Im Allgäu lebt´ ein Bäuerlein,
das schrieb sich Dieter Dorn,
bei dem kehrten die Leute ein,
wenns wehtat hint´ und vorn.
So mancher konnt´ nicht grad mehr stehn
und humpelt´ krumm ins Haus.
A Viertelstund drauf konnt´st ihn sehn,
da ging er grad hinaus.
Es möchte einem nicht durch die Gehirn- und die Gemütswindungen, das kleine Dorn-Lied in der Vergangenheitsform zu singen oder auch nur zu denken, aber es ist so: Am 19.Januar 2011 ist in Lautrach im Allgäu der Kleinbauer und Sägewerker und Musikant Dieter Dorn gestorben. Aber was heißt schon „sterben“? Laut Herkunftswörterbuch kommt dieses Wort von „starr und steif werden“. Erstarren? – so etwas ist bei einem Menschen wie Dieter Dorn undenkbar!
Jeden Tag hat man ihn mit neuem Interesse am Leben erlebt. Er hat ja – da die Dorn-Methode inzwischen weltweit verbreitet ist, darf man ruhig sagen – der Menschheit ein Geschenk gemacht. Aber was ist denn eigentlich diese Dorn-Methode? Ist sie wirklich nur Daumendrücken und Pendeln von Bein oder Armen? Nein! Da kommt noch einiges Wichtige dazu: Zuerst einmal das Fühlen. Die Dorn-Methode ist eine Fühl-Methode. „Tue nur, was Du fühlst!“ war, nein, ist einer der Kernsätze von Dieter Dorn. Dazu gehört auch: „Wichtiger als die Behandlung ist das Zeigen der Selbsthilfe-Übungen und eine solide Beratung.“ Dorn wollte immer den mündigen Betroffenen, der seiner Eigenverantwortung gerecht werden kann. Als Patient – lat. „patiens = der Leidende“ – mögen viele zu Dorn gekommen sein, aber sie verließen ihn als Re-con-valescente, und das bedeutet auf Deutsch als wieder mit ihren Kräften umgehen Könnende.
Jeden Abend, wenn die Arbeit im Sägewerk getan und die fünf Kühe im Stall versorgt waren, kamen ja ca. ein, zwei Dutzend Hilfesuchende. Dazu gesellten sich immer mehr Interessenten aus ganz Deutschland und den Nachbarländern, die kamen um zu lernen. „Ich bin oft Endstation.“ berichtete mir Dorn, als ich 1998 erstmals aufsuchte, um einen großen Bericht für Raum & Zeit über ihn zu schreiben. Viele hatten zuvor oft schon jahrelang und im weiten Umkreis vergeblich fachliche Hilfe gesucht. Die fachliche Hilfe war offensichtlich auf eine einfache Lösung der Probleme nicht eingestellt gewesen. Da sind wir beim Kern der Dorn-Methode: Wenn es nicht geht, dann sind wir darauf eingestellt, immer kompliziertere und noch kompliziertere Methoden anzuwenden. Dorn macht das gerade umgekehrt: Bei Dorn geht es einfach. Da kommt z.B. ein Mann in den 60ern. Das Gehen fällt ihm wegen großer Schmerzen offensichtlich schwer. Nach einer Viertelstunde geht er wieder, kopfschüttelnd: „Reinkommen bin ich mit Schmerzen wie d´Sau und naus spring ich wie a Junger….“
So einfach kam man bei Dorn davon. Zu dem „einfach“ gehörte aber nicht nur, dass man wieder schmerzfrei seine Gliedmaßen bewegen kann, sondern auch dass man versteht, wie es zu diesen Problemen kommt und wie man sie künftig vermeiden und ggf. selbst korrigieren kann. Der „Patient“ ging also im Grunde als „halber“ Therapeut wieder nach Hause, als jemand, der nicht die nächsten Schicksalsschläge fürchtet sondern sich ihnen gewachsen weiß. Jeder kann die Dorn-Methode in einem Tag lernen. Und jeder sollte sie lernen! Das ist ein wirklich lebensbedeutsamer Erste-Hilfe-Kurs.
Dieter Dorn hat ein höchst lebendiges Lebenswerk hinterlassen, an dem jeden Tag schon Tausende als Helfer ihre Freude haben, und es lernen immer mehr Leute die Dorn-Methode - weltweit. Dieter Dorn lebt offenbar weiter – nur nicht mehr bloß im Allgäu.
Franz Josef Neffe
Siehe auch: http://www.dorn-forum.info/artikel/nachruf.php