Bremen/Castrop-Rauxel. Laut Marburger Bund, der Vertretung von Ärzten in Krankenhäusern, ist trotz eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) von vor über sechs Jahren die Lage von übermüdeten Ärzten bedrohlich geblieben. Mit Verweis darauf, dass die Dienstpläne noch immer nicht überall den rechtlichen, aber auch arbeitsmedizinischen Erfordernissen angepasst sind, sagt der Marburger Bund: „Tagesdienste vor und nach einem Bereitschaftsdienst führen dazu, dass Ärzte über 30 Stunden am Stück im Einsatz sind – Überlastung, Übermüdung und schließlich Patientengefährdung sind die Folgen. Es steht außer Zweifel, dass ein übermüdeter Arzt anfälliger für Fehler ist und somit ein Risiko für Patienten darstellt.“ Erst, so konstatiert der Marburger Bund, seit immer mehr Ärzte das EuGH-Urteil vom 2. Oktober 2000 mit dem Titel "Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit" erfolgreich für sich einklagen und der Mangel an Ärzten offensichtlicher wird, ist die Politik bereit, über die Arbeitssituation in Kliniken zu sprechen. Die Politik ist jedoch nur eine Zielgruppe: So sind bis heute viele Dienstpläne in den Krankenhäusern nicht gesetzeskonform und halten Ärzte in einer dauerhaft belasteten Arbeitssituation, die viele Patienten während eigener ambulanter oder stationärer Behandlung erfahren, wenn sie dunkle Ringe unter den Augen derer sehen, die Profis einer guten Gesundheit sein sollen.
Jetzt ist ein Handbuch für ganz ausgeschlafene Ärzte erschienen. Die Volkswirtin Swantje Luecke-Markus hat auf 164 Seiten beschrieben, wie die Dienstpläne in Krankenhäusern richtig geschrieben und umgesetzt werden. Luecke-Markus: „An vielen Krankenhäusern habe ich die Anpassung der Dienstpläne projektiert und dieses Wissen in meinem neuen Buch praktisch, analytisch und Service-orientiert beschrieben.“ Da in Krankenhäusern das Quartett von Leitung, Ärzten, Pflegern und Betriebsräten bei dem Thema Arbeitszeit und Dienstpläne mitspielen, sind Veränderungsprozesse komplex und häufig zu kompliziert, dass scheinbar einfache Veränderungen, so die Anpassung der Dienstpläne an bestehende Rechts- und arbeitsmedizinische Rechtsnormen, erfolgreich umgesetzt werden. Das Handbuch führt mittels Checklisten, Musterbetriebsvereinbarungen und der Beschreibung der richtigen Arbeitszeitmodelle aus der täglich erlebten Krise übermüdeter Ärzte, die regelmäßig 65 bis 70 Stunden in der Woche arbeiten und häufig nicht mehr in Ruhe bei sich und den Patienten sind.
Die erste Auflage ist im Juli 2008 erschienen. Bereits jetzt zeigt sich eine hohe Nachfrage. Luecke-Markus wird sowohl von Ärzten als auch von Geschäftsführungen angerufen, die richtige Arbeitszeitmodelle einrichten wollen: „Mein Handbuch ist kein Krimi von Henning Mankell. Es beschreibt nüchtern, wie Arbeitszeit zu organisieren ist. Aber ich muss schon sagen, dass das, was ich erlebt habe, ganz klar im Widerspruch zum Anspruch der professionellen Gesamtversorgung im Gesundheitswesen steht. Ärzte zerbrechen, leiden und erfüllen nicht mehr das, derentwegen viele von ihnen Arzt geworden sind. Mein Buch hilft, den Ärzten helfen.“