fit und munter - Gute Noten für die Weiterbildung, schlechte Noten für die Arbeitsbedingungen / B

fit und munter

Gute Noten für die Weiterbildung, schlechte Noten für die Arbeitsbedingungen / B


"Junge Ärzte sind mit der Qualität ihrer
Weiterbildung zufrieden und bewerten diese heute sogar noch etwas
besser als vor zwei Jahren. Trotzdem folgt für viele Berufseinsteiger
nach dem Studium der Praxisschock, weil hohe Arbeitsbelastung,
Bürokratie und Überstunden ihren Berufsalltag prägen." So fasste Dr.
Franz-Joseph Bartmann, Vorsitzender der Weiterbildungsgremien der
Bundesärztekammer, die Ergebnisse der zweiten Befragungsrunde des
Projekts "Evaluation der Weiterbildung" zusammen. Bei dem Projekt von
Bundesärztekammer und Landesärztekammern haben rund 30.000 Ärztinnen
und Ärzte im Rahmen einer Online-Umfrage Auskunft über die Situation
der Weiterbildung in Deutschland gegeben. Mit der wissenschaftlichen
Auswertung der erhobenen Daten wurde die Eidgenössische Technische
Hochschule Zürich (ETHZ) beauftragt, die seit rund 15 Jahren eine
entsprechende Umfrage der Schweizer Ärztekammer begleitet.

Die Ergebnisse der Umfrage wurden fachgruppenbezogen in Form von
Mittelwerten dargestellt. Von den Weiterzubildenden waren 106 Fragen
zu acht verschiedenen Fragenkomplexen zu beantworten. Der Fragebogen
für die Weiterbildungsbefugten beinhaltet 60 Fragen. Die Bewertung
der einzelnen Fragen wurde überwiegend nach dem Schulnotenkonzept von
1 (trifft voll zu) bis 6 (trifft überhaupt nicht zu) vorgenommen.

Die Ergebnisse der Befragung, die von Juni bis September 2011 in
allen 17 Landesärztekammern stattfand, haben sich im Vergleich zu
2009 im Mittel in allen Fragekomplexen verbessert. Die
Globalbeurteilung fällt mit der Note 2,44 gut aus (2009: 2,54).
Dieser Trend spiegelt sich auch in den weiteren Fragekomplexen wider.
Mit Gut (2,09) bewerten die Weiterzubildenden die Betriebskultur.
Zufrieden sind sie auch mit der Vermittlung von Fachkompetenz (2,29)
und mit der Führungskultur (2,32). Dabei weichen die Einschätzungen
beim Vergleich der unterschiedlichen Fachrichtungsgruppen im
stationären Bereich kaum voneinander ab.

Wie bereits 2009 zeigen die Ergebnisse der aktuellen Befragung
aber auch, dass nach wie vor der ökonomische Druck den Arbeitsalltag
der Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung bestimmt. Unbezahlte
Überstunden, eine enorme Arbeitsverdichtung und immer mehr
nichtärztliche organisatorische Tätigkeiten sind für Ärzte an der
Tagesordnung. Mehr als die Hälfte der Weiterzubildenden (ca. 52
Prozent) hat das Gefühl, dass sie in der vertraglich geregelten
Arbeitszeit ihre Aufgaben nicht zur Zufriedenheit erfüllen können.
Rund 60 Prozent der Weiterzubildenden dokumentierten, dass
überbordende Bürokratie die Patientenversorgung und die Weiterbildung
gleichermaßen behindern. Von den Weiterzubildenden, die
Bereitschaftsdienste ausüben, können fast 30 Prozent nie oder nur
sehr selten die Ruhezeiten gemäß Arbeitszeitgesetz einhalten. Auch
müssen 66 Prozent nach Beendigung ihres Bereitschaftsdienstes
weiterarbeiten.

Dieser Befund müsse der Politik angesichts der aktuellen
Diskussion über den Ärztemangel in Deutschland zu denken geben,
sagte BÄK-Vorstandsmitglied Bartmann. "Mit dem
Versorgungsstrukturgesetz ist die Koalition zwar einen Schritt in die
richtige Richtung gegangen. Dem müssen aber weitere folgen, damit
sich endlich die Rahmenbedingungen für die Arbeit der Ärztinnen und
Ärzte verbessern. Das heißt: durch angepasste Stellenpläne Abbau von
Überstunden und Bürokratie und endlich auch mehr Angebote für die
Kinderbetreuung in den Krankenhäusern."

Die mit viel Aufwand vorgenommene Befragung belegt, dass die
Ärztekammern ihrer Verantwortung für die Berufseinsteiger nachkommen.
"Wir wollen Klarheit darüber haben, wo es Probleme gibt und wie sie
zu lösen sind. Niemand sollte aus Gründen mangelhafter Weiterbildung
ins Ausland wechseln oder gar in alternative Berufsfelder ausweichen
müssen", betonte Bartmann. Die Ärztekammern hätten größtes Interesse
daran, die Weiterbildungssituation in jeder einzelnen
Weiterbildungsstätte kontinuierlich zu analysieren. "Dass die
Ergebnisse der zweiten Befragung in allen Fragekomplexen besser
ausgefallen sind als 2009, zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg
sind", sagte Bartmann.

So kann jeder einzelne Weiterbildungsbefugte, für den eine
ausreichende Anzahl an Rückmeldungen von Weiterbildungsassistenten
vorliegt, seinen "Individuellen Befugten-Bericht" im
passwortgeschützten Bereich des Webportals einsehen. Für mehr als die
Hälfte der Befugten, die einen Bericht erhalten haben, waren die im
Rahmen der ersten Befragung 2009 gewonnenen Ergebnisse Anlass, die
Weiterbildung zu überdenken. Neu ist in diesem Jahr, dass nach
Zustimmung des Befugten auf die jeweilige Weiterbildungsstätte
bezogene, aggregierte Ergebnisse in grafischer Form - sogenannte
Ergebnisspinnen - auf den Internetseiten der Ärztekammern
veröffentlicht werden. Dies soll insbesondere den jungen Ärztinnen
und Ärzten dazu dienen, sich bei der Wahl der passenden
Weiterbildungsstätte zu orientieren.

Eine Übersicht der bundesweiten Mittelwerte der Befragung, der so
genannte Bundesrapport, ist ab sofort auf den Internetseiten der
Bundesärztekammer abrufbar. Die Ergebnisse für die jeweiligen
Bundesländer, die so genannten Länderrapporte, werden von den
Ärztekammern im Januar veröffentlicht.



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