Klaus Müllers Buch stellt nicht nur die Geschichte der hospizlichen Aids-Bewegung dar, sondern zeigt sehr anschaulich Motivationen, Zusammenhänge und Entwicklungen der hospizlichen und der Aids-hospizlichen Entwicklung in Deutschland auf.
Zur Entwicklung der Hospizbewegung in den 80er Jahren in Deutschland, (erste Gründungen von Hospizinitiativen, Hospizen und Palliativstationen), fand parallel das Auftreten der Immunschwächekrankheit Aids statt. 1981 wurde in den USA erstmals dieses Krankheitsbild als Syndrom erfasst, und führte dort zu Massenhysterie, Hetzkampanien und einer extremen Ausgrenzungen von Schwulen. 1983 wurde aufgrund medialer Horrorszenarien die breite Öffentlichkeit auf diese Krankheit aufmerksam. Um in Deutschland nicht mit der gleichen Situation wie in den USA konfrontiert zu werden, organisierten sich sehr früh gesellschaftspolitisch motivierte Schwule um engagiert in der Öffentlichkeit für Ihre Rechte zu kämpfen. 1983 wird in diesem Zuge die deutsche AIDS-Hilfe gegründet.
Aids holte das Thema Tod und Sterben nachhaltig in die deutsche Gesellschaft zurück. Um für den aktuellen Versorgungsbedarf Angebote für aidserkrankte Männer zu schaffen, wurden Aids-Hilfen gegründet, die auch mit der Realisierung von ambulanten und stationären Hospize beschäftigt waren. Als sexuell übertragbare, nicht heilbare Krankheit setzte Aids neben Ängsten auch immense Energien in Politik und Gesellschaft frei. Die hohe emotionale Betroffenheit in der Gesellschaft sorgte für die Bereitstellung umfangreicher finanzieller Mittel durch die öffentliche Hand. Aids war damals eine Krankheit, die junge Männer in der Mitte der Gesellschaft betraf und deren Verlauf mangels Therapiemöglichkeiten innerhalb von Wochen oder Monaten zum Tod führte. In dieser Zeit dem hospizlichen Anspruch Aidskranker gerecht zu werden, war einerseits eine gesellschaftliche Herausforderung, andererseits aber waren auch die Bedürfnisse an Aids erkrankten, schwulen Männer im bisherigen, bereits in Teilen vorhandenen hospizlichen und palliativen Versorgungseinrichtungen, neu und ungewöhnlich.
Dr. phil. Klaus Müller MPH, ist Krankenpfleger, Berufspädagoge und Gesundheitswissenschaftler. Klaus Müller war an unterschiedlichen Forschungsprojekten beteiligt, u.a. beim Forschungsprogramm hospiz.geschichte-zukunft, seit 2006 am Institut für interdisziplinäre Forschung der Universität Klagenfurt/Wien und dem Institut für Soziologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Er ist Preisträger des Ehrenpreises Wissenschaft des DHPV 2010.