Wie viele Momente gehen verloren, wenn wir im Stau stehen oder an der Kasse, wenn wir in einem langweiligen Meeting sitzen? Wie viele Momente verschwenden wir, auf Partys, die uns gar keinen Spaß machen, bei der Arbeit, wenn wir unkonzentriert sind, oder wahllos im Internet herumsurfen? Und was würde passieren, wenn wir jeden dieser Momente als einmalige Gelegenheit betrachten, ruhiger, wachsamer, ausgeglichener und zufriedener zu werden? "Da man Zufriedenheit immer nur im Jetzt finden kann, im gegenwärtigen Moment, folgt daraus auch, dass es überhaupt keine Zeit in Anspruch nimmt. Es braucht nur einen Moment", ist Martin Boroson überzeugt. Und rüttelt mit seiner One Moment Meditation an dem Dogma, dass Meditation einem Ausdauertest gleichkommt: je länger, desto spiritueller.
"Diese Meinungen rühren zweifellos daher, dass unser spirituelles Erbe zum größten Teil von Mönchen, Nonnen, Einsiedlern und Propheten weitergegeben wurde - also von Menschen, die dem gewöhnlichen Leben entsagt haben, um jahrein jahraus in stiller Kontemplation zu verharren", meint Boroson. Die von ihm vorgeschlagene Meditationspraxis ist in ihrer Schnörkellosigkeit hingegen überall umzusetzen, wo sie gebraucht wird - in der Beziehung, in der Kindererziehung, sogar in der Politik, bei wirtschaftlichen Beschlüssen und öffentlichen Debatten.
Wer meditiert, findet zur inneren Ruhe. Den praktischen Nutzen davon konnten psychologische Studien inzwischen eindrucksvoll belegen: Meditation hebt die Stimmung an, vermindert Ängste, lindert Depressionen, senkt den Blutdruck, stärkt das Immunsystem und fördert Optimismus und Widerstandskraft. Borosons Ansatz macht diese Wirkung jedem zugänglich - auch denen, die täglich nur wenige Minuten dafür aufzubringen bereit sind.
Aber genügt ein einziger Moment, uns diesen Schatz zu erschließen? Vielleicht hilft es sich zu vergegenwärtigen, dass der "Moment" von einem lateinischen Wort abstammt, das so viel bedeutet wie: ein Partikel, der durchaus den Ausschlag zu geben vermag. So kann ein einziger Moment Heilung bringen. In einem einzigen Moment blitzt eine fantastische neue Idee auf. In einem einzigen Moment löst jemand ein Problem oder es meldet sich ein verschollener Freund.
Warum also sollte sich nicht in einem einzigen Moment ein Riss auftun, der eine völlig neue, friedvolle Realität preisgibt? "Durch die Meditation lernen wir, den Moment als etwas absolut Revolutionäres zu sehen: Jeder Moment kann dein Leben völlig auf den Kopf stellen", so Boroson. Deshalb hält er es nicht nur für möglich, in einem einzigen Moment zu meditieren, sondern sogar für geradezu entscheidend.
Fundiert, spielerisch und vor allem praktisch macht Boroson mit einer Technik vertraut, die nicht mehr als ein bis zwei Minuten täglich in Anspruch nimmt und einen in die Lage versetzt, sich im Laufe eines Tages viele Male aufzutanken. Ein Tag, der sich vollgestopft und hektisch anfühlt, wird zu einem Tag mit sehr viel Weite und unzähligen Möglichkeiten - völlig ohne Spannungen zwischen dem, was gerade geschieht, und dem eigenen Bewusstsein.