Ab sofort können sich Versicherte über Nutzen
und Schaden von Individuellen Gesundheitsleistungen auf einem eigenen
Internetportal informieren. Unter www.igel-monitor.de erhalten sie
wissenschaftlich fundierte Bewertungen zu sogenannten
Selbstzahlerleistungen. Entwickelt wurde die nicht-kommerzielle
Internetplattform vom Medizinischen Dienst des GKV-Spitzenverbandes
(MDS).
Rund 1,5 Milliarden Euro geben gesetzlich Versicherte pro Jahr für
Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) aus - für Leistungen also,
die ihnen in der Arztpraxis angeboten werden und die sie aus eigener
Tasche bezahlen müssen. "Bei den IGeL-Leistungen geht es vorrangig um
wirtschaftliche Interessen von Ärzten und nicht um notwendige
medizinische Leistungen für Kranke. Wir unterstützen deshalb das neue
Informationsportal des MDS. Es versetzt Versicherte in die Lage, auf
der Grundlage empirisch-medizinischer Bewertungen eine Entscheidung
zu treffen", so Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des
GKV-Spitzenverbands. "Darüber hinaus brauchen wir eine 24-stündige
Einwilligungssperrfrist, wenn solche Leistungen in der Arztpraxis
angeboten werden. Dann hätten Versicherte, denen eine der häufig
nutzlosen IGeL-Leistungen angeboten wird, ausreichend Zeit, um sich
ein eigenes Bild zu machen und frei zu entscheiden. Anders als Ärzte
in der Praxis hat der Medizinische Dienst keine eigenen finanziellen
Interessen bei der Frage, ob eine IGeL-Leistung durchgeführt wird
oder nicht."
Bei der Entscheidung, ob sie eine angebotene IGeL-Leistung in
Anspruch nehmen und damit einen privatrechtlichen Vertrag mit dem
Arzt eingehen wollen oder ob sie auf die angebotene und oft vom Arzt
empfohlene Leistung verzichten wollen, fühlen sich viele Patientinnen
und Patienten allein gelassen. Zwar sollte der Arzt sie sachlich und
umfassend aufklären, doch das ist nicht immer der Fall. "Eine
eigenständige Entscheidung können Versicherte ja überhaupt erst
treffen, wenn man Nutzen und möglichen Schaden einer
Untersuchungsmethode oder einer Behandlung kennt. Mit dem
IGeL-Monitor wollen wir Versicherten deshalb eine Entscheidungshilfe
im Umgang mit Individuellen Gesundheitsleistungen bieten, die
wissenschaftlich abgesichert, verständlich und transparent ist", sagt
Dr. Peter Pick, Geschäftsführer des MDS. "Wenn man eine erste Bilanz
unserer Bewertungen ziehen möchte, so schneidet die Mehrzahl der IGeL
nicht gut ab, einige sogar richtig schlecht. Für die Versicherten
bedeutet dies, hier besonders vorsichtig zu sein."
Wie lassen sich Nutzen und Schaden einer IGeL-Leistung ermitteln?
Die Bewertungen des IGeL-Monitors basieren auf den Methoden der
Evidenzbasierten Medizin (EbM). Das heißt: Für die Bewertung von
Nutzen und Schaden einer IGeL-Leistung recherchiert das aus
Medizinern und anderen EbM-Experten bestehende Team beim MDS in
medizinischen Datenbanken, trägt die Informationen nach einer
definierten Vorgehensweise zusammen und wertet sie systematisch aus.
Um Versicherte bei der eigentlichen Entscheidungsfindung für oder
gegen eine IGeL-Leistung zu unterstützen, wägt das IGeL-Team Nutzen
und Schaden gegeneinander ab und fasst das Ergebnis in einem
Gesamtfazit zusammen. "Wir bewerten die einzelnen IGeL nach einem
festgelegten Schema in fünf Kategorien: von "positiv", "tendenziell
positiv" und "unklar" bis zu "tendenziell negativ" und "negativ".
Dabei war uns wichtig, dass für jedermann nachvollziehbar ist, wie
wir zu unserer Nutzen-Schaden-Bilanz kommen", so die Projektleiterin
Dr. Monika Lelgemann.
Bisher sind 24 individuelle Gesundheitsleistungen im IGeL-Monitor
veröffentlicht, darunter solche, die häufig angeboten werden wie die
Glaukom-Früherkennung oder die Akupunktur zur
Spannungskopfschmerz-Prophylaxe. In sieben Fällen kamen die
Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass die Leistung als "tendenziell
negativ" zu bewerten ist. Bei vier Bewertungen wog der Schaden sogar
deutlich schwerer als der Nutzen - als Fazit bedeutete dies
"negativ". Waren Nutzen und Schaden der IGeL ausgewogen, oder waren
keine ausreichenden Daten auffindbar, um Nutzen und Schaden zu
beurteilen, so lautete das Fazit der Experten "unklar". Zu diesem
Ergebnis kamen die Wissenschaftler in sieben Fällen. Lediglich zwei
IGeL erhielten die Bewertung "tendenziell positiv". Außerdem wurden
vier Leistungen beschrieben, die per se nicht zum Leistungsspektrum
der gesetzlichen Krankenkassen gehören - unabhängig davon, wie
sinnvoll und hilfreich diese Maßnahmen unter Umständen sein können.
Hierzu gehören etwa die reisemedizinische Vorsorge und der
Sport-Check.
Wie sind die IGeL-Informationen strukturiert?
Alle Analyseschritte einer Bewertung sind auf dem IGeL-Monitor
dokumentiert. Jede bewertete IGeL wird in mehreren Schritten
dargestellt, die von Stufe zu Stufe ausführlicher und fachlicher
werden: Von einer zusammenfassenden Bewertungsaussage, mit der die
Nutzen-Schaden-Abwägung in einer von fünf Kategorien ausgedrückt
wird, über eine Kurzinformation für eilige Nutzer (IGeL-Info kompakt)
und eine ausführlichere Beschreibung (IGeL-Info ausführlich) bis hin
zu den für ein Fachpublikum hinterlegten Ergebnissen der
wissenschaftlichen Recherche und Analyse. "Je nach
Informationsbedürfnis können Nutzerinnen und Nutzer sich
unterschiedliche Stufen erschließen. Für medizinische Laien, die sich
auf einen Arztbesuch vorbereiten, mag in einigen Fällen schon die
IGeL-Info kompakt ausreichen. Andere wollen es vielleicht etwas
genauer wissen und lesen die ausführliche Version. Die beiden anderen
Stufen wenden sich an Fachleute. Damit haben vor allem auch Ärzte die
Möglichkeit, unsere Bewertungen nachzuvollziehen", so Lelgemann.
Welche Informationen bietet der IGeL-Monitor noch?
Versicherte erfahren außerdem, welche Leistung von den
gesetzlichen Krankenkassen bei den Beschwerden übernommen wird, für
die der Arzt ihnen die IGeL-Leistung anbietet. Außerdem erhalten sie
Auskunft über die Preisspanne, zu der eine IGeL angeboten wird.
Neben den Bewertungen informiert der IGeL-Monitor auch über andere
Aspekte des IGeL-Marktes. Er klärt darüber auf, wie IGeL zustande
kommen und wo man ihnen begegnet, und er fragt nach den Rollen und
Interessen von Ärzten, Herstellern und anderen beteiligten Gruppen.
Außerdem beleuchtet er in der Rubrik IGeL-Praxis, wie manche Ärzte
ihre Angebote vermarkten, mit welchen psychologischen Kniffen sie
dabei arbeiten und welche rechtlichen Fragen zu beachten sind. Und
schließlich gibt der IGeL-Monitor Tipps, wie sich Versicherte im
konkreten Fall verhalten können, wenn ihnen IGeL angeboten werden.
Für den IGeL-Monitor ist es wichtig, mit den Nutzern in Kontakt zu
kommen. Anregungen, Erfahrungen und Wünsche der Versicherten sollen
in die weitere Arbeit einfließen, etwa für die Auswahl zukünftiger
Bewertungen.
Weitere Information unter www.igel-monitor.de
Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der
Krankenkassen (MDS) berät den GKV-Spitzenverband in allen
medizinischen und pflegerischen Fragen, die diesem qua Gesetz
zugewiesen sind. Er koordiniert und fördert die Durchführung der
Aufgaben und die Zusammenarbeit der Medizinischen Dienste der
Krankenversicherung (MDK) auf Landesebene in medizinischen und
organisatorischen Fragen. Der GKV-Spitzenverband ist der Verband
aller 146 gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen. Als solcher
gestaltet er den Rahmen für die gesundheitliche Versorgung in
Deutschland; er vertritt die Kranken- und Pflegekassen und damit auch
die Interessen der 70 Millionen Versicherten und Beitragszahler auf
Bundesebene gegenüber der Politik, gegenüber Leistungserbringern wie
Ärzten, Apothekern oder Krankenhäusern. Der GKV-Spitzenverband
übernimmt alle nicht wettbewerblichen Aufgaben in der Kranken- und
Pflegeversicherung auf Bundesebene. Er ist der Spitzenverband Bund
der Krankenkassen gemäß § 217a SGB V.
Pressekontakt:
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