(NL/1383121576) Berlin, d. 5. Dezember 2011. Der Entwurf des Gesetzes für ein pauschalierendes Entgeltsystem in der stationären Psychiatrie und Psychosomatik lehnt sich in großen Teilen an das Fallpauschalengesetz für die somatischen Krankenhäuser an. Hier liegt aus Sicht des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD) ein wesentlicher Grund für die absehbaren negativen Wirkungen. Zwischen beiden Bereichen gebe es grundsätzliche Unterschiede. Diese müssten in den Regelungen für die psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen zwingend berücksichtigt werden, fordert der VKD. "Fehler aus dem Krankenhausentgeltgesetz sollten nicht in die Bundespflegesatzverordnung übernommen werden, wie zum Beispiel der Hamsterradeffekt, der zu einem "floatenden" Basisentgeltwert nach unten führt. Die Leistungen der psychiatrischen Krankenhäuser und Abteilungen würden dadurch immer schlechter finanziert", warnt VKD-Präsident Dr. Josef Düllings.
Positiv bewertet der Managerverband, dass der Referentenentwurf die Dauer der budgetneutralen Phase auf vier Jahre - von 2012 bis 2016 - festlegt. Das war vom VKD ähnlich bereits gefordert worden, um den Kliniken die Möglichkeit zu geben, sich auf die Scharfschaltung des neuen Systems gründlich vorbereiten zu können. Auch die vorgesehene fünfjährige Konvergenzphase werde die Sicherheit erhöhen, da die Kliniken zur Einführung des neuen Systems ihre Strukturen anpassen müssten. Es sei darüber hinaus mit weiteren Anpassungen zu rechnen, da auch eine Veränderung der OPS-Codes (OPS - Operationen und Prozeduren-Schlüssel) in der Psychiatrie bevorsteht.
"Insgesamt ist der Entwurf stark verbesserungsbedürftig" - so das Urteil des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands (VKD).
Die Effekte des geplanten Gesetzes zur Einführung von Entgeltpauschalen könnten zur Verschlechterung der Behandlungsqualität für psychiatrische Patienten führen, befürchten die Fachleute. "Gerade im Bereich der psychiatrischen Krankheiten müssen neue gesetzliche Regelungen mit viel Umsicht getroffen werden", mahnt der Vorsitzende der Fachgruppe Psychiatrische Krankenhäuser des VKD, Holger Höhmann, Kaufmännischer Direktor und Vorstandsvorsitzender der LKVR-Klinik Langenfeld.
Die Fachgruppe hat in der Stellungnahme für das Bundesgesundheitsministerium auf die Schwachstellen des Referentenentwurfs detailliert hingewiesen und entsprechende Änderungsvorschläge gemacht.
So provozierten die geplanten Regelungen eine kürzere Krankenhaus-Verweildauer der Patienten. In der Psychiatrie/Psychosomatik führe dies tendenziell aber eher zu einer schlechteren Behandlungsqualität. Die Folge sei, dass Patienten in kurzen Abständen erneut eingewiesen werden müssten. "Diese erhöhte Wiederaufnahmequote lässt insgesamt die Patientenzahlen ansteigen - was den Kliniken dann aber nicht mehr in voller Höhe bezahlt wird. Der Gesetzentwurf sieht für die Jahre 2017 bis 2021 eine Finanzierung von Mehrleistungen nur zwischen
25,6 Prozent und 50 Prozent vor. Ein Teufelskreis für uns", so Höhmann. "Angesichts der Personalkosten von im Schnitt 80 Prozent in der Psychiatrie/Psychosomatik greift das erheblich zu kurz. Zumindest in Höhe des Personalkostenanteils sollten daher die Mehrleistungen auf Klinikebene refinanziert werden."
Die Fachexperten aus den psychiatrischen Einrichtungen weisen überdies darauf hin, dass eine Reihe von finanziellen Ausgleichen, die den somatischen Krankenhäusern bei Einführung des Fallpauschalensystems vor einigen Jahren gewährt wurden, den psychiatrischen/psychosomatischen Einrichtungen verwehrt bleiben sollen. Dazu gehört z.B., dass für Häuser, die optional bereits 2013 in das neue System einsteigen, ein Mindererlösausgleich von nur 75 Prozent festgeschrieben werden soll. Bei den Akutkrankenhäusern waren es 95 Prozent. Dadurch wurden die Auswirkungen von Fehleinschätzungen minimiert. Diese Lösung sollte auch für die psychiatrischen Kliniken übernommen werden. Bei den Mehrerlösen erscheint eine Anpassung der Psychiatrie an die Regelungen für die somatischen Krankenhäuser in Höhe von in diesem Fall 65 Prozent ebenfalls gerechtfertigt.
Völlig ungeeignet für Patienten in der Psychiatrie sei der geplante Katalog von Verweildauergrenzen, der von den Vertragsparteien zu erarbeiten ist. Entsprechend diesem Katalog soll es zu Zu- und Abschlägen kommen. Damit würden u.a. Spezialangebote, wie etwa Depressionsstationen, in Frage gestellt. Diese sicherten mit ihrem dichten therapeutischen Angebot eine besondere Nachhaltigkeit der Behandlungsergebnisse, seien nicht selten jedoch Bereiche mit einer verlängerten Verweildauer.
"Zu befürchten ist aber auch, dass sich hinter der oben genannten Regelung der Einstieg zur Vereinbarung von erkrankungsspezifischen Fallpauschalen verbirgt. Das lehnen wir ab", bekräftige Holger Höhmann. Grundsätzlich müsse die Verweildauer in der Psychiatrie immer für den jeweiligen individuellen Fall entschieden werden und dürfe daher auch niemals ein die Qualität beurteilendes Instrument sein.
Eine Verschlechterung des gegenwärtigen Zustands stellt aus Sicht des VKD die Regelung dar, dass der Landes-Basisentgeltwert künftig jährlich maximal um die Budget-Veränderungsrate und die BAT-Berichtigungsrate steigen darf. Bisher können dagegen auch die Auswirkungen der Personalverordnung der Psychiatrie, die Erhöhung der Fallzahlen bzw. die Änderung der medizinischen Leistungsstruktur sowie krankenhausplanerische Tatbestände bei Budgetverhandlungen berücksichtigt werden. Das neue Gesetz verschlechtert hier die Lage der Kliniken. Im Bereich der somatischen Krankenhäuser kann der Landes-Basisfallwert über die Veränderungsrate steigen, wenn die Summe der Bewertungsrelationen sinkt. Das fehlt im Gesetzentwurf für die Psychiatrie/Psychosomatik ebenfalls.
Ausdrücklich begrüßt wird aber die vorgesehene neue Möglichkeit, Modellvorhaben mit Krankenkassen sowohl kassenübergreifend als auch kassenindividuell, zu vereinbaren. Damit könnten sehr flexibel neue Versorgungformen entwickelt werden.
Ebenfalls positiv bewertet der Verband, dass künftig im Bereich der Psychosomatik Institutsambulanzen (PIA) betrieben werden können, Allerdings sei dabei der Aufbau von Doppelvorhaltungen zu vermeiden. Dazu gehöre die Entwicklung klarer Abgrenzungskriterien zu den psychiatrischen Institutsambulanzen.
Der ursprüngliche Anstoß der Fachverbände für die neue Vergütungssystematik waren anpassungsbedürftige Regelungen in der Psychiatrie-Personalverordnung. Der jetzt vorliegende Referentenentwurf für das neue Entgeltsystem ist allerdings dem gegenüber ein klarer Rückschritt, der nicht hilfreich ist und auch Patienteninteressen nur unzulänglich berücksichtigt, lautet das Urteil der Fachgruppe Psychiatrische Krankenhäuser des VKD.
Die Stellungnahme im Wortlaut unter www.vkd-online.de.
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