fit und munter - Die"Bockshaut"glänzt mit neuer Fassade im Hessen-Look

fit und munter

Die"Bockshaut"glänzt mit neuer Fassade im Hessen-Look

Darmstadtsältestes Gasthaus feiert das frische Outfit mit einem fröhlichen Fassadenfest - Der Tradition verpflichtet, die Zukunft im Blick - Beliebt bei Gästen aus aller Welt
Cremiges Gelb, kombiniert mit den Hessenfarben Weiß und Rot bestimmt die neue Fassade des ältesten Gasthauses in Darmstadt, der "Bockshaut" direkt an der Stadtkirche. Bei einem fröhlichen Fassadenfest am Freitag, 3. Juni, stellte Inhaber Reiner Heiß geladenen Gästen und Passanten zu nächtlicher Stunde die neue "Bockshaut" vor und rückte sie mit der ebenfalls neuen Außenbeleuchtung auch gleich ins rechte Licht.

Rechtzeitig zum Fassadenfest war die Urkunde des Bundes Heimat und Umwelt BHU eingetroffen, die der "Bockshaut" als einzigem Restaurant in Hessen die Auszeichnung "Historisches Wirtshaus in Deutschland" bescheinigt und damit besonders "Tradition, Atmosphäre und gute Küche" würdigt. Freuen konnte sich auch die kleine Merle (9), denn sie zählt zu den zehn Gewinnern eines Großherzoglichen Menüs mit sechs Gängen für zwei Personen, das neben weiteren Verzehrpreisen bei einer Tombola verlost wurde.

In seiner Begrüßung betonte Reiner Heiß, die "Bockshaut" fühle sich der Tradition verpflichtet, habe aber auch die Zukunft im Blick. Bereits seit 1795 werden in dem Anwesen, das als Pfarrhaus erbaut wurde und zwischenzeitlich auch eine Gerberei beherbergte, Gäste bewirtet.

Die "Bockshaut" erfreut sich nicht nur in Darmstadt und Umgebung großer Beliebtheit. Gäste aus aller Welt schätzen das historische Ambiente und die vorzügliche Küche, die vorzugsweise hessische Spezialitäten auftischt.

Zur Geschichte der "Bockshaut"
Was das Hofbräuhaus für München, ist für Darmstadt die "Bockshaut". Das ganze Haus ist ein wahres Kleinod, eine Reminiszenz an Darmstadt, ein lebendiges Geschichtsbuch und die Wiege gleich mehrerer berühmter Persönlichkeiten.
Als das mächtige Gebäude im Jahr 1580 als Pfarrhaus erbaut wurde, stand es gleich an der Stadtkirche und am Rande der Stadtmauer. Wer eintauchen möchte in die Zeit des Landgrafen Georg, sollte das original erhaltene Kellergewölbe der "Bockshaut" besuchen und im Wortsinn Historie schnuppern. Das kann man in jedem Winkel des Anwesens. Mal ist es ein bauliches Detail, das den Betrachter in den Bann zieht, mal ein Foto, mal ein ausgestelltes Dokument wie die Gründungstafel eines mehr als 200 Jahre alten Vereines. All dies sind Zeugnisse einer bewegenden Geschichte einer Stadt und ihrer Bewohner.

Johann Georg Gervinus kaufte das Haus im Jahr 1760 und wandelte es in eine Gerberei um. Aus dieser Zeit stammt der Name "Bockshaut" - das Zunftzeichen der Gerber. 1795 eröffnete die geschäftstüchtige Familie zusätzlich eine Weinwirtschaft mit Weinhandel und begründete damit die lange Tradition des Hauses als Gaststätte. 1805 kam in dem schon "Bockshaut" genannten Gebäude ein berühmter Sohn zur Welt: Georg Gottfried Gervinus. Der Historiker und nationalliberale Politiker war einer der "Sieben Göttinger Professoren" und gilt als großer Redner bei der Frankfurter Nationalversammlung 1848/49 in der Paulskirche und als Mitbegründer der Demokratie. Der Gastronomie war er jedoch weniger verbunden.

So stand 1843 ein Besitzerwechsel an: Der Weinhändler Georg Habich kaufte das längst als Gasthaus etablierte Gebäude und machte es zu einem Treffpunkt für die ganze Stadt. Und wieder wurde unter dem Dach des Hauses ein berühmter Nachfahre geboren: Der Jugendstilkünstler Ludwig Habich kam hier 1872 zur Welt. Er schuf unter anderem die Kolossalfiguren "Mann und Frau" am Eingang des Ernst-Ludwig-Hauses auf der Mathildenhöhe. Wie Gervinus war auch Habich gastronomisch weniger interessiert, und so fiel er als Erbe der "Bockshaut" ebenfalls aus.

Das Schicksal der harten Kriegsjahre 1914 bis 1918 wollte es, dass ausgerechnet ein aus Augsburg stammendes Ehepaar in den Besitz des renommierten Darmstädter Restaurants gelangte: Friedrich Heiß stammte aus einer alteingesessenen Familie mit 200-jähriger Gastronomieerfahrung. Das "Hotel 3 Kronen" gehörte zum Familienbesitz. Gemeinsam mit seiner Frau Sofie zog Friedrich Heiß im November 1918 in die Jugendstilstadt um. Kurz nach ihrer Ankunft hatten sie doppelten Grund zum Feiern: Die Eröffnung des Hauses fiel mit dem Ende des Ersten Weltkrieges zusammen. Ein "Mitbringsel" aus dem bajuwarischen Süden war übrigens das Weißbier, das von Familie Heiß erstmals in Darmstadt ausgeschenkt wurde, neben Apfelwein, versteht sich!

Nach dem Tod von Friedrich Heiß 1936 im Alter von nur 48 Jahren setzte Mutter Sofie beider Lebenstraum mit ihren vier Kindern um. Keine leichte Aufgabe. In den Kriegs- und Nachkriegsjahren 1944 bis 1948 führte sie den Betrieb im Keller fort. In der Brandnacht in Mitleidenschaft gezogen, galt es nun, das Gebäude wiederaufzubauen. Dies verband Sofie Heiß weitsichtig mit der Integration des benachbarten Polizeireviers und Teilen des Pfandleihhauses. Im ehemaligen Tresorraum der Pfandleihe entstand die Apfelweinstube. So kam es, dass die "Bockshaut" das einzige Lokal ist, in dem der Schoppen noch heute hinter Stahlwänden genossen werden darf! 1968 kam als letzter Bauabschnitt das heutige Hotel in Richtung Stadtkirchenplatz dazu.

Sofies Enkel Reiner Heiß übernahm 1989 die Geschicke des Hauses, seit 1994 ist er alleiniger Inhaber der "Bockshaut" und setzt die Philosophie seiner Großmutter fort: gute, regionale Speisen in traditionsreicher Atmosphäre zu servieren. Speisesaal, Apfelweinschänke und Banketträume schmücken Fotos, Zeichnungen, Gemälde, Dokumente, Erinnerungsstücke sowie Buffetschränke aus allen Epochen und verwandeln das älteste Hotel-Restaurant Darmstadts in ein lebendiges Museum.

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