Das verheerende Ergebnis des Bewertungsberichts des
Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen
(IQWIG) in der frühen Nutzenbewertung für das Cannabis-Präparat
Sativex zur Behandlung der MS (Multiple Sklerose)-induzierten Spastik
beruht offenbar auf einer Fehlinterpretation der vom Gemeinsamen
Bundesausschuss (G-BA) vorgegebenen Vergleichstherapie seitens des
IQWiG. Nur durch diese an den Beweggründen des G-BA vorbeigehende
Interpretation konnte das Institut sämtliche vorgelegte Studien des
Herstellers aus dem Bewertungsverfahren ausschließen und somit seine
Einschätzung "kein Zusatznutzen belegt" treffen. "Der G-BA ist
gefordert klarzustellen, dass die vom Hersteller gewählte
Vergleichstherapie den G-BA-Vorgaben im Grundsatz entspricht. Daher
müssen die vorgelegten Zulassungsstudien als Grundlage der frühen
Nutzenbewertung berücksichtigt werden. Bleiben sie weiterhin
unberücksichtigt, wird die Evidenz über den Zusatznutzen von Sativex
zum Schaden der betroffenen Patienten ignoriert. Dieser Fall macht
auch deutlich, dass es einer schriftlichen Begründung der
Vergleichstherapie durch den G-BA dringend bedarf, damit das IQWiG
eine Frühbewertung nicht durch eigenwillige Auslegungen torpedieren
kann", kommentiert Henning Fahrenkamp, Hauptgeschäftsführer des
Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie e.V. "Dass eine solche
eingehende Begründung der zweckmäßigen Vergleichstherapie in diesem
Fall nicht vorliegt und das IQWiG sich nun zu eigenen
Interpretationen aufschwingt, darf nicht zu Lasten der betroffenen
Patienten, der behandelnden Ärzte und des Herstellers gehen."
Der G-BA hat als zweckmäßige Vergleichstherapie für die Bewertung
des Cannabis-Präparats eine optimierte Therapie mit mindestens einem
von zwei anderen, für die Behandlung der MS-induzierten Spastik
zugelassenen Wirkstoffen, festgelegt. Auf Basis dieser optimierten
Therapie hat der Hersteller seine klinischen Studien aufgebaut, wobei
das Cannabis-Präparat zusätzlich zur bestehenden Medikation
eingesetzt wurde. Nach Ansicht des IQWiG ist das mit den
Zulassungsbehörden vereinbarte Studiendesign jedoch ungeeignet, da
das Institut eine darüber hinausgehend weitere fortlaufende
Optimierung mit den bereits optimiert eingesetzten Medikamenten
fordert und somit die Behandlungswirklichkeit ad absurdum führt.
"Leider zeigt sich erneut, dass das IQWiG nicht gewillt ist, dem G-BA
eine brauchbare Bewertungsgrundlage zur Entscheidung über den
Zusatznutzen eines Arzneimittels auf Basis der Zulassungsstudien zur
Verfügung zu stellen. Diese Haltung verkennt unter anderem auch, dass
Zulassungsstudien für jetzt eingeführte Arzneimittel bereits vor
etlichen Jahren begonnen wurden. Seinerzeit war an eine frühe
Nutzenbewertung noch nicht zu denken. Die Daten des Herstellers
machen den Zusatznutzen unter Beachtung der Festlegungen des G-BA
sehr deutlich, wenn man diese Festlegungen richtig verstehen und die
vorgelegten Daten dann auch bewerten würde. Das IQWiG muss sich
fragen lassen, ob es therapeutische Verbesserungen vorsätzlich
negieren will", so Fahrenkamp. "Im "lernenden System" lernen alle
hinzu - bis auf das IQWiG".
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