"Unsere Arbeit ist in zweierlei Hinsicht von Bedeutung," meint Jeffrey Hartgerink, der führende Autor der Studie. "Zum Einen gleicht unser Endprodukt mehr als alle anderen bislang künstlich hergestellten Produkte dem natürlichen Kollagen, und zum Andern wird unser Material mithilfe eines selbstaufbauenden Prozesses hergestellt, der in seiner Art dem natürlichen Syntheseprozess des Kollagens ausserordentlich ähnlich ist."
Kollagen ist das häufigste Eiweiss im Körper und eine Basiskomponente für viele Gewebe, wie beispielsweise der Haut, der Sehnen, der Bänder, der Knorpel und der Blutgefässe. Kollagen-artige Materialen werden auch bevorzugt in der regenerativen Medizin und im Gewebe-Engineering gebraucht, wo sie als Matrix für Stammzellen dienen, aus denen die unterschiedlichsten Gewebetypen gezüchtet werden, die danach in der Transplantations-Medizin zum Einsatz kommen.
Tierisches Kollagen, das als Fremdeiweiss gewisse immunologische Probleme aufweisen kann, ist bislang das häufigste Kollagen, das in der rekonstruktiven und kosmetischen Medizin Verwendung findet. Tierisches Kollagen findet man auch in vielen Kosmetika.
Obwohl Kollagen überaus reichlich im Körper vorkommt, ist die künstliche Produktion alles andere als einfach. Ein Grund für dafür liegt in der Komplexität des Kollagens auf verschiedenen Ebenen. So besteht Kollagen gleich einer Strick aus vielen ineinander verwobenen einen Fäden, die wiederum aus Millionen von Proteinen bestehen. Kollagen-Fäden können sich aber auch zu einer dreidimensionalen Matrix vereinen, in deren Zwischenraum Wasser gespeichert werden kann, so genannte Hydrogele.
"Unsere Kollagen-Fäden, Fasern und Hydrogele bilden sich in einem ähnlichen Prozess wie in der Natur, ausser dass wir mit kürzeren Eiweissbausteinen beginnen," sagt Hartgerink. "Das war nötig, um den selbständigen Aufbau, wie er im Körper vorkommt, so gut wie möglich kopieren zu können." Hartgerink und sein Team verbrachten denn auch Jahre damit das Design der Eiweissbausteine zu perfektionieren.
Noch ist es aber zu früh, um definitiv sagen zu können, ob das synthetische Kollagen dereinst in der rekonstruktiven oder kosmetischen Medizin natürliches oder tierisches Kollagen wird ersetzen können. Aber einen wichtigen Hinweis dafür, dass es klappen könnte, haben die Forscher bereits entdeckt: Das gleiche Enzym, dass für den natürlichen Kollagenabbau im Körper verantwortlich ist, baut auch das künstliche, von Hartgerink und seinem Team hergestellte, Kollagen ab. Somit ist gewährleistet, dass keine Reste als Fremdmaterial im Körper zurückbleiben und zu unerwünschten Reaktionen führen könnten.
Der nächste Schritt hin zu einem verwendbaren Produkt besteht nun darin, herauszufinden, ob lebende Zellen das Material als Matrix akzeptieren und sich darin vermehren. Erst wenn das erfüllt ist kann das künstliche Kollagen einem Testverfahren am Menschen unterzogen werden. "Vor fünf Jahren ist nicht mit einem klinischen Produkt zurechnen," meinte den auch ein Forscher aus Hartgerinks Team.