Würzburg ? anlässlich des Welt-Osteoporose-Tages weist der Bundesverband Hypophosphatasie (HPP) Deutschland e.V. erneut darauf hin, dass eine plötzlich auftretende Knochenschwäche auch einen eindeutig genetischen Hintergrund haben kann.
Anlässlich einer Expertenrunde im Rahmen der fünften "HPP Infotage" am vergangenen Wochenende wies der Verbandsvorsitzende Gerald Brandt in Würzburg erneut darauf hin, dass die Bedeutung der "gewebeunspezifischen alkalischen Phosphatase" (TNSAP) in der medizinischen Fachwelt noch immer eklatant unterschätzt werde. So sei dieses Enzym nicht nur für die Fettverdauung, die Steuerung der Darmflora und die Produktion von Neurotransmittern wie Serotonin und Dopamin von entscheidender Bedeutung ? sondern vor allem auch für die Mineralisierung von Knochen und Zähnen.
Leider werde aber einem zu niedrigen aP-Wert in der Praxis noch immer keine diagnostische Bedeutung zugemessen. Während ein erwachsener Patient mit bereits bestehenden Knochen- und Gelenkschmerzen und/oder einer verringerten Knochendichte einen aP-Wert von mindestens 50 U/l (37°-Verfahren) aufweisen sollte, würden in den meisten haus- und fachärztlichen Praxen selbst Werte unter 30 U/l nach wie vor als unbedeutend abgetan.
Mit der Folge, dass viele Hypophosphatasie-Patienten oft jahrelang fälschlicherweise gegen eine "normale" Osteoporose behandelt würden. Dabei könnten hohe Gaben von Vitamin D und Kalzium bei HPP-Patienten sehr schnell zu einer Verkalkung der Nieren ? bis hin zum Nierenversagen ? führen.
Eine der wichtigsten Aufgaben des Patientenverbandes, der am Sonntag, den 16. Oktober 2011, im Rahmen der jährlichen "HPP Infotage" zugleich sein fünfjähriges Bestehen feierte, sei daher nach wie vor die Aufklärung der medizinischen Fachwelt über die Hypophosphatasie. Dies könne unter anderem dadurch erreicht werden, dass man dem für den menschlichen Organismus so wichtigen Enzym TNSAP schon im Medizinstudium mehr Aufmerksamkeit widme. Dafür werde man sich in Zusammenarbeit mit verschiedenen Fachgesellschaften auch in Zukunft stark machen.
Zwar stehen für die Hypophosphatasie inzwischen erste therapeutische Ansätze zur Verfügung, die derzeit in klinischen Studien bereits angewandt werden, doch sind einige entscheidende Vorgänge bei der Knochenmineralisierung nach wie vor unerforscht. Hierzu gehört neben dem genauen Wirkmechanismus der TNSAP im Knochen auch der Umstand, dass selbst HPP-Patienten mit identischen Mutationen auf dem TNSAP-Gen höchst unterschiedliche Krankheitsverläufe aufweisen können. Das bedeutet, dass es offenbar noch weitere ? bisher völlig unbekannte ? Faktoren geben muss, welche die Stabilität des menschlichen Knochens beeinflussen. Hier ist noch erheblicher Forschungsbedarf vorhanden, wie auch Prof. Franz Jakob, Leiter des osteologischen Forschungszentrums der Uni Würzburg, betonte.
Zudem sei in der bisherigen wissenschaftlichen Arbeit aufgefallen, dass eine bestimmte Erbgutveränderung (Polymorphismus), die bei Patienten mit einer schwereren Form der HPP regelmäßig nachgewiesen wird, auch bei insgesamt 25% der Gesamtbevölkerung auftritt. Somit sei ? laut Brandt ? bislang noch völlig unklar, ob nicht ein genetisch bedingter Defekt der TNSAP für sehr viel mehr Fälle von "Knochenschwund" ursächlich mit-verantwortlich sein könnte als derzeit angenommen.
Bislang geht der Bundesverband HPP von ca. 200 schweren und geschätzten 15.000 leichteren Fällen von Hypophosphatasie in Deutschland aus ? wobei letztere mehrheitlich als Osteoporose, rheumatoide Arthritis, Arthrose, Morbus Bechterew oder Fibromyalgie etc. diagnostiziert werden dürften, so Vorsitzender Brandt.
Weiterführende Informationen zur HPP finden sich im Internet unter www.hypophosphatasie.net und www.hpp-ev.de. Beim Bundesverband Hypophosphatasie ist überdies eine kostenlose Info-CD zum Thema erhältlich.
Kontakt:
Hypophosphatasie Deutschland e.V.
c/o Gerald Brandt
Peter-Schneider-Str. 1
D-97074 Würzburg
Tel: 0049-931-782937
Mail: info@hpp-ev.de