Landesregierung startet Datenbank für Einsatz von Antibiotika in der Hähnchenmast - Kritik an Bundesministerin Aigner
Nordrhein-Westfalen zieht weitere Konsequenzen aus den Ergebnissen der Antibiotika-Studie. Als erstes Bundesland hat NRW heute die deutschlandweit erste Datenbank zum Einsatz von antimikrobiellen Substanzen in der Hähnchenmast gestartet. Tierärzte und Landwirte sollen hier Daten eingeben, wann und wie viele Antibiotika eingesetzt werden. "Wir haben ein massives Antibiotika-Problem in der Massentierhaltung, das hat unsere Studie gezeigt. Die Antibiotika-Datenbank ist eine erste Konsequenz daraus. Der Arzneimitteleinsatz in der Massentierhaltung muss für die Behörden transparenter werden", sagte Verbraucherschutzminister Johannes Remmel.
Das Landesamt für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz (LANUV) hatte im Auftrag des NRW-Verbraucherministeriums im Zeitraum Februar bis Juni 2011 insgesamt 962 Hähnchenzuchtdurchgänge aus 182 Beständen in NRW auf den Einsatz von antimikrobiellen Substanzen untersucht. Mitte November vorigen Jahres wurden die Ergebnisse der Studie präsentiert (www.antibiotikastudie.nrw.de). Demnach wurde nachgewiesen, dass in 83 Prozent der erfolgten Mastdurchgänge antimikrobielle Substanzen eingesetzt wurden. Insgesamt wurden 96,4 Prozent der Tiere aus den untersuchten NRW-Betrieben mit Antibiotika behandelt, lediglich bei weniger als 4 Prozent der Masthähnchen kam kein Wirkstoff zum Einsatz. Die antibiotikafreie Hähnchenmast sei nur noch die Ausnahme, stellte der Minister fest. Remmel: "Diese Art von Massentierhaltung wird auf Dauer keinen Bestand haben können ? auch, weil die Verbraucher kein Fleisch von Antibiotika-Hähnchen möchten."
Verbraucherschutzminister Remmel hatte seinerzeit politische Konsequenzen aus der bundesweit ersten Studie zum Einsatz von Antibiotika in der Hähnchenmast gefordert. "Wir wollen die Trendumkehr. Und dafür steht die Datenbank als ein erster Baustein. Weitere Maßnahmen müssen folgen. Kurz nach der Veröffentlichung der Studienergebnisse habe ich Bundesministerin Aigner bereits aufgefordert, eine Konferenz einzuberufen, in der alle Beteiligten ? Landwirtschaft, Tierärztinnen und Tierärzte, Wissenschaft und Verwaltung ? sich auf einen Fahrplan einigen, mit dem der Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung signifikant reduziert werden soll. In diesem Fahrplan sollen konkrete Reduzierungsziele bis hin zu einer grundsätzlich antibiotikafreien Tierhaltung vorgegeben werden", so Remmel. "Wir müssen die Antibiotika-Ströme in der Tierzucht endlich offen legen und wir brauchen einen konkreten Fahrplan, wie wir Antibiotika grundsätzlich aus den Ställen verbannen können."
Heinrich Bottermann, Präsident des LANUV, das die Datenbank eingerichtet hat, sagt: "Wir brauchen einen besseren Überblick über den Einsatz von Antibiotika. Die Daten werden bisher zwar von Tierärzten und Landwirten dokumentiert, aber nicht zentral erfasst und stehen somit den Behörden nicht zeitnah für ihre Überwachungstätigkeit zur Verfügung. Das Problem lösen wir mit unserer Datenbank." Die Eingabe erfolgt zunächst freiwillig, bis die Bundesregierung den notwendigen Rechtsrahmen schafft. Remmel: "NRW hat seine Hausaufgaben gemacht. Die Bundesregierung hingegen nicht. Wir fordern die durchgängige Transparenz der Handelswege vom Hersteller bis zur Anwendung im Tierstall und einen verbindlichen Reduktionsplan zur Verminderung des Antibiotika-Einsatzes um mindestens 50 Prozent in den nächsten drei Jahren." Bundesministerin Aigner müsse endlich ihre Blockadehaltung und Klientelpolitik zu Gunsten der Geflügelwirtschaft aufgeben, betonte der Minister.
"Jahrelang ist von der Geflügelwirtschaft und der Bundesregierung aus Union und FDP immer wieder versichert worden, dass der Einsatz von Antibiotika in der Tiermast nur die Ausnahme sei. Jetzt haben wir es schwarz auf weiß: Antibiotika-Einsatz ist die Regel und gängige Praxis", sagte Remmel. Es sei ein Bärendienst für den Verbraucherschutz, wenn Ministerin Aigner der Geflügellobby mehr Zugeständnisse mache als den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Remmel: "Die nordrhein-westfälische Landesregierung will die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher stärken und sie dadurch mächtig machen. Die Schaffung von Transparenz ist der erste Schritt dorthin."
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