London, 22. November 2011 – Die European Parkinson’s Disease Association (EPDA) hat The European Parkinson’s Disease Standards of Care Consensus Statement veröffentlicht: Zum ersten Mal wird beschrieben, wie Menschen mit Parkinson betreut werden sollten. Das Dokument stellt außerdem ein Optimum Management Modell vor, das das Versorgungsniveau in ganz Europa erheblich verbessern könnte, wenn es von den politischen Entscheidungsträgern umgesetzt wird.
Mehr als 1,2 Millionen Menschen sind in Europa von Parkinson betroffen1 und diese Zahl wird sich voraussichtlich bis 2030 noch verdoppeln2. Parkinson ist, nach Alzheimer, die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung und die Verbreitung wird mit einer immer älter werdenden Bevölkerung weiter voranschreiten. Die wirtschaftlichen Auswirkungen dadurch sind immens – die Kosten für das europäische Gesundheitssystem sind zuletzt auf 13,9 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt worden.3
Die Konsenserklärung wurde zusammen mit europäischen Parkinson-Experten, Menschen mit Parkinson, Pflegekräften und 45 nationalen Parkinson-Organisationen entwickelt. In der Konsenserklärung werden neben alarmierenden Daten zu den aktuellen Kosten durch die Erkrankung innerhalb zahlreicher europäischer Länder auch detaillierte Informationen gegeben, wie wichtig eine frühe Diagnose für Menschen mit Parkinson ist. Ebenso bedeutend sind Überweisungen zu Fachärzten sowie ein gutes Angebot an unterstützenden Services und kontinuierlicher Versorgung, aber auch Fragen zur Therapietreue. Die Erklärung identifiziert acht Bereiche, auf die sich die europäischen politischen Entscheidungsträger konzentrieren sollten, um Änderungen zu bewirken. Insbesondere wird zu Folgendem aufgerufen:
• Initiativen zu unterstützen, bei denen Menschen mit Parkinson der gleiche Zugang zu qualitativ hochwertiger, spezialisierter medizinischer Versorgung in ganz Europa gewährleistet wird
• Ungleichheiten hinsichtlich der Behandlung von Parkinson und dem Management der Erkrankung zu verringern
• die finanzielle Unterstützung von Forschungsprojekten für Parkinson zu verbessern und Forschungsprioritäten zu identifizieren
• in optimale medizinische Behandlungs- und Erhaltungsstrategien zu investieren
• die Aufmerksamkeit für Parkinson in der Öffentlichkeit und in Fachkreisen zu erhöhen
• Stigmatisierung und Diskriminierung zu reduzieren
• die neurologische Versorgung in den europäischen Gesundheitssystemen zu verbessern
• adäquate finanzielle Unterstützung zu bieten, die eine kontinuierliche Arbeit von nationalen Parkinson-Organisationen gewährleistet
„Es gibt Möglichkeiten, die Versorgung von Menschen mit Parkinson hinsichtlich der medizinischen Behandlung und des Krankheitsmanagements zu verbessern. Die Konsenserklärung dient dazu, diese Möglichkeiten zu betonen”, sagte EPDA-Präsident Knut-Johan Onarheim. „Sie ist ein Aufruf an die politischen Entscheider, den Status quo zu ändern und zu erkennen, dass eine frühe und adäquate pharmakologische Intervention positive Auswirkungen auf die Gesellschaft haben kann. Die wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Einzelnen und für die Öffentlichkeit werden dadurch reduziert. Überdies zeigte sich, dass Menschen, die mit der Erkrankung leben, länger im Berufsleben bleiben und so ihre Lebensqualität verbessern sowie einen gesellschaftlichen Beitrag leisten können.”
Die ersten Ergebnisse der EPDA-Kampagne Move for Change, einer auf drei Jahre angelegten paneuropäischen Umfrage (Beginn im April 2010), die Menschen mit Parkinson befragte, wie das Leben mit der Erkrankung heutzutage in Europa sei, machten die Notwendigkeit für eine Parkinson-Konsenserklärung deutlich. Die Ergebnisse des ersten Jahres, die alarmierend aufzeigten, dass Ungleichheiten existieren, wurden in einer Sonderbeilage der Oktoberausgabe des European Journal of Neurology veröffentlicht.4
„Die Konsenserklärung ist einzigartig“, sagten Ex-MdEP und EPDA-Schirmherr John Bowis OBE. „Angeregt wurde das Projekt durch Erzählungen aus dem täglichen Leben von Menschen mit Parkinson – und mit ihnen und Parkinsonexperten zusammen entwickelt. Diese Erklärung ist die erste ihrer Art und hat zum Ziel, Gleichheit und eine Verbesserung in der medizinischen Behandlung und dem Management von Parkinson voranzutreiben – in Europa und auf nationaler Ebene. Sie sollte daher größtmöglich unterstützt werden.”
Um auf die Veröffentlichung der Konsenserklärung und die Ergebnisse der Move for Change-Kampagne hinzuweisen, aber auch, um für Parkinson bei politischen Entscheidungsträgern mehr Aufmerksamkeit zu gewinnen, veranstaltete die EPDA am 22. November ein Meeting im Europäischen Parlament mit dem Titel „Chronische Erkrankungen in einer älter werdenden Bevölkerung – Fokus auf Parkinson”. Das Meeting wurde von den MdEPs Linda McAvan und Frieda Brepoels initiiert und von Bowis moderiert. Teilnehmer waren unter anderem Maria Iglesia-Gomez und Paul Timmers, zwei hochrangige Europäische Kommissionsmitglieder im Bereich Öffentliches Gesundheitswesen und Politik.
„Bis heute hat sich sehr wenig getan im Hinblick auf die Definition von Parametern für eine gute Qualität in der Versorgung von Parkinsonpatienten – das wird sich nun ändern“, sagte Iglesia-Gomez. „Die Konsenserklärung zeigt praktische Strategien auf, die dabei helfen können, den Versorgungstandard von Parkinson in Europa zu verbessern. Dieses Dokument könnte zu keinem passenderen Zeitpunkt kommen als jetzt: Die älter werdende Bevölkerung in Europa und der aktuelle Fokus der Europäischen Kommission auf aktives und gesundes Altern passen sehr gut dazu.”
McAvan stimmte damit überein und fügte hinzu: „Die Konsenserklärung ist ein wichtiges Dokument, das dringend gebraucht wird. Sie zeichnet ein klares und deutliches Bild: Parkinson ist eine Erkrankung, die noch mehr Transparenz und Aufmerksamkeit benötigt. Sie gibt eine klare Richtung vor, der Politiker folgen können, um die medizinische Behandlung und das Management dieser chronischen neurodegenerativen Erkrankung zu verbessern.”
Brepoels kommentierte: „Ein parlamentarisches Event wie dieses ist eine hervorragende Plattform um diese Botschaft einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Es hilft außerdem dabei, die MdEPs zu identifizieren, die an diesem wichtigen Thema ein besonderes Interesse haben, und zeigt auf, wie die Unterstützung umgesetzt werden kann.”
Die European Parkinson’s Disease Standards of Care-Konsenserklärung steht zum Download auf www.epda.eu.com/parkinsons-consensus-statement zur Verfügung. Für Druckkopien wenden Sie sich bitte an info@epda.eu.com.
Literatur:
1. P Andlin-Sobocki et al, European Journal of Neurology 12 (Suppl 1) June 2005
2. E R Dorsey et al, ‘Projected number of people with Parkinson’s in the most populous nations, 2005 through 2030.’ Neuorology (2007) Jan 30;68(5):384.6
3. A Gustavsson et al, ‘Cost of disorders of the brain in Europe 2010, Eur.’ Neuropsychopharmacol (2011)
4. Die Move for Change-Veröffentlichung im European Journal of Neurology kann hier heruntergeladen werden http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1468-1331.2011.03532.x/abstract
Hintergrundinformationen
Morbus Parkinson
• Morbus Parkinson ist eine komplexe, fortschreitende chronische neurodegenerative Erkrankung, für die es bislang keine Heilung gibt.
• Morbus Parkinson betrifft alle Aspekte des täglichen Lebens und ist die häufigste neurodegenerative Erkrankung nach Alzheimer.
• Prognosen zufolge werden sich die Parkinson-Neuerkrankungen bis 2030 verdoppeln, was vorwiegend auf die immer älter werdende Bevölkerung zurückzuführen ist.
• Für einige Symptome der Erkrankung stehen Medikamente zur Verfügung – jedoch noch nicht für alle.
• Kontinuierliche Forschung hat zu erheblichen Verbesserungen geführt, aber weitere Fortschritte sind nötig, um die Erkrankung Parkinson zu verzögern, zu stoppen oder sogar zu heilen.
• Morbus Parkinson zeichnet sich in erster Linie durch Probleme mit Körperbewegungen, auch „motorische Symptome“ genannt, aus. Diese sind Tremor, Steifheit, Bradykinese und Haltungsinstabilität.
• Parkinson geht jedoch auch mit Symptomen einher, die nicht unmittelbar mit Bewegungsabläufen verbunden sind, „nicht-motorische Symptome“, wie Schlafstörungen, Verstopfung, Verlust des Geruchssinns, Depressionen, sexuelle Funktionsstörungen, Angstzustände und viele mehr.