fit und munter - Trendanalyse zur Brustkrebssterblichkeit / Stellungnahme der Sachverständigen de

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Trendanalyse zur Brustkrebssterblichkeit / Stellungnahme der Sachverständigen de


zu: "Breast cancer mortality in neighbouring
European countries with different levels of screening but similar
access to treatment: trend analysis of WHO mortality database"
Philippe Autier et al., in: British Medical Journal 2011; 343:d4411

Die Autoren dieser Trendanalyse von Mortalitätsdaten haben auf
WHO-Datenbasis die Entwicklung der Brustkrebssterblichkeit in drei
Länderpaaren (Länderpaare Nord-Irland / Republik Irland; Niederlande/
Belgien und Flandern; Schweden / Norwegen; ein Land eines jeden
Paares mit, das andere ohne Mammographie-Screening-Programm) seit dem
Jahr 1989 untersucht und diese in Beziehung zum Zeitpunkt der
Einführung des Mammographie-Screenings gesetzt. Die vergleichende
Studie bezieht sich auf einen Beobachtungszeitraum von 1989 bis 2006.
Dabei wird ein Mammographie-Screening-Programm definiert als
populationsbezogenes Programm mit Einladungssystem für Frauen in
einer definierten Altersgruppe.

In der Analyse wurden Trends der Sterblichkeit von 1989 bis 2006
(als prozentuale Abnahmen) verglichen und es wurde geschaut, ob sich
in dem untersuchten Zeitraum statistisch signifikant ein
Inflektionspunkt ("Knick") identifizieren ließ, von dem an die
Sterblichkeitstrends in den Ländern deutlicher ausgeprägt waren. Es
fand sich, dass die abnehmenden Trends bei der altersstandardisierten
Brustkrebssterblichkeit wie auch die Inflektionspunkte innerhalb der
drei Länderpaare ähnlich hoch war, obwohl in jeweils einem der beiden
Länder ein Mammographie-Screening eingeführt worden war. Nach Ansicht
der Autoren deutet dies darauf hin, dass das Screening keinen
direkten Anteil an der Reduktion der Brustkrebssterblichkeit habe.

Die Studie von Autier et al. weist verschiedene Schwachpunkte auf,
welche eine Interpretation der Resultate im Hinblick auf die
Wirksamkeit des Mammographie-Screening-Programms erschweren.

Zum einen beruht die Analyse auf der Auswertung eines sehr langen
Zeitraums von 17 Jahren, während dessen in jeweils einem Land aus den
drei dargestellten Paaren ein Mammographie-Screening eingeführt
wurde. Diese Screening-Programme wurden stufenweise über mehrere
Jahre eingeführt und hatten dabei unterschiedlich hohe
Beteiligungsraten. Über das Einsetzen einer Auswirkung auf die
brustkrebsbedingte Sterblichkeit sind nach übereinstimmender Meinung
aber erst nach ca. 10 Jahren erste Aussagen möglich. Der hier
gewählte Zeitraum war also vermutlich (zu) kurz.

Das Screening wird nur in einem engen Altersbereich angeboten
(meist von 50 bis 69 oder 74 Jahren). Eine Betrachtung der
Brustkrebsmortalität über alle Altersklassen ist unangemessen, weil
sich hier Effekte bei Altersgruppen mit und ohne Screening
vermischen; Resultate sind dann nicht mehr interpretierbar. Zwar
berichten Autier et al. in Tabelle 2 über die relevante Altersgruppe
der 50 bis 69-Jährigen, aber diese erfolgt nur über die gesamte
Periode (dazu siehe oben). Auch die Analyse von "Knicks" in den
Trends erfolgte nur über alle Altersgruppen gemeinsam, so dass, neben
der unzureichenden Berücksichtigung des verzögerten Einsetzens der
Screeningeffekte, auch hier eine Vermischung mit Trends in anderen
Altersgruppen erfolgte. Die Interpretation der Befunde ist deshalb im
Hinblick auf eine Auswirkung des Mammographie-Screenings auf die
Sterblichkeit an Brustkrebs nur sehr eingeschränkt - wenn überhaupt -
möglich.

Das Ergebnis von Autier et al. steht im Gegensatz zu den jüngsten
Ergebnissen des 29-Jahre-Langzeit-Follow-Up einer randomisierten
Studie in Schweden (Tabar et al., Radiology, May 2011). Diese Studie
ergab, dass sich die Brustkrebssterberate durch das
Mammographie-Screening langfristig um etwa 30 Prozent senken ließ.
Dort zeigte sich auch, dass die Reduktion der Sterblichkeit erst 10
Jahre nach Start des Programms einsetzte und dann im Verlauf der Zeit
zunahm. Dieser wichtige Aspekt wird in der Trendanalyse von Autier et
al. weitgehend vernachlässigt.

Abschließend sollte man festhalten, dass so genannte
epidemiologische Beobachtungsstudien, und darum handelt es sich bei
der Studie von Autier et al., von ihrer Anlage her für vielfältige
Formen von Verzerrungen anfällig sind. Ihre Interpretation sollte
deshalb stets mit einer angemessenen Zurückhaltung erfolgen -
insbesondere wenn randomisierte, kontrollierte Studien eine
Wirksamkeit des Mammographie-Screenings belegen.

Sachverständige
des Wissenschaftlichen Gremiums:

Prof. Dr. med. Hans-Werner Hense (Vorsitz)
Prof. Dr. med. Alexander Katalinic
PD Dr. med. Annette Lebeau
Prof. Dr. med. Markus Müller-Schimpfle
Prof. Dr. med. Per Skaane
Prof. Dr. med. Diethelm Wallwiener

Kontakt:

Prof. Dr. med. Hans-Werner Hense
Universitätsklinikum Münster
Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin
Domagkstraße 3
48149 Münster
Telefon: +49 (0251) - 8355399
E-Mail: hense@uni-muenster.de



Pressekontakt:
Corinna Heinrich

Leiterin Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Kooperationsgemeinschaft Mammographie
Goethestraße 85
10623 Berlin
Tel. 030/3199 851 30
Fax 030/3199 851 88
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