(NL/1043792356) Sehr geehrter Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner!
Mit Freude nehmen wir zur Kenntnis, dass unter Ihrer Federführung eine Arbeitsgruppe eingesetzt wurde, die bundesweit gültige Mindeststandards für elementare Bildungseinrichtungen erarbeiten soll.
Die auf der Homepage Ihres Ministeriums angeführte Studie des Österreichischen Institutes für Familienforschung (ÖIF) - Working Paper - beweist einmal mehr den fast schon gebetsmühlenartig vorgebrachten Hinweis der davon betroffenen Institutionen und Personen, dass die österreichische Versorgungssituation mit Betreuungseinrichtungen für Kinder bis zum sechsten Lebensjahr regional höchst unterschiedlich ist und von einer Chancengleichheit sowohl für Eltern/Alleinerziehende und deren Kinder als auch für die in den Kindertageseinrichtungen tätigen MitarbeiterInnen und die TrägerInnenorganisationen bei weitem nicht die Rede sein kann.
Die Plattform EduCare und viele weitere ExpertInnen aus dem Elementarbildungsbereich weisen seit Jahren darauf hin, dass es nicht sein kann, dass Eltern in den verschiedenen Bundesländern z.B. unterschiedliche Betreuungsschlüssel, höchst differierende Öffnungszeiten und in wesentlichen Punkten moderner Elementarpädagogik gravierende Auffassungsunterschiede zu Bildung und Betreuung in Kauf nehmen müssen. Die unterschiedliche Gesetzgebung der Bundesländer im Elementarbildungsbereich erschwert die Umsetzung innovativer Betreuungsprojekte und die Verbesserung pädagogischer und struktureller Qualität, ja verunmöglicht geradezu - neben unzureichender Aus- bzw. Fort- und Weiterbildung - die Umsetzung des „Bundesländerübergreifenden BildungsRahmenPlans für elementare Bildungseinrichtungen in Österreich“ und dessen „Bildungsplan-Anteil zur sprachlichen Förderung in elementaren Bildungseinrichtungen Aktualisierte Version, Juni 2009“ sowie des „Moduls für das letzte Jahr in elementaren Bildungseinrichtungen“ bzw. der entsprechenden Leitlinien in den einzelnen Bundesländern.
Bei den Beratungen des besonderen Ausschusses zur Vorberatung des Volksbegehrens Bildungsinitiative vom 1. März.2012 (Vorschulische Einrichtungen und Frühpädagogik) bestand breiter Konsens sowohl der Damen und Herren Abgeordneten als auch der hinzugezogenen ExpertInnen hinsichtlich der Notwendigkeit, die Kompetenzzersplitterung, welche in Österreich im Elementarbildungswesen besteht, zu beenden.
Der Bund würde daher eine klare Zuständigkeit in den Bereichen Ausbildung, Qualitätssicherung sowie Dienst- und Besoldungsrecht brauchen.
Zu diesem Themenbereich besteht breiter gesellschaftlicher Konsens: seitens der überwiegenden Anzahl der TrägerInnen-Einrichtungen jeglicher Herkunft, Ideologie, Partei, Konfession, pädagogischer Lehrmeinung und Schule auch von Seiten der Berufsvertretungen ebenso wie auch zum Beispiel von Caritas, Diakonie, Arbeiter- und Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung und ÖGB.
Die Plattform EduCare hat bereits vor Jahren ein Arbeitspapier für ein Bundesrahmengesetz erstellt, welches als Grundlage für parlamentarische Anträge der SPÖ (2006) und der GRÜNEN (2009) war und nun in den Entschließungsantrag der Abgeordneten Daniela Musiol, Freundinnen und Freunde betreffend Bundeskompetenz Elementarpädagogik vom 08.03.2012 eingeflossen ist, der dem Familienausschuss zugewiesen worden ist.
Derzeit ist in eine Arbeitsgruppe der Plattform EduCare damit beschäftigt, dieses Papier den heutigen Gegebenheiten entsprechend umzuarbeiten.
Sehr geehrter Herr Bundesminister, alle Kinder haben im Sinne der UN-Konvention über die Rechte des Kindes einen Anspruch auf einen bedürfnisgerechten Platz in einer elementaren bzw. außerschulischen Bildungseinrichtung. Kinder mit besonderen Bedürfnissen haben ein Recht auf spezifische Angebote. Eltern bzw. Elternteile haben einen Anspruch auf bedarfsgerechte und für alle Familien leistbare elementare bzw. außerschulische Bildungseinrichtungen.
Wir gehen davon aus und begrüßen, dass Sie, sehr verehrter Herr Bundesminister, die ersten notwendigen Vorarbeiten in Richtung bundeseinheitliches Kindergarten- und Horte- Gesetz eingeleitet haben. Die in der Plattform EduCare vertretenen Institutionen und Personen appellieren daher an Sie, dringend ein
Bundesrahmengesetz zur Qualitätssicherung in elementaren und außerschulischen Bildungseinrichtungen den neuesten Erkenntnissen und Gegebenheiten entsprechend
unter Einbeziehung der betroffenen Einrichtungen und MitarbeiterInnen sowie ExpertInnen ausarbeiten zu lassen und darauf hinzuwirken, dass dem Nationalrat eine
Regierungsvorlage zur Änderung der Kompetenzgrundlagen für den vorschulischen Bildungs- und Betreuungsbereich im Bundes-Verfassungsgesetz
ehebaldigst vorgelegt wird.
Wir dürfen von der Erwartung ausgehen, dass Sie die in der Plattform EduCare vertretenen RepräsentantInnen in die eingangs angesprochene Arbeitsgruppe zur fachlichen Konsultation miteinbeziehen und nennen als
Ansprechperson für die Koordinierung Frau Direktorin Mag. Dr. Heidemarie Lex-Nalis,
die unter der E-Mail-Adresse heide.lex-nalis@plattform-educare.org bzw. unter der Telefonnummer 43 (664) 4634580
erreichbar ist.
Wir freuen uns auf Ihre Antwort!