Immer mehr Vorgesetzte leiden unter dem Burnout-Syndrom, so aktuelle Untersuchungen. Diplom-Psychologe Rolf Schmiel zeigt, woran man das Ausgebranntsein bei Führungskräften erkennt und was Mitarbeiter dagegen tun können.
Wer kommt als Erster und geht als Letzter? Klar, Chef oder Chefin. In vielen Vorstandsetagen herrscht ebenso emsiger Fleiß wie an der Spitze von Handwerks- und Industriebetrieben, Handels- und Dienstleistungsunternehmen, Vereinen und Behörden. Wobei die "Burnout-Hierarchie" bis hinunter zum Abteilungs- oder Teamleiter reicht.
"Medizinisch gesehen ist das Burnout-Syndrom ein Zustand ausgesprochener emotionaler Erschöpfung mit reduzierter Leistungsfähigkeit", erklärt Rolf Schmiel, Diplom-Psychologe aus Essen. "Den klinischen Symptomen gehen aber zahlreiche typische, eher psychologisch begründete Verhaltensmuster voraus - und die zu erkennen kann Schlimmeres verhüten." Der Experte verweist dazu beispielhaft auf Untersuchungen der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, die den volkswirtschaftlichen Schaden des Burnout-Syndroms in der EU auf rund 20 Milliarden Euro jährlich einschätzt.
Schmiel appelliert deshalb an die Mitarbeiter, vor allem an die Assistentinnen und Assistenten gestresster Chefs, auf Burnout-Anzeichen zu achten: "Schließlich verbringen potenzielle Burnout-Kandidaten weitaus mehr Zeit mit ihrem Team als mit ihrer Familie." Die Menschen im engsten Kreis fungierten dann sozusagen als Feuermelder. Zu beachten seien besonders diese Signale:
- Keine Zeit für persönliche Bedürfnisse und private Kontakte (Freizeit und Freunde)
- Verleugnung ernsthafter Probleme sowohl in der Firma als auch im privaten Umfeld
- Ständige Gereiztheit
- Intoleranz und Geringschätzung Anderer
- Verstärkter Griff zum Alkohol oder Fressattacken
- Ständige Übermüdung und Unkonzentriertheit
"Lassen sich einige oder sogar alle Verhaltensmuster erkennen, sollte einer der engsten Mitarbeiter mit viel Fingerspitzengefühl ein Vier-Augen-Gespräch mit dem Vorgesetzen suchen", empfiehlt Schmiel. "Voraussetzung ist dabei natürlich eine Vertrauensbasis, die auch den privaten Bereich einschließt."
Ein echtes Burnout-Syndrom kurieren könnten aber nur Experten, sagt der Psychologe. Schmiel: "Ein paar Tage Wellness-Urlaub wird in den meisten Fällen nicht reichen. Die Betroffenen brauchen professionelle Unterstützung." Bei körperlichen Problemen gehe man zum Arzt, bei psychischen aber eher in die Kneipe. Und dies sei eine fatale Fehleinschätzung. "Psychiater und klinische Psychologen besitzen viele hilfreiche Werkzeuge gegen das Burnout-Syndrom. Man muss Betroffene allerdings zunächst sensibilisieren, so dass sie ihre Not selbst erkennen. Verantwortungsvolle Mitarbeiter können als Feuermelder helfen, das Schlimmste zu verhindern."