Die Zahlen sprechen für sich: Weltweit erkranken jährlich rund 500.000 Frauen an einem Zervixkarzinom. Hierfür verantwortlich ist eine in der Regel langjährige Infektion mit humanen Papillomviren – kurz HPV genannt. Global betrachtet stellt die maligne Entartung des Gebärmutterhalses die zweithäufigste Todesursache der Frau dar. Allerdings gibt es große regionale Unterschiede. So bestätigt nach Angaben des Robert-Koch-Instituts die Anzahl von 5.400 Neuerkrankungen in Deutschland im Jahre 2010 den seit Jahren rückläufigen Trend. Mit einem Anteil von 2.8 Prozent stellt diese Krebsart hierzulande nur noch die zwölfthäufigste bösartige Krebserkrankung der Frauen dar.
Ähnliche Diskrepanzen offenbaren sich beim Vergleich der Mortalität. Während in Deutschland statistisch auf 6.000 Erkrankungen rund 2.000 Todesfälle kommen, sterben global rund 70 Prozent der Betroffenen an dieser Erkrankung – vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländern. Der Grund dafür ist, dass in ärmeren Ländern Früherkennungsuntersuchungen zu selten oder gar nicht durchgeführt werden. Ein großes Manko, denn 80 Prozent der Krebserkrankungen treten wiederum bei Frauen auf, die in den letzten Jahren an keiner Früherkennungsuntersuchung teilgenommen haben.
Treffsicherheit bisheriger Tests lässt zu wünschen übrig
Die seit nunmehr rund 60 Jahren praktizierte Vorsorgeuntersuchung zur Früherkennung des Zervixkarzinoms basiert auf dem so genannten PAP-Test. Bei dieser Methode werden einzelne Zellen mit Hilfe eines Spatels vom Muttermund und mittels einer kleinen Bürste aus dem Gebärmutterhals entnommen. Die Zellen dieser Probe werden anschließend in einem Labor mikroskopisch auf mögliche Vorstufen von Krebs untersucht. Die Methode hat jedoch den Nachteil, dass die mikroskopische Beurteilung der Proben stets subjektiv bleibt und die Genauigkeit wegen häufiger falsch positiver oder falsch negativer Ergebnisse in Abhängigkeit von der Erfahrung des auswertenden Personals nur bei 50 bis 75 Prozent liegt. Hinzu kommt, dass das Testergebnis in der Regel erst nach ein bis zwei Wochen vorliegt, was einen weiteren Arztbesuch erfordert und daher mit zusätzlichen Kosten verbunden ist.
Weltweit werden jährlich rund 160 Millionen PAP-Abstriche durchgeführt. Dabei erreicht man aber nur etwa 20 Prozent der Zielgruppe, weil der Aufwand und die Kosten in Ländern mit unterentwickelter medizinischer Infrastruktur unverhältnismäßig hoch sind und es darüber hinaus auch an geeigneten Labors mit erfahrenem Personal fehlt. Eine entscheidende Verbesserung der Gesundheitsvorsorge von Frauen insbesondere in Schwellen- und Entwicklungsländern wäre nur mit Hilfe einer preisgünstigen Methode möglich, die ohne zusätzlichen Laboraufwand eine rasche Diagnostik vor Ort ermöglicht. Genau an diesem Punkt setzt die von dem kanadischen Medizintechnikunternehmen, das im kalifornischen Monterey ansässig ist, entwickelte Technologie an.
Diese basiert auf zwei innovativen gynäkologischen Produkten – CerMap und CerMark. Ersteres ist ein System zur Entnahme von zervikalen Gewebeproben und deren Analyse. „Es handelt sich um das erste Gewebeentnahmesystem, das die räumliche Zuordnung der entnommenen Zervixzellen auch auf dem Objektträger abbildet“, erläutert CerMed-Geschäftsführer Peter Gombrich. Auf diese Weise könnten in einem Radius von 360° gleichzeitig Zellen aller betreffenden Gebärmutterareale entnommen und auf dem Objektträger räumlich dargestellt werden. CerMap zeichnet somit eine Art biologische Landkarte der möglicherweise betroffenen Gewebebereiche. Dadurch sei es erstmals möglich, die spezifischen Areale bei einer Nachuntersuchung direkter zu lokalisieren, was mit den derzeit verfügbaren Methoden nicht möglich sei.
Exakte Analyse im Minutentakt
Hinter CerMark verbirgt sich wiederum ein patentrechtlich geschütztes mobiles Gerät zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs, das über eine höhere Empfindlichkeit und Genauigkeit verfügt, als die bisher vorhandenen Verfahren. Dabei handelt es sich um ein so genanntes Point-of-Care-System zur patientennahen Analyse der entnommenen Proben. Neben geringeren Kosten für das Verfahren besteht der große Vorteil darin, dass man nicht mehr auf ein Zentrallabor angewiesen ist. Vielmehr erfolgt die Auswertung unmittelbar vor Ort, beispielsweise unmittelbar in der Praxis eines niedergelassenen Arztes und es bedarf nicht an speziell ausgebildetem Personal. Das Testsystem besteht aus einem Patronensystem mit einem Mikroelektrodenchip-Array.
CerMark erlaubt es, verdächtige Proteine aufzuspüren, die bei einer HPV-Infektion durch den Eintritt der Viren in die Wirtzellen bedingt freigesetzt werden. Mit Hilfe des Geräts können innerhalb von Minuten vier individuelle Biomarker, die mit einer zervikalen Erkrankung und Infektion in verschiedenen Progressionsstadien im Zusammenhang stehen, festgestellt werden. Dabei ermöglicht die Kombination mehrerer Biomarker im Gegensatz zu einem einzelnen Marker eine wesentlich höhere Empfindlichkeit und Genauigkeit.
Unternehmensangaben zufolge liegt das Marktvolumen für herkömmliche PAP-Testsysteme gegenwärtig bei 3 bis 4 Mrd. US-Dollar. Mithilfe von einfach zu handhabenden und sehr zuverlässigen Point-of-Care-Systemen könne dagegen ein weltweiter 18 Mrd. Dollar-Markt bedient werden.
Derzeitiger Entwicklungsstand
Das CerMap-Probenentnahmegerät befindet sich derzeit in der Herstellung und wird ab dem vierten Quartal dieses Jahres in China und anderen Vertragsländern käuflich zu erwerben sein. CerMark befindet sich derzeit in der Testphase. Das Unternehmen plant ab dem zweiten Quartal 2012 eine Reihe klinischer Studien durchzuführen: somit könnte das Gerät bereits Ende nächsten Jahres in ausgewählten Ländern auf dem Markt sein. CerMed International hat bereits Verträge mit einer mindestens dreijährigen Laufzeit abgeschlossen, die mehrere Länder abdecken.
Rolf Froböse