Morbus Alzheimer steht für einen fortschreitenden geistigen Verfall, mit abnehmenden Erinnerungsvermögen, kognitiver Leistungsfähigkeit sowie neuropsychologischen Symptomen. Die Ursachen dieser Veränderungen lassen sich auf der Ebene der Nervenzellen nachweisen. Aus histopathologischer Sicht sind extrazelluläre herdförmige Substanzeinlagerungen – die so genannten Plaques, welche größtenteils aus Fibrillen des β-Amyloid-Peptids bestehen – sowie intrazelluläre Fibrillenbündel aus übermäßig stark phosphorylierten Tau-Proteinen (Neurofilament-Proteine) auffällig. Das Eiweiß-Plaque besitzt die Fähigkeit zu verklumpen und so die Kommunikation zwischen den Nervenzellen zu unterbrechen. Im Gehirn führt das zu einer verminderten Sauerstoff- und Energieversorgung. Doch auch aufgrund der hyperphosphorylierten Tau-Proteine werden Transportprozesse gestört, die Zelle verliert an Stabilität und stirbt zuletzt. Das Zellsterben im Gehirn wird als eine der ausschlaggebenden Ursachen für Alzheimer betrachtet.
Bisher konzentrierten sich die meisten Medikamente im Kampf gegen Morbus Alzheimer auf die Verhinderung beziehungsweise Reduzierung von Amyloid im Gehirn. Im Gegensatz dazu zielt das neue Medikament RemberTM (Methylthioniniumchlorid) erstmalig auf die Tau-Protein-Ablagerungen ab. In einer Untersuchung an 321 Patienten konnte mittels des neuen Wirkstoffes eine Verlangsamung des geistigen Verfalls bei 81% der Patienten erzielt werden. Dabei erhielten die Probanden mit einer leichten oder gemäßigten Form von Morbus Alzheimer täglich entweder 30, 60 oder 100 Milligramm RemberTM oder ein Placebopräparat. Die Ergebnisse zeigten eine positive Wirkung bei der Gabe von 60 Milligramm am deutlichsten. In den ersten 50 Wochen war eine deutliche Verbesserung der Schwere der Demenz zu verzeichnen und nach 19 Monaten war angeblich kein Verfall der geistigen Funktionen mehr feststellbar.
Erstaunlich ist, dass der RemberTM –Wirkstoff der Forschung nicht unbekannt sein dürfte. Methylthioninumchlorid oder auch Methylenblau genannt findet überwiegend Einsatz in der Mikrobiologie, zum Anfärben von Bakterien, in der Medizin zur Vorzeichnung der chirurgischen Schnittführung sowie pharmakologisch als Antirheumatikum, Antiseptikum und als Gegenmittel bei einigen Vergiftungen. Bei der Bekämpfung von Alzheimer besitzt RemberTM laut Aussagen der Forscher aus Aberdeen zwei entscheidende Effekte. Zum einen blockiert es die Bildung von Tau-Proteinen sowie deren Umformung zu Filamenten. Zum anderen ist der Wirkstoff in der Lage, Tau-Protein zu lösen und zu Monomeren zu reduzieren. Diese kleinen Moleküle wiederum können mit Hilfe von eiweißverdauenden Enzymen, den Proteasen, abgebaut werden.
Obwohl die leitenden Wissenschaftler um Professor Wischik es für denkbar halten, dass bereits 2012 RemberTM als Medikament auf den Markt kommen kann, fehlen doch noch entscheidende Aussagen über die Wirksamkeit der Substanz. Um diese Ergebnisse zu liefern, kündigten die Forscher weitere und größere Untersuchungen ab dem Jahr 2009 an.
Redaktion: Anja Baustian
Literatur: Alzheimer’s Association International Conference on Alzheimer’s Disease. 29.07.2008