Mindestens 837 vermiedene Krankenhausaufenthalte, 311 verhinderte Beinamputationen und eine rundum optimale Versorgung der Patienten. Dies ist die überaus erfreuliche Bilanz des in Köln und Umgebung gegründeten Fußnetzes aus den vergangenen sechs Jahren. In diesem Netzwerk arbeiten Diabetologen in der Region Nordrhein mit Chirurgen, Gefäßspezialisten, Hausärzten, Orthopädie-Schuhmachern und Podologen (speziellen Fußpflegern mit zweijähriger Ausbildung) zusammen, um Patienten mit Diabetischem Fußsyndrom (DFS) bestmöglich zu betreuen. "Wir sind sehr glücklich, dass wir gemeinsam durch die vernetzte Zusammenarbeit derartige Erfolge erzielen konnten. Im Schnitt haben wir jeden Monat mindestens eine Amputation oberhalb des Knöchels verhindert und konnten außerdem viele Patienten vor anstrengenden und langwierigen Krankenhaus-Aufenthalten bewahren", freut sich Dr. Matthias Riedel aus dem Berufsverband der diabetologischen Schwerpunktpraxen in Nordrhein (BdSN).
Auch die Patienten sind glücklich über das Fußnetz: "Ich bin froh, dass es spezialisierte Praxen für Fußprobleme gibt. Dort wurde mein großer Zeh gerettet, im Krankenhaus wollte man schon amputieren." Hanno Petersen wurde Anfang April aus dem Krankenhaus entlassen, nachdem der dortige Gefäßchirurg ihn zur Weiterbehandlung zurück an den Diabetologen überwiesen hatte. Im Juli war die Wunde schließlich verheilt, der Diabetes besser eingestellt und die Versorgung mit speziellen Schuhen erfolgt - um neue Wunden zu verhindern. "Die Großzehe ist für den Bewegungsablauf beim Gehen sehr wichtig, nach einer Amputation ist das Risiko weiterer Komplikationen viel höher" erklärt Dr. Riedel.
Erfolg dank Kooperation
Durch die Behandlung blieb Hanno Petersen die Invalidität erspart. Außerdem wurden durch die verhinderte Amputation hohe Kosten vermieden. Dieses Geld kann den Patienten nun an anderer Stelle sinnvoll zu Gute kommen. "Zu verdanken haben wir dieses positive Ergebnis unseren effizienten Strukturen mit qualifizierter Aus- und Fortbildung und einem konsequenten Qualitätsmanagement", führt Dr. Riedel aus. Diese Strukturen haben die Mediziner gemeinsam mit besonders engagierten Krankenkassen und beteiligten Fachkräften erarbeitet und sich dabei selbst strenge Richtlinien und Abläufe auferlegt. "Innerhalb des Netzwerkes entscheidet zunächst der Diabetologe, wie welcher Patient am besten versorgt und behandelt wird, bevor ein anderer Experte übernimmt", erklärt Dr. Riedel. Insgesamt haben 75 Kliniken und Praxen ihr Leistungsspektrum nach den Bedürfnissen ihrer Patienten ausgerichtet. In jeder dieser Einrichtungen sind inzwischen zwei bis sieben Wundassistenten beschäftigt.
Dank des Engagements aller Beteiligten und der Kooperation der verschiedenen Institutionen und Krankenkassen untereinander, ist in Nordrhein eine deutschlandweit einzigartige, wegweisende Kooperation entstanden. "Vor allem war ich beeindruckt, wie gut sich alle beteiligten Experten untereinander abgesprochen haben", sagt Herr Petersen. "Spezielle Versorgungsverträge der Krankenkassen ermöglichen uns einen unkomplizierten Austausch von Patientendaten, um laufend die Behandlungsqualität zu überprüfen und zu verbessern", erläutert Dr. Riedel. Das Konzept wurde vielerorts bereits aufgegriffen und angepasst, zuletzt in diesem Jahr in Berlin, davor in Hamburg. Dr. Riedel betont, dass die Patienten innerhalb des Fußnetzes so gut versorgt werden, wie nie zuvor: "Wir sind sehr froh, dass wir für die Patienten eine enorme Verbesserung in der Behandlung erzielen konnten und dass der Austausch innerhalb des Netzwerkes so reibungslos funktioniert. Daher hoffen wir natürlich, dass wir diese Kooperation mit den Kliniken und Krankenkassen noch lange Zeit fortführen können. Überspitzt könnte man sagen, dass alle Diabetiker Glück haben, wenn sie im Rheinland leben und vom hiesigen Fußnetz profitieren können." Jeder Diabetiker mit Wunden und Problemen an den Füßen kann sich sofort bei einem Netzwerkdiabetologen vorstellen, wird dort untersucht und wirksam behandelt.
Hintergrund: Das Diabetische Fußsyndrom
Das Diabetische Fußsyndrom entwickelt sich auf dem Boden einer Nervenstörung durch dauerhaft erhöhten Blutzucker. Insbesondere werden Schmerzen nicht in der gewohnten Intensität wahrgenommen, es kommt zu Fehlbelastungen, Schwielen, Hühneraugen und schließlich Verletzungen. Bei Diabetikern ist zudem die Durchblutung durch Verengung der Arterien in Becken oder Beinen oft gestört und Infektionen verlaufen bei hohem Blutzucker schwerer. Unbehandelt kann dies die Zerstörung weiter Teile des Fußes und schlussendlich die Amputation nach sich ziehen. Da sich durch Nervenstörungen das Schmerzempfinden in den Füßen verringert, nehmen Diabetiker Verletzungen häufig nicht oder nur vermindert war und suchen daher oft zu spät einen Arzt auf. Diabetologen empfehlen deshalb, die Füße regelmäßig selbst zu kontrollieren und bereits bei kleinen Verletzungen einen Arzt aufzusuchen. Zudem sollten die Empfindungen in den Füßen mindestens einmal jährlich vom behandelnden Hausarzt im Rahmen des Diabetesprogrammes (DMP) untersucht werden.