Berlin - Die Arzneimittelausgaben der Krankenkassen könnten schon bald wieder deutlich steigen. Darauf hat die AOK hingewiesen. Der Bundesrat stimmt am Freitag (30. März) über seine Stellungnahme zur Novelle des Arzneimittelgesetzes ab. Darin wird die Bundesregierung aufgefordert, Einschränkungen bei den Arzneimittelrabattverträgen vorzunehmen und eine Befreiung vom gesetzlichen Herstellerabschlag für Pharmaunternehmen zu erleichtern. "Diese Forderungen entsprechen eins zu eins den Forderungen des Lobbyverbandes der großen Generikaunternehmen", sagte Uwe Deh, Geschäftsführender Vorstand des AOK-Bundesverbandes, am Freitag in Berlin. Die AOKs haben die Gesundheitsminister der Länder aufgerufen, den Änderungswünschen nicht zustimmen.
"Wie schon im Fall der frühen Nutzenbewertung für neue Medikamente versucht die Pharmalobby erneut, über Kungeleien im Hinterzimmer Gesetze auszuhebeln, von denen die Versicherten in erheblichem Umfang profitieren", sagte Deh. Die Ausschüsse der Länderkammer habe eine Lobbyforderung aufgegriffen, wonach Krankenkassen nach Ablauf des Patentschutzes für ein Medikament zwei Jahre lang keinen Rabattvertrag mit dessen Hersteller abschließen dürfen. "Das wäre nichts anderes als eine Lizenz zum Gelddrucken für die führenden Großen der Generikabranche", sagte Deh.
"Es gibt kein belastbares Beispiel dafür, dass durch den Rabattvertrag einer Krankenkasse mit dem Originalhersteller nach Patentablauf der Generikawettbewerb behindert wurde", erläuterte Dr. Christopher Hermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg und Chefverhandler für die bundesweiten AOK-Arzneimittelrabattverträge. "Am Markt setzen sich die Unternehmen durch, die das beste Preis-Leistungs-Verhältnis für die Solidargemeinschaft der GKV bieten."
Hermann erinnerte daran, dass erst die Arzneimittelrabattverträge den Generika-Wettbewerb im Gang gebracht hätten: "Gegen erheblichen Widerstand hat die AOK 2007/2008 die altbekannte Oligopolstellung der Marktführer Hexal, Ratiopharm und Stada gebrochen. Bis dahin auf dem deutschen Markt chancenlose Pharmaunternehmen haben durch die alle zwei Jahre neu ausgeschriebenen Rabattverträge deutliche Umsatz- und Absatzmöglichkeiten erhalten."
Es wäre daher nach Ansicht Hermanns völlig verfehlt, wenn der Bundesrat jetzt Wettbewerbsbeschränkungen zu Lasten der Beitragszahler der gesetzlichen Krankenversicherung auf den Weg bringen würde. Es bleibe zu hoffen, dass die Bundesregierung an ihrer erst kürzlich im Rahmen einer kleinen Anfrage geäußerten Position festhalte, wonach sie keine Notwendigkeit für die Umsetzung entsprechender Änderungswünsche sieht.
Neue AOK-Rabattverträge ab April
"Die AOK setzt weiter auf das Erfolgsmodell der Arzneimittelrabattverträge", unterstrich Hermann. Anfang April geht die inzwischen 7. Vertragstranche an den Start. Die Versorgungsverträge mit 34 einzelnen Pharmaunternehmen oder Bietergemeinschaften umfassen 95 Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen. Der Umsatz der AOK mit den betreffenden Arzneimitteln lag zuletzt bei 1,9 Milliarden Euro. "Durch die neuen und zwei noch parallel laufende Vertragstranchen erwarten wir allein in diesem Jahr Einsparungen von bis zu einer Milliarde Euro", sagte Hermann.
2011 haben die gesetzlichen Krankenkassen durch Rabattverträge insgesamt knapp 1,6 Milliarden Euro gespart (AOK: 683 Millionen). Inzwischen schließen alle gesetzlichen Krankenkassen - allein oder im Verbund - Versorgungsverträge für Generika ab. "Die Rabattverträge sind das einzige Instrument, mit dem eine Krankenkasse ihre Ausgaben für Medikamente individuell, flexibel und effektiv steuern kann", so Hermann.
Mehr Informationen zu den AOK-Arzneimittelrabattverträgen und eine Übersicht der laufenden Verträge finden Sie online: http://www.aok-bv.de
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