Unter dem Titel "Keine Kriminalisierung von Menschen mit HIV!" hat
die Deutsche AIDS-Hilfe heute ein Positionspapier veröffentlicht.
Darin fordert der Dachverband der Aidshilfen in Deutschland die
Abschaffung der Strafbarkeit selbstbestimmter sexueller Handlungen,
bei denen HIV übertragen worden ist oder hätte übertragen werden
können ("HIV-Exposition").
Solange die HIV-Übertragung und -Exposition noch kriminalisiert
werden, müssen Gerichte zumindest berücksichtigen, dass eine gut
funktionierende HIV-Therapie genauso wirksam vor der Übertragung des
Virus schützt wie Kondome.
"Die strafrechtliche Sanktionierung der sexuellen HIV-Übertragung
bürdet Menschen mit HIV einseitig die Verantwortung auf und schadet
der HIV-Prävention", sagt DAH-Vorstandsmitglied Carsten Schatz. "Es
ist Zeit, diese diskriminierende und kontraproduktive Rechtspraxis
endlich zu beenden. Für den Schutz vor HIV sind immer alle
Beteiligten verantwortlich, nicht nur HIV-Positive."
DAH-Geschäftsführerin Silke Klumb erklärte am Freitagmorgen bei
der Pressekonferenz zur Eröffnung der Münchner AIDS- und
Hepatitis-Tage: "Wer das Strafrecht als Mittel der HIV-Prävention
begreift, geht von falschen Annahmen aus. Die Strafbarkeit verhindert
keine Infektionen, sondern begünstigt die Verbreitung von HIV. Sie
suggeriert Menschen, dass allein die HIV-Positiven für den Schutz
zuständig sind. Die erfolgreiche Prävention in Deutschland beruht
aber auf dem Grundprinzip, dass jeder Mensch sich selbst schützen
kann, wenn man ihm die Möglichkeit dazu eröffnet."
Die Kriminalisierung der HIV-Übertragung schadet der Prävention
auch deswegen, weil sie zur Stigmatisierung von Menschen mit HIV
beiträgt. Das kann zur Folge haben, dass HIV-Positive sich nicht
trauen, ihre Infektion sowie Schutz vor einer Übertragung zu
thematisieren. Da nur bestraft wird, wer von seiner Infektion weiß,
kann die Kriminalisierung außerdem Menschen vom HIV-Test abhalten.
Das ist fatal, denn HIV-Infektionen werden unter anderem dann
effektiv verhindert, wenn möglichst viele Menschen von ihrer
Infektion wissen und sich behandeln lassen.
Die Deutsche AIDS-Hilfe hofft auf eine breite gesellschaftliche
Debatte zu diesem Thema. Justiz, Politik und Medien sind aufgerufen
klarzustellen: Die Verantwortung für den Schutz vor HIV lässt sich
nicht delegieren. Gefragt ist stattdessen ein offenes
gesellschaftliches Klima, in dem Sexualität, Rausch und HIV keine
Tabus sind. Wer sich gegen die Diskriminierung von Menschen mit HIV
einsetzt, nützt auch der Prävention.
Bereits Ende Februar hat die Deutsche AIDS-Hilfe die "Osloer
Erklärung" unterzeichnet, in der Organisationen und Menschen aus
zahlreichen Ländern ein Ende der Strafbarkeit fordern. In der Schweiz
wird ein entsprechendes Gesetz voraussichtlich bald modifiziert, so
dass die HIV-Übertragung nicht mehr strafbar sein wird.
Weitere Informationen und das Positionspapier zum Download:
http://ots.de/eA80f
Informationen über die rechtliche Situation:
http://www.aidshilfe.de/de/leben-mit-hiv/recht/strafrecht
Pressekontakt:
Holger Wicht (Pressesprecher)
Tel.: 030 69 00 87 16
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