fit und munter - Bio-Wein darf ab Jahrgang 2012 auch so heißen

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Bio-Wein darf ab Jahrgang 2012 auch so heißen

Empfingen:Schon seit einiger Zeit wurde auf EU-Ebene darüber diskutiert, ob Biowein auch als Biowein bezeichnet werden darf. Bislang durfte korrekterweise nur davon gesprochen werden, dass es sich um"Wein aus kontrolliert-biologisch angebauten Trauben"handelt.

Wie Ralph Munz, der Gründer des OASIS-Versandes dazu mitteilt, lag der Grund für diese etwas sperrige Sprachregelung darin begründet, dass es auf EU-Ebene bislang zwar klare Regeln für den Anbau der Trauben gab. Nicht jedoch für die Vinifizierung, also für die Weinbereitung im Keller. Diese gesetzlichen Regeln gibt es nun, so dass der gesamte Prozess der Weinherstellung klaren Regeln unterworfen ist.

Die einzelnen Mitgliedsländer der Europäischen Union konnten sich lange Zeit z.B. nicht auf Höchstmengen bei der Schwefelung der Weine einigen. Die Ansichten gingen weit auseinander.

Nun gibt es auch hier klare Regelungen und die EU hat folgende neue Höchstwerte für für den Schwefeleinsatz in zertifizierten Bio-Weinen festgelegt:

Für Rotwein ? 2g Restsüße = 100 mg/Liter Schwefeldioxid.

Bei allen anderen Weinen müssen die Bioweine 30 mg/Liter weniger Schwefeldioxid aufweisen, als konventionelle Weine.

Dies bedeutet, dass sich die Biowinzer vor allem bei trockenen Rotweinen einer hohen Herausforderung stellen müssen. Denn hier sind die zugelassenen Gehalte von Schwefeldioxid jetzt sehr gering.

Warum wird den Weinen überhaupt Schwefeldioxid zugesetzt?

Zwei seiner wichtigsten Eigenschaften sind der Schutz vor mikrobiellen Veränderungen einerseits und dem Schutz vor Oxidation andererseits. Jeder kennt sicher das schnelle Braunwerden eines aufgeschnittenen Apfels. So ungefähr ergeht es einem Wein mit zu wenig Schwefel. Um es auf einen Nenner zu bringen: Der Winzer möchte hochwertigen, leckeren Wein produzieren und keinen Essig.

Ohne Schwefelung läuft der Wein Gefahr, seinen reinen, sortentypischen Charakter zu verlieren. Außerdem ist die Haltbarkeit und Lagerfähigkeit des Weines ohne Schwefelung sehr gering, da der Wein viel schneller oxidiert.

Um mit so niedrigen Schwefelgehalten auszukommen, wie sie die EU jetzt ab Mitte 2012 verbindlich für Bio-Weine vorschreibt, ist noch extrem viel mehr Sorgfalt und Können im Keller erforderlich, als dies bei vergleichbaren konventionellen Weinen und deren Schwefelhöchstmengen möglich wäre.

Auf die Frage nach seinen langjährigen Erfahrungen mit den Biowinzern lacht Munz und erzählt: "Ich konnte in den vielen Jahren und bei vielen Begegnungen mit den Biowinzern feststellen, dass diese schon immer sehr sorgfältig und sehr zurückhaltend mit der Schwefelung ihrer Weine umgegangen sind. Denn wer ungleich viel mehr Mühen beim Traubenanbau im Weinberg auf sich nimmt, geht mit dem kostbaren Lebenselixier auch viel sorgfältiger um. Nicht zuletzt deshalb, weil dieser Biomost sehr viel teurer erzeugt werden musste als vergleichbarer, aus konventionell angebauten Trauben".

Auch die vereinzelt angebotenen schwefelfreien Weine sind für den OASIS-Versand zumindest bislang keine echte Alternative. Denn diese Weine verkörpern für Munz einen ganz anderen Weinstil. "Außerdem sind sie nach unserer Erfahrung nach dem Öffnen der Flasche nur kurz haltbar und nur wenig lagerfähig" so der Bioweinhändler aus dem schwäbischen Empfingen weiter.

Um näher zu erläutern, wie sich die Situation in den Bioweinbaubetrieben verändern könnte, verweist Ralph Munz auf das nachfolgende Interview, das er mit mit Gerhard Schwarztrauber aus der Pfalz geführt hat. Er ist langjähriger Biowinzer und betreibt seit 26 Jahren den Anbau nach Biolandrichtlinien.

Bekommen wir jetzt
ganz andere Bioweine?

OASIS-Versand: Gerhard, kannst Du in Zukunft unter Beachtung der niedrigen Schwefelgehalte noch hochklassige, trockene Bio-Rotweine herstellen, die lange lagerfähig sein werden?

Schwarztrauber: Ich bin sicher das wird uns gelingen, auch wenn unsere langjährige Erfahrung als Winzer noch mehr gefordert werden wird. Und das gilt vom noch individuelleren Anbau der Trauben über das Lesen und Pressen, bis hin zur Vinifizierung im Keller.

OASIS-Versand:
Und bei welchen Konstellationen siehst Du Schwierigkeiten?

Schwarztrauber: Nach einem heißen Sommer verfügen die Weine über sehr niedrige Gehalte an traubeneigener Weinsäure, dann wird es sehr sehr schwierig. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir und so mancher andere Biowinzer dann unseren Rotwein nicht ganz so trocken ausbauen, also über 2g Restsüße bleiben. Also ein Wert, der immer noch sehr trocken ist. Schon seit Jahren muss ich als Bioland Verbandmitglied übrigens mit der Schwefelung schon 30% unter den sonst üblichen Höchstmengen bleiben.

OASIS-Versand: Warum braucht man denn überhaupt eine Schwefelung des Weines?

Schwarztrauber: Der Schwefel, genauer gesagt das Schwefeldioxid verhindert die Oxidation des Weines. Außerdem sorgt es dafür, dass die Weine lagerfähig bleiben. Wenn ich z.B. einen Weißwein ganz ohne Schwefel ausbauen müsste, dann bekäme ich schnell oxidative Noten. Der Wein altert im Zeitraffertempo. Fruchtige, reintönige (Weiß)-Weine wie wir sie heute lieben wären völlig ohne Schwefelung nicht möglich.

OASIS-Versand: Was ist denn überhaupt das Problem an der Schwefelung? Bringt die Schwefelung aus Deiner Sicht gesundheitliche Probleme für den Menschen und hängen mit dem Schwefel evtl. auch die Kopfschmerzen zusammen, die manche Menschen nach dem Genuss von bestimmten Weinen haben?

Schwarztrauber: Ich sehe in moderaten Schwefelgaben kein wirkliches Gesundheitsproblem. Schon die Römer haben Schwefel im Weinkeller eingesetzt und er gilt allgemein als gut verträglich. Heute verwenden wir im Schnitt 50% weniger Schwefel als noch vor 40 Jahren.

Kopfschmerzen nach dem Weingenuss kommen nicht vom Schwefel, sondern von natürlichen im Wein vorkommenden Histaminen (allgemeiner: biogenenen Aminen). In der Vergangenheit wurde zwar immer der Schwefel für den "dicken Kopf" verantwortlich gemacht - eine Aussage die sich wissenschaftlich aber nicht mehr halten lässt. Menschen, die auf Histamine reagieren sollten eher zu Weißwein greifen

OASIS-Versand: Wie wirst Du auf die neuen strengen Grenzwerte reagieren?

Schwarztrauber: Unser Streben, die Weinqualität immer noch ein bisschen zu steigern führt dazu, dass wir im Weinberg noch viel individuellere und aufwändigere Feinarbeit leisten und auf die jeweiligen Bedürfnisse von Rebsorten und Böden eingehen. Nur so können wir ein noch hochwertigeres Lesegut produzieren als heute schon. Dies hilft uns quasi nebenbei Schwefel einzusparen.

Und von der Weinpresse über die Fässer bis zur Flasche werden wir zukünftig noch mehr wienern müssen als bisher schon. Wenn uns Petrus einigermaßen gut gesonnen bleibt, wird es uns sicher gelingen weiterhin Spitzen-Bioweine herzustellen.

OASIS-Versand: Wir sind schon gespannt auf den Jahrgang 2012. Vielen Dank für Deine Auskünfte!

Das Interview führte Ralph Munz,
Geschäftsführender Gesellschafter, OASIS-Versand, Empfingen.


Nachdruck honorarfrei. Belegexemplar erbeten.

Autor: Guy de Lichtenstein.
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