, sondern sie werden uns Ausbildungsstätten gemeldet, in Fachforen wie der MEDDOK-Liste oder den einschlägigen Stellenbörsen wie zum Beispiel der www.md-stellenboerse.de veröffentlicht – dort nämlich, wo sich die Community aufhält“, so Ulrich Wirth. „Hinzu kommt, dass viele Auszubildende aus dem Praktikum heraus ihre Stelle bekommen“, ergänzt Andrea Großer, „das sind Arbeitsplätze, die in der Regel nirgendwo gemeldet sind.“
Leider sind es jedoch nicht nur Bewerber, die keine Stellen finden. „Leiter von Ausbildungsstätten schlagen die Hände über dem Kopf zusammen, wenn sie mir berichten, dass manche Arbeitsberater der Agentur für Arbeit ihren Klienten von einer Umschulung zum MDA abraten mit dem Hinweis, es wären doch keine Stellen zu finden“, sagt Sabine Kapsammer. Das sei falsch und insofern doppelt tragisch, da das Berufsfeld Medizinische Dokumentation prosperiere wie kaum ein anderes in Deutschland. Die durchschnittliche Vermittlungsquote liegt bei 88% in den alten Bundesländern, bei 64 % in den neuen Bundesländern, wie der DVMD unlängst erhoben hat.
Damit die Auszubildenden wissen, wonach sie in den einschlägigen Internetjobbörsen suchen müssen, hat der DVMD jetzt eine Liste mit Berufs- und Positionsbezeichnungen für alle Berufsbilder in Dokumentation und Informationsmanagement in der Medizin erstellt. Ob Clinical Data Manager oder Kodierassistent, Monitor oder Clinical Trial Manager, Data-Coordinator oder Mitarbeiter für wissenschaftliche Datenerfassung – hinter diesen und zahlreichen anderen Berufsbezeichnungen verstecken sich Medizinische Informationsmanager.
Wer sich für eine Ausbildung innerhalb der Medizinischen Dokumentation interessiert, kann sich auf der Internetseite des DVMD e.V. (www.dvmd.de) informieren oder direkt mit der DVMD e.V. Geschäftsstelle in Kontakt treten.