Kuren und Präventionsleistungen im Ausland sind mittlerweile ein Standardangebot der deutschen Krankenkassen. Dies ist im Rahmen eines gemeinsamen europäischen Wettbewerbes nach Meinung des Bayerischen Heilbäder-Verbandes (BHV) nicht nur legitim, sondern kann für den Markt auch belebend und anregend wirken und vor allem auch im Kurwesen Antreiber für Innovation und Investition und damit für ein stetig verbessertes Angebot an die Kurgäste sein. Doch ein freies europäisches Wettbewerbsmodell stößt an seine nationalstaatlichen Grenzen, wenn es zu unbewussten und bewussten Wettbewerbsverzerrungen führt – zu Lasten der deutschen Kurorte und ihrer Patienten.
Die Krankenkassen spielen hier eine bedeutende Rolle. Zum einen bezuschussen sie insgesamt immer weniger ambulante Kuren in Deutschland – waren es im Jahr 1996 noch 880.000, sind es im Jahr 2010 nach Angaben der Kurärztlichen Verwaltungsstelle nur mehr alarmierende 80.000. Zum anderen fördern sie bewusst Kuren im Ausland u.a. durch entsprechende Bewerbung.
Das ist insofern problematisch, als in Deutschland und ganz besonders auch in Bayern, viel Geld in die Modernisierung und die infrastrukturelle Entwicklung der Heilbäder und Kurorte gesteckt wird – Geld, das auch von den deutschen Steuerzahlern kommt. Paradoxerweise erleiden die deutschen Kurorte und Heilbäder aufgrund der Kosten durch die hohen Qualitätsstandards Wettbewerbsnachteile im Vergleich zu anderen Ländern vor allem in Osteuropa. Dabei sollten sie gerade von den Krankenkassen als medizinische Kompetenzzentren, die den Patienten effektive Präventions- und Rehabilitationsleistungen auf höchstem Niveau bieten, unterstützt werden.
Denn nicht in jedem Land wird der Qualität und Ganzheitlichkeit der Behandlung in demselben Maße wie in Deutschland Rechnung getragen. Zum Teil sind die Indikationen beschränkt, so dass es praktisch keine kurbegleitenden Maßnahmen gibt, zum Teil stellen Sprachprobleme oft eine Barriere dar, über die sich wichtige präventive Maßnahmen wie eine gesunde Lebensweise nicht oder nur schwer vermitteln lassen. Auch ist nicht davon auszugehen, dass der Ausbildungsstandard des Personals in jedem Fall mit dem deutschen gleichzusetzen ist. Allen voran ist die Infrastruktur der deutschen und insbesondere der bayerischen Kurorte und Heilbäder überdurchschnittlich gut ausgebaut – sowohl was die Verkehrsanbindung, die Flächenerschließung als auch private und öffentliche Investitionen anbelangt.
Den Krankenkassen ist es offensichtlich egal, dass hier ohne Not Kassenbeiträge von deutschen Versicherten ins Ausland transferiert werden, gleichzeitig aber das Bestehen der deutschen Kurorte und Heilbäder – die alleine in Bayern 100.000 Arbeitsplätze sichern – gefährdet ist. Klaus Holetschek, der 1. Vorsitzende des BHV erwartet, „dass die Politik hier gezielt und nachdrücklich auf die Krankenkassen einwirkt, um dieser paradoxen Situation gegenzusteuern“.
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