Seit mehreren Jahren sind Räder mit elektrischer Unterstützung der Renner - und ein Ende des Booms ist nicht abzusehen. Das mag auch daran liegen, dass die Fahrradhersteller in Sachen Innovation längst nicht mit ihrem Latein am Ende sind, wie der pressedienst-fahrrad anhand dieser acht aktuellen Modelle zeigt.
Fortschritt mit Rücktritt
Bei Sportfahrern hat der Rücktritt einen schlechten Ruf, doch die aktuellste Fahrradgattung, das Pedelec, hilft der altehrwürdigen Fußbremse wieder auf die Sprünge. "Vor allem ältere Kunden vermissen die seit der Kindheit gewohnte Bremse", erklärt Kurt Schär, Geschäftsführer des Pedelec-Spezialisten Biketec (www.flyer.ch), gegenüber dem pressedienst-fahrrad. Wenn man bedenkt, dass ein großer Teil der Pedelec-Käufer älteren Semesters sind, verwundert es schon fast, dass nicht noch mehr Hersteller auf den Rücktritt setzen - der Grund ist, dass viele Antriebsvarianten nicht mit dem Rücktritt kombinierbar sind, und auch der Panasonic-Motor, wie er bei den Flyer-Modellen eingesetzt wird, bietet diese Option erst seit Kurzem. Biketec bietet den Rücktritt etwa beim Modell "C5R Deluxe" an, in Verbindung mit einer Achtgang-Nabenschaltung von Shimano und kräftigen hydraulischen Felgenbremsen. Das spritzige E-Bike ist in drei Akku-Varianten zu Preisen ab 2.790 Euro erhältlich.
Grünes Rad der Sympathie
Auffällig unauffällig - so kommt das E-Bike-Konzept des schweizerischen Herstellers MTB Cycletech (www.mtbcycletech.com) daher: Im schlichten schwarzen Stahlrahmen des "e-Jalopy" dreht sich eine knallgrüne Box - der erste komplett integrierte Antrieb der Fahrradwelt. In der überdimensionierten Nabenhülse des "Greenwheel" stecken Elektromotor, Steuerung und sogar der Akku, wobei sich letzterer jedoch nicht mitdreht und deshalb keine zusätzliche Beschleunigungsenergie benötigt. Der Motor des amerikanischen Tüftlers Michael Lin ist einzigartig in der E-Bike-Welt; bisher unelektrifizierte Fahrradgattungen wie der coole Singlespeeder können so zum Pedelec mutieren. Wie das geht, macht MTB Cycletech vor: Geschaltet wird per Zweigang-Schaltgetriebe im Tretlager, ein wartungsfreier Riemenantrieb ersetzt die Kette. Mit knapp 20 Kilogramm ist das innovative E-Bike dabei ziemlich leicht. Einen Controller am Lenker braucht man übrigens auch nicht: Diese Funktion übernimmt beim e-Jalopy das Smartphone. Das in drei Rahmengrößen erhältliche E-Rad kommt im Sommer für 3.499 Schweizer Franken in den Fachhandel.
Siebenfach schalten lassen
Auf eine andere Weise innovativ ist das neue "C1 AGT" von Winora (www.winora.de), wobei das Kürzel für "Automatic Gear Transmission" steht, eine elektronisch gesteuerte Shimano-Siebengang-Schaltung. Der Zeitpunkt des Schaltens wird anhand von Parametern wie Trittfrequenz, Geschwindigkeit und sogar Neigung ermittelt, einen manuellen Modus gibt es natürlich auch. Die Schalt-Elektronik stammt vom Komponenten-Hersteller JD, der auch den TranzX-Vorderradantrieb des Winora fertigt. "Das neue System erhöht den Fahrkomfort und verbessert die Effizienz des Pedelecs", erklärt Knut Wohlgemuth von Winora gegenüber dem pressedienst-fahrrad. Das klingt nachvollziehbar und macht den Preis von 1.899 Euro für das innovative E-Bike noch attraktiver.
Ingenieurskunst mal drei
Vollfederungsspezialist riese und müller (www.r-m.de) bringt geballte deutsche Ingenieurskunst an sein komfortables Pedelec "Culture hybrid rohloff": Der Name weist bereits auf die auch nach fast 15 Jahren noch immer aktuelle 14-Gang-Getriebenabe der Kasseler Ingenieurfirma hin, dazu kommt der Mittelmotor des Elektronikriesen Bosch, dessen Einstieg in den Fahrradmarkt noch nicht allzu lange zurückliegt. "Die Paarung von Bosch und Rohloff ist ideal", wie Firmenchef Markus Riese urteilt - herkömmliche Schaltnaben haben nämlich Probleme mit dem starken Elektroantrieb. Die 14 Gänge sind dabei allen Fahrsituationen gewachsen, vom Steilstück mit zweistelligen Prozentzahlen bis zur Highspeed-Abfahrt. Und die ausgeklügelte Federung, ihrerseits auch ein Stück einheimische Ingenieurskunst, sorgt stets für Komfort und eine sichere Straßenlage. Das Culture hybrid rohloff ist für 4.999 Euro im Fachhandel erhältlich.
Rennlenker unter Strom
Elektrifizierte Mountainbikes sind inzwischen der große Trend der Branche, nur an Rennräder trauten sich die Pedelec-Hersteller bislang nicht heran. Kein Wunder, ist die Szene doch von jeher auf geringes Gewicht geeicht und somit gegenüber den Zusatz-Kilos des E-Motors skeptisch eingestellt; außerdem ist ein konventioneller 250-Watt-Antrieb, der bei 25 km/h abregelt, am Rennrad wenig sinnvoll - die meisten Sportler sind deutlich schneller unterwegs. Nun prescht Haibike (www.haibike.de) vor: Das Unternehmen weiß als Materialsponsor, wie Rennfahrer ticken, und verbaut in seiner Studie "eQ Race" einen starken Bosch-Motor, der bis 45 km/h schiebt, das Rad aber zulassungspflichtig macht. Der tief montierte Antrieb sorgt für satte Straßenlage und gutes Kurvenverhalten; Scheibenbremsen sind bei solch einer Asphalt-Rakete natürlich ein Muss. "Eine sehr aufregende Herausforderung", freut sich Haibike-Produktmanager Christian Malik. Und selbst wenn die Studie nie zur Serie wird: Das rekordverdächtige Gewicht von 16 Kilo wird sicher Einfluss auf andere Pedelec-Kategorien haben.
Elektro-Sportler
Nicht ganz so leicht ist das "Sport Pro" des Traditionsherstellers Hercules (www.hercules-bikes.de). 23,4 Kilo sind für ein komplett ausgestattetes Pedelec dennoch eine Ansage. Entsprechend fällt die Ausrichtung des mit starkem ION-Hinterradmotor ausgestatteten Modells eher sportlich aus: 40 Nm Drehmoment ermöglichen rasante Beschleunigung, Shimano XT-Scheibenbremsen das Gegenteil. Für Sicherheit sorgen die am Lenker platzierten Bedienelemente des Antriebs, der im Rahmen versteckte Akku lässt auch die Optik sehr dynamisch erscheinen. Passend gewählt ist auch die Bereifung: Der Schwalbe Marathon Supreme in 37 mm Breite ist ein echter Tourensportler mit geringem Rollwiderstand und bester Kurvenhaftung. Für 2.999 Euro ist der Elektro-Sportler erhältlich.
Elektrischer (F)Lieger
Noch schneller ist man auf dem Liegerad "Speedmachine" von HP Velotechnik (www.hpvelotechnik.com). Die flache Position auf dem Lieger ist ohnehin von Vorteil, weil sie den Luftwiderstand reduziert. Das Manko der Liegeräder, die Bergfahrt, kann mit dem kräftigen BionX-Motor mit 48 Volt nun auch ausgebügelt werden. Am knapp 22 Kilo leichten Tourenlieger dürfte der Zusatzantrieb ohnehin vor allem am Berg einspringen, dazu auch noch beim Anfahren - Reisegeschwindigkeiten oberhalb des Regelbereichs von 25 km/h sind bei der Speedmachine nämlich nicht ungewöhnlich. "Durch den geringen Luftwiderstand wird die Akkuleistung noch besser ausgenutzt, die Reichweite verlängert sich", erklärt Paul Hollants von HP Velotechnik. So bietet sich der E-Lieger für lange Touren in anspruchsvollem Gelände an. Praktisches Detail: Die Rekuperationsfunktion des Antriebs dient als Motorbremse und speist dabei Strom zurück ins System. Der Tourenlieger, für den jede Menge Zubehör erhältlich ist, steht für 4.530 Euro beim Fachhändler.
Versteckter Speicher
Dezente, elegante Optik ist typisch für den niederländischen Edelhersteller Koga (www.koga.com) - das gilt auch für seine E-Bikes: Beim "E-Tour" ist der Akku in den Rahmen integriert, sodass man das flotte Tourenrad kaum als Pedelec erkennt. Der kleine Nachteil dieser Lösung wurde beim 2012er Modell beseitigt: "Nun lässt sich der im Unterrohr versteckte Li-Ion-Akku einfach entnehmen", erklärt Koga-Produktmanager Martin Schuttert. Das Rad kann also vorm Haus geparkt werden, der Akku regeneriert sich derweil in der warmen Wohnung. Das rundum hochwertig ausgestattete E-Bike ist so stimmig gestaltet, dass es einen iF Product Design Award einheimsen konnte. Und mit 2.999 Euro ist das Rad gerade für ein Koga eher zurückhaltend ausgepreist.