fit und munter - Neue Untersuchung: Schmerzmittel-Doping im Freizeitsport

fit und munter

Neue Untersuchung: Schmerzmittel-Doping im Freizeitsport


Regelmäßiger Sport und Bewegung sind
wirksame Therapien bei Schmerzkranken. »Sport kann Schmerzen lindern
und sogar die weitere Chronifizierung von Schmerzen aufhalten«,
erklärt Dr. Michael Küster, Schmerztherapeut in Bonn-Bad Godesberg
auf dem Deutschen Schmerz- und Palliativtag in Frankfurt/Main.
Allerdings schlucken auch viele an sich gesunde Freizeitsportler vor
einem Marathonlauf Schmerzmittel, um Muskelkater und Gelenkschmerz zu
verhindern. Dieser sorglose Umgang mit Schmerzmitteln kann fatale
Folgen haben. Das zeigen Umfragen und Untersuchungen beim Bonn-
Marathon, die Küster in Frankfurt präsentierte.

Viele Freizeitsportler wollen Schmerzen lindern oder vorbeugen.
Vor allem moderate Ausdauersportarten wie Laufen, Schwimmen und
Radfahren verordnen Schmerzmediziner auch ihren Patienten, die unter
chronischen oder wiederkehrenden Schmerzen leiden. »Eine
Langzeitstudie über 14 Jahre belegt beispielsweise, dass bei
sportelnden Patienten mit chronischen Rückenschmerzen die Beschwerden
im Laufe der Zeit nicht schlimmer werden, wohingegen sportlich
Inaktive in diesem Zeitraum eine deutliche Zunahme ihrer Schmerzen
erfuhren«, sagt Dr. Michael Küster, Schmerztherapeut in Bonn-Bad
Godesberg. Dies gilt besonders für Frauen über 60 Jahre: »Wenn diese
nie Sport gemacht haben, werden die Schmerzen mit großer
Wahrscheinlichkeit nach Studienlage deutlich zunehmen«, erklärt
Küster, »während sportliche Aktivitäten gerade bei diesen
Patientinnen die Schmerzen sehr günstig beeinflussen.«

SCHMERZMITTEL-DOPING BEIM MARATHON

Im Leistungssport ist der Konsum von Schmerzmitteln weit
verbreitet. Immer wieder räumen Spitzensportler ein, dass die
Painkiller »wie Bonbons« eingeworfen werden. Doch wie ist die
Situation bei Freizeitsportlern? Um dies herauszufinden hatte Michael
Küster im Jahr 2009 erstmals die Teilnehmer des Bonner Marathons nach
ihrem Schmerzmittelkonsum befragt. Das Ergebnis sorgte damals für
Schlagzeilen: Jeder zweite Marathoner räumte ein, vor dem Start
Schmerzmittel zu nehmen, um Muskel- und Gelenkschmerzen vorzubeugen,
jedoch hatten nur wenige Starter bereits vor dem Start Schmerzen.

SCHWERE NEBENWIRKUNGEN

Im Jahr 2010 legte Küster dann nach: Die Läufer wurden vor dem
Lauf vor dem unkritischem Schmerzmittelkonsum vom Veranstalter
gewarnt, die Studienergebnisse und weiterführende Literatur wurde
allen per Mail zugesandt. Gleichzeitig lief erneut eine Umfrage, an
der sich 4000 Sportler beteiligten. Allerdings ging es bei dieser
nicht mehr nur um den Medikamentenkonsum, sondern auch um dessen
Folgen, die lebensbedrohlich sein können.

Die nun unlängst abgeschlossene erste Auswertung der Daten, die
demnächst publiziert werden, hat die Experten ernüchtert: »Am
Einnahmeverhalten hat sich praktisch nichts geändert«, stellt Küster
fest, »die Warnungen sind quasi verpufft.« Das war die eine schlechte
Nachricht. Die andere: Mehr als die Hälfte der Sportler, die
Schmerzmittel genommen hatten, litt unter Nebenwirkungen. Da meistens
Nichtsteroidale Antirheumatika eingenommen werden (Ibuprofen,
Acetylsalicylsäure etc.) dominieren Nebenwirkungen im
Magen-Darm-Bereich und an den Nieren. »Blutiger Urin, blutiger
Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Herz-Kreislauf Probleme«, resümiert
Küster das Spektrum. Einige Läufer erlitten ein akutes
Nierenversagen, einige Sportler, die Acetylsalicylsäure geschluckt
hatten, bekamen einen Herzinfarkt oder behandlungsbedürftige blutende
Magengeschwüre in den ersten Stunden nach Beendigung des Marathons.

SCHMERZMITTEL BEIM SPORT RICHTIG EINSETZEN

»Freizeitsportler müssen über diese Risiken weiter aufgeklärt
werden«, fordert Küster, der folgende Tipps für Freizeitläufer
formuliert:

1. Wer schon vor dem Lauf unter starken Gelenkschmerzen leidet,
sollte nicht mitlaufen.

2. Schmerzmittel, die vor oder während dem Lauf eingenommen
werden, schaden mehr als sie nutzen.

3. Schmerzmittel sollten, wenn überhaupt, erst nach dem Lauf
eingenommen werden und auch erst dann, wenn der Kreislauf zur Ruhe
gekommen und der Läufer ausreichend Flüssigkeit getrunken hat.

4. Isotone Lösungen, die ein Gramm Kochsalz pro Liter enthalten,
können Probleme mit Herz, Kreislauf und Nieren vermeiden.

5. Wichtig ist eine gründliche Vorbereitung und ein guter
sportmedizinischer Check. Wer plant, an einem Marathon teilzunehmen,
sollte sich darauf ein Jahr lang vorbereiten und nicht einfach
drauflos laufen. Regelmäßiges Training lässt die Schmerzschwelle
steigen.



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