Ratingen im August 2011. Für Kinder bedeutet der Schulanfang nicht nur einen neuen Lebensabschnitt. Diese Phase stellt gleichzeitig den Zeitraum dar, an dem das Milchgebiss nachfolgenden, bleibenden Zähnen weicht. Liegen offensichtliche Zahn- oder Kieferfehlstellungen vor, raten Experten Eltern dazu, ihre Kinder bereits im Einschulalter in kieferorthopädische Behandlung zu geben. Auch zunächst harmlos erscheinende Situationen, wie etwa ein vorzeitiger Milchzahnverlust durch Kariesbefall oder Parodontitis, können bei mangelnder ärztlicher Untersuchung Risiken für das heranwachsende Gebiss bedeuten. Hartnäckige Vorurteile, dass Milchzähne keine kieferorthopädische Kontrolle und gegebenenfalls Korrektur benötigen, da sie nur vorübergehend im Mundraum weilen, bestehen häufiger. Diesen entgegnet Dr. Achim Nesselrath, Kieferorthopäde aus Ratingen und Bundesvorstand des Berufsverbandes der Deutschen Kieferorthopäden (BDK): „Bereits Fehlstellungen der ersten Zähne können Schäden im bleibenden Gebiss verursachen. Um diesen vorzubeugen, gilt es, Kinder frühzeitig zur Kontrolle in fachärztliche Behandlung zu geben.“
Anzeichen für eine notwendige kieferorthopädische Behandlung
Fallen Milchzähne vorzeitig aus, bilden sich Freiräume, in denen erst zu einem späteren Zeitpunkt nachfolgende Zähne wachsen. Schieben sich vorher jedoch umliegende Milchzähne in den entstandenen Freiraum, wächst das zweite Gebiss an dieser Stelle nicht gerade. „In diesem Fall bedarf es eines minimalen kieferorthopädischen Eingriffs in Form von losen Spangen, welche bestehende Lücken offen halten, um langfristige Schäden zu vermeiden“, erklärt Dr. Nesselrath. Kreuzbisse stellen ebenfalls eine Kieferfehlhaltung dar, bei der Fachärzte zwischen vorderem und hinterem Kreuzbiss unterscheiden. Dabei stimmen Ober- und Unterkiefer bezüglich der Größenrelation nicht überein, was später zu Schmerzen infolge einer Wachstumshemmung führen kann. Liegt diese Kieferfehlstellung vor, führen lose eingesetzte Dehnplatten im Milchgebiss bereits nach ein bis zwei Jahren zu einer gewünschten Normalstellung. Bei einem genetisch angeborenen oder durch Daumenlutschen sowie zu langes Nuckeln verursachten Distalbiss hingegen liegt der Oberkiefer weit vor dem Unterkiefer und steht zusammen mit den Zähnen nach vorne ab. Diese Haltung kann Sprach- oder Nahrungsaufnahmestörungen sowie Atemprobleme auslösen und erfordert eine frühzeitige Behandlung in Form eines sogenannten Headgears. Dabei handelt es sich um ein Gerät mit einem Innen- und Außenarm. Ersteren befestigen Ärzte an den vorderen oberen Stockzähnen, Letzterer erzeugt mittels Gummiband über den Nacken eine Zugkraft von etwa 600 Gramm. Beachten Eltern die vorgestellten Warnsignale und Anzeichen und geben betroffene Kinder schnellstmöglich in kieferorthopädische Obhut, steigen die Chancen eines gesunden, normal gerichteten Folgegebisses.