Hat sich der Zugang zu Medikamenten in
Entwicklungsländern 10 Jahre nach Verabschiedung der Doha-Erklärung
verbessert? Diese Frage diskutieren nationale und internationale
Akteure aus Entwicklungszusammenarbeit, humanitärer Hilfe,
Zivilgesellschaft, Politik und Wissenschaft heute in Berlin auf der
Doha+10-Konferenz des Aktionsbündnis gegen AIDS.
Patente sind zeitgebundene Monopole. Wie alle Monopole verteuern
Patente auf Medikamente den Preis, indem sie das Angebot verknappen.
"Wir wollen sicherstellen, dass Menschen lebenslang Zugang zu einer
HIV-Therapie erhalten!", so Astrid Berner-Rodoreda, Sprecherin des
Aktionsbündnis gegen AIDS und HIV-Beraterin von Brot für die Welt.
"Patente sind ein großes Hindernis im Zugang zu neuen Medikamenten.
Die Ausweitung der Ersttherapie war nur über die Produktion von
Generika möglich. Wir müssen deshalb dafür sorgen, dass auch für die
neueren Medikamente Generika hergestellt werden können", so
Berner-Rodoreda weiter.
Eigentlich sollte die "Doha-Erklärung zum TRIPS-Abkommen und der
öffentlichen Gesundheit" von 2001 die Versorgungssituation
verbessern. Denn sie bekräftigte das Recht der Mitgliedstaaten der
Welthandelsorganisation (WTO), das für alle Mitglieder bindende
TRIPS-Abkommen zum Schutz geistigen Eigentums so zu interpretieren
und anzuwenden, dass die öffentliche Gesundheit geschützt und der
Zugang zu Medikamenten gefördert wird. Insbesondere bestätigte sie
das Recht, Zwangslizenzen zu erteilen. "Die Doha+10-Konferenz zieht
10 Jahre nach der Verabschiedung der Doha-Erklärung nun Bilanz, ob
diese Ziele erreicht wurden", führt Dr. Sandy Harnisch vom
Aktionsbündnis gegen AIDS aus.
Gemäß dem TRIPS-Abkommen sind Produkte patentierbar, die neu sind,
auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar
sind. "Allerdings bietet das TRIPS-Abkommen ausreichend Flexibilität
für die Auslegung dieser Patentierungskriterien im Sinne der
öffentlichen Gesundheit. Das indische Patentgesetz beispielsweise
enthält eine Regelung (Sec. 3d), durch die bereits erfolgreich
Patente für bloß geringfügige Änderungen an bekannten Medikamenten
abgelehnt werden konnten. Das ermöglicht Konkurrenz durch Generika
und Preissenkungen", so die indische Juristin Prathibha
Sivasubramanian von Lawyers Collective.
"Auch wenn das TRIPS-Abkommen Schutzklauseln enthält, um den
Zugang zu Medikamenten zu verbessern, müssen wir uns generell fragen,
ob Patente nicht ein Paradigma von gestern sind. Wir brauchen neue
Wege, um neue patentfreie Arzneimittel zu erforschen und den Zugang
zu Aids-Medikamenten zu verbessern", so Dr. Christiane Fischer von
der BUKO-Pharma-Kampagne. Neben dieser Diskussion zu Alternativen und
Ausblicken bezüglich Innovation und Zugang zu lebensnotwendigen
Arzneimitteln dient die Konferenz der Analyse von Erfahrungen aus
einigen Schlüsselländern und der kritischen Auseinandersetzung mit
bilateralen und regionalen Handelsabkommen.
Das Aktionsbündnis gegen AIDS ist ein Zusammenschluss von über 100
Organisationen der Aids- und Entwicklungszusammenarbeit sowie mehr
als 280 lokalen Gruppen. Der Zugang zu HIV-Therapie ist eines der
zentralen Anliegen des Bündnisses. Weitere Information unter:
www.aids-kampagne.de Die Konferenz wird organisiert vom Fachkreis
Pharma des Aktionsbündnis gegen AIDS und finanziert durch die
Mitgliedsorganisationen action medeor, Ärzte ohne Grenzen, Brot für
die Welt, Deutsches Institut für Ärztliche Mission, Evangelischer
Entwicklungsdienst, medico international, Misereor sowie dem
Missionsärztlichen Institut.
Pressekontakt:
Marco Alves,
Aktionsbündnis gegen AIDS,
E-Mail: alves@aids-kampagne.de,
Tel: 0176-32711160