Förderpreis für Forschungen zur Schmerztherapie
„Qualitätssicherungs-Vereinbarung Schmerztherapie (nach § 135 Abs. 2 SGB V): So profitieren chronisch schmerzkranke mehrfachbehinderte Kinder!“ lautet die Arbeit des multidisziplinären Teams um PD Dr. med. Boris Zernikow der Kinderschmerzambulanz Datteln. Alle zwischen 2003 und 2007 in der Kinderschmerzambulanz des Vodafone Stiftungsinstituts für Kinderschmerztherapie und Pädiatrische Palliativmedizin vorgestellten Patienten mit schwerer Mehrfachbehinderung wurden zusätzliche zur Schmerztherapie retrospektiv untersucht.
Die Ergebnisse der Studie sind für die Betroffenen und die Zukunft der Schmerztherapie von besonderer Relevanz: Chronische Schmerzen bei Kindern mit mehrfachen Behinderungen können trotz Fehlen klarer Schmerzdiagnosen durch eine gezielte und individuelle, multimodale Schmerztherapie signifikant reduziert werden. Ein Ergebnis, das umso wichtiger ist, als dieser Behandlungsweg gerade bei Patienten mit schweren und mehrfachen Behinderungen meist nicht üblicher Standards ist.
Bei der Bewertung der Studie muss freilich bedacht werden, dass auf Grund ihres schweren Handicaps Kinder nicht selbst befragt werden konnten, so dass das multidisziplinäre Team ausschließlich auf die subjektiven Einschätzungen der Eltern zurückgreifen musste. Die Studie wurde durch eine rückwirkende Befragung von Eltern durchgeführt. Weiter war die bereits erfolgte Therapie oft nur ungenügend dokumentiert.
Die Ergebnisse weisen dennoch einen klaren Weg: Weitere prospektive Studien zur Schmerztherapie bei mehrfach behinderten Kindern mit chronischen Schmerzen sind von elementarer Wichtigkeit. Nur so können die Therapieerfolge weiter optimiert und die Lebensqualität der Betroffenen verbessert werden – und nachhaltige Schmerztherapie für diesen Personenkreis zu einer Selbstverständlichkeit wird.
Innovationspreis für einen Schmerz–Fragebogen
Der französische Psychologe Dr. Michel Belot hat einen detaillierten Schmerz-Fragebogen erarbeitet. Der heterogenen Evaluationsfragebogens (L’ échelle EDAAP) hilft den Betreuern bei der genauen Beobachtung der Schmerzen von Menschen, die sich selber nicht ausreichend artikulieren können und dient zugleich als ein verlässliches Messinstrument.
Anders als vergleichbare Instrumente berücksichtigt dieser Fragenbogen sowohl den Alltag von Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen als auch Situationen, die erfahrungsgemäß als besonders schmerzauslösend eingeschätzt werden müssen. Auch berücksichtigt er zusätzlich körperliche und nonverbale Ausdrucksweisen eines Menschen mit schwerster Behinderung.
Dr. Michel Belot ist seit 1999 Mitglied der „Groupe Polyhandicap France“, vergleichbar mit dem Wissenschafts- und Kompetenzzentrums der Stiftung Leben pur, und arbeitet in der Nähe von Toulouse in einer Klinik für Menschen mit schwersten Behinderungen (Hôpitaux de Lannemezan MAS „La Clairière“). In zahlreichen Arbeiten, Publikationen und Vorträgen widmet sich Belot seit Jahren Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen.
Da es in Deutschland kein ähnlich umfassendes und fundiertes Instrument der Schmerzbeobachtung gibt, wird die Arbeit mit dem Titel „L’expression de la douleur chez la personne polyhandicapée: L’evaluation par l’échelle de l’Hôpital Marin Hendaye“ („Der Ausdruck des Schmerzes bei Personen mit schweren Mehrfachbehinderungen: Die Evaluation mit dem Messinstrument des Krankenhauses Marin Hendaye“) derzeit übersetzt und im Sommer in dem Band „Leben pur – Schmerz“ veröffentlicht.
Hintergrundinformationen zum Preis
Seit 2006 vergibt die Stiftung jährlich einen Förder- und einen Innovationspreis. Beide Preise beschäftigen sich mit dem jeweiligen „Jahresthema“ der und werden mit Hilfe von Sponsoren finanziert. Ausgezeichnet werden zum einen wissenschaftliche Arbeiten zur Verbesserung der Lebensqualität von Menschen mit schwersten Behinderungen, zum anderen innovative Arbeiten von Fachkräften über wegweisende Modelle aus der Praxis. Beide Preise sind dotiert und werden dieses Jahr von der Firma Linde Homecare gestiftet.
Die Jury unter Leitung von Prof. Dr. Andreas Fröhlich, Vorsitzender des Wissenschaftsrates der Stiftung Leben pur und emeritierter Professor für Geistigbehindertenpädagogik an der Universität Koblenz-Landau, ist hochkärtig besetzt. Dank ihrer strengen Bewertung genießen beide Auszeichnungen bereits hohes Ansehen in der Fachwelt.
Weitere Informationen zur aktuellen Ausschreibung:
http://www.stiftung-leben-pur.de/index.php?id=188