Wettbewerb "Ideenpark Gesundheitswirtschaft" der
'Financial Times Deutschland' bereits zum siebten Mal veranstaltet /
Drei siegreiche Projekte kommen aus Berlin, zwei aus Hannover /
Jeweils ein Projekt aus Köln, Hanau, Potsdam, Saarbrücken und
Oldenburg gekürt / Preisträger im Rahmen der FTD-Konferenz
"Gesundheitswirtschaft 2012" in Berlin geehrt
Die Gewinner des Wettbewerbs "Ideenpark Gesundheitswirtschaft" der
'Financial Times Deutschland' stehen fest. Aus dem Kreis der
insgesamt fast 100 Bewerber wählte eine hochkarätig besetzte Jury die
zehn besten Projekte aus. Die Preisträger des bereits zum siebten Mal
veranstalteten Wettbewerbs wurden am Dienstag im Rahmen der
FTD-Konferenz "Gesundheitswirtschaft 2012" in Berlin gekürt. Drei der
ausgezeichneten Projekte kommen aus Berlin, zwei aus Hannover.
Jeweils ein Mal trugen sich Teilnehmer Köln, Hanau, Potsdam,
Saarbrücken und Oldenburg in die Sieger-Liste ein.
Zur Teilnahme waren Unternehmen, Institutionen und Einzelpersonen
der gesamten Gesundheits-Branche aufgerufen. Eingereicht werden
konnten vielversprechende Ideen mit einer reellen Chance auf
Umsetzung, Pilotprojekte sowie Konzepte, die sich bereits in der
Praxis erfolgreich bewähren, und das Gesundheitssystem effizienter,
transparenter und qualitativ besser machen. Entscheidungskriterien
für die Auszeichnung waren der Innovationsgrad sowie die Relevanz,
Effizienz, Durchsetzbarkeit und Reichweite der einzelnen Projekte.
Die Techniker Krankenkasse und das Immanuel Krankenhaus in Berlin
überzeugte die Jury mit einem neuen Ansatz bei der Behandlung von
Rheumatoider Arthritis. Statt allein auf die Schulmedizin zu setzen,
bieten sie den Patienten in Berlin und Brandenburg seit dem 1. Januar
2012 auch naturheilkundliche und alternative Behandlungsmethoden wie
Kältekammer- oder Blutegel-Therapie an. Ziel ist es, die Schmerzen,
deren Stärke anhand einer Skala bewertet wird, um die Hälfte zu
verringern.
Die vom Deutschen Hausärzteverband ins Leben gerufene Initiative
HausMed eHealth Services aus Berlin wurde für ihr Angebot
ausgezeichnet, das Versicherte unter anderem bei der
Raucherentwöhnung und beim Abnehmen unterstützt. Das
Zwölf-Wochen-Programm, der so genannte HausMed Coach, begleitet die
Teilnehmer auf dem Weg in ein gesünderes Leben und kann zu
Präventionszwecken oder im Rahmen der Betreuung chronisch Kranker
eingesetzt werden. Den Ablauf stimmen der Internet-Coach und der
jeweilige Hausarzt individuell auf den Patienten ab. Mehr als 600
Hausärzte machen inzwischen bei dem im März 2010 gestarteten Projekt
mit. Rund 16 Millionen Versicherte können sich bisher die Kosten von
ihrer Krankenkasse erstatten lassen.
Das Berliner Sieger-Trio komplettiert die ClinPath GmbH, die die
"Intelligente Toilette" entwickelt hat. Durch einen Einsatz in der
Toilettenschüssel werden beispielsweise der Glucosegehalt sowie die
Färbung und Trübung des Urins gemessen. Gleichzeitig erfassen
Sensoren an der Toilettenbrille Gewicht, Temperatur und Blutdruck.
Alle Daten werden aufgezeichnet und können per Funk an
Pflegeeinrichtungen oder einen Arzt übermittelt werden.
Verschlechtern sich die Befunde, kann das medizinische Personal
sofort reagieren. Der Prototyp der Toilette ist bereits fertig und
soll künftig nicht nur in Kliniken und Seniorenheimen eingesetzt
werden, sondern auch im privaten Bereich. Älteren Patienten soll dies
ermöglichen, länger zu Hause wohnen zu können, ohne dabei auf
medizinische Versorgung verzichten zu müssen.
Die Medizinische Hochschule Hannover und die Techniker
Krankenkasse wurden für ihr Projekt gekürt, das schonende
Narkoseverfahren, neue Schmerztherapien und Operationsformen auch in
der Kinderchirurgie etablieren soll. Bei erwachsenen Patienten gehört
diese so genannte Fast-Track-Methode inzwischen zum Standard, bei
Kindern allerdings noch nicht. Das Verfahren verzichtet auf Schläuche
und Sonden - auch die kleinen Patienten sollen schnell nach dem
Eingriff wieder mobil sein und selbst essen können. Auch nach
größeren Operationen können Kinder bereits nach drei Tagen die Klinik
wieder verlassen. Und auch für die Kliniken bietet das Modell einen
Vorteil: Durch die kürzere Verweildauer lohnt sich Fast-Track auch
wirtschaftlich.
Als zweites Projekt aus der niedersächsischen Landeshauptstadt
würdigte die Jury den digitalen Mutterpass, den die KKH-Allianz ihren
Versicherten anbietet. Seit Oktober 2011 können sich werdende Mütter
den Mutterpass, den es in Deutschland als Heft für alle relevanten
Daten von Mutter und Kind seit 1961 gibt, in Form einer kostenlosen
App für das Smartphone im iTunes Store der Firma Apple herunterladen.
Ist das Programm auf dem Mobiltelefon installiert, übernimmt es
wichtige Funktionen für die Schwangere. Ist das errechnete
Entbindungsdatum eingegeben, erstellt sich ein kompletter
Schwangerschaftskalender automatisch. Die App erinnert die Frauen an
Termine für Ultraschalluntersuchungen oder an Fristen für behördliche
Anträge, beispielsweise für das Muttergeld. Darüber hinaus gibt es
Informationen zum theoretischen Entwicklungsstand des Babys, zu
wichtigen Gesundheitsdaten und ausführliche Erklärungen zur
Schwangerschaft.
Zu den zehn Preisträgern des FTD-Wettbewerbs "Ideenpark
Gesundheitswirtschaft" zählt auch das Projekt "Notfall-Lineal".
Entwickelt und vorangetrieben von Dr. Jost Kaufmann, Oberarzt der
Abteilung für Kinderanästhesie am Kinderkrankenhaus der Stadt Köln,
hat die Techniker Krankenkasse gemeinsam mit Kooperationspartnern in
Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland eine Initiative
gestartet, die es Sanitätern erleichtern soll, die richtige
Arzneidosis für Kinder zu finden. Da lediglich bei einem sehr kleinen
Teil der Notfalleinsätze Kinder betroffen sind, haben die
Rettungssanitäter nur wenig Erfahrung mit den kleinen Patienten. So
werden Medikamente, die im Notfall Leben retten sollen, bei Einsätzen
mit Kindern drei Mal so häufig falsch dosiert wie bei Erwachsenen -
dies kann gefährliche Auswirkungen haben. Mit dem Notfall-Lineal ist
es möglich, die genaue Größe zu ermitteln und somit auch das Gewicht
zu errechnen. Auf dem Lineal selbst finden die Retter außerdem
Dosierungsempfehlungen für die wichtigsten bei Notfällen eingesetzten
Medikamente. Alle 1.200 Einsatzfahrzeuge in den drei Bundesländern
sowie Hubschrauber wurden inzwischen mit dem Lineal ausgestattet.
Mit einem optimierten Versorgungs- und Finanzierungskonzept für
psychische Erkrankungen trumpften die Techniker Krankenkasse, die AOK
Hessen und das Klinikum Hanau auf. Das bereits gestartete Projekt
verbessert die Therapie der Versicherten und koppelt die Vergütung an
ein finanzielles Anreizsystem. Um die Therapie der Patienten zu
strukturieren, gibt es Fallmanager. Diese kontrollieren nicht nur den
Behandlungsplan, sondern halten auch den Kontakt zwischen den
Versicherten und den Leistungserbringern. Die Vergütung orientiert
sich nicht an den bekannten Regionalbudgets oder Pflegesätzen,
sondern ordnet die Patienten in verschiedene Gruppen ein. Die
Vergütung hängt also vom Schweregrad der Erkrankung ab - und von der
Einordnung in stationäre oder ambulante Versorgung.
Die AOK Nordost mit Hauptsitz in Potsdam sicherte sich mit dem
AOK-Gesundheitsnetz einen Platz unter den zehn besten Projekten. Das
Gesundheitsnetz soll - ähnlich wie beim Franchising - Ärztenetze
unter dem Dach einer Marke vereinen. Schon länger arbeitet die AOK
Nordost mit verschiedenen Ärztenetzen zusammen. Diese
selektivvertragliche Partnerschaft ist für die Gesundheitsversorgung
der Region wichtig. Für die Kassen sind die einzelnen Verträge
allerdings unübersichtlich und treiben aufgrund des kasseninternen
Bürokratieaufwands die Kosten in die Höhe. Mit dem
AOK-Gesundheitsnetz bündelt die Kasse nun ihre Aktivität mit den
Netzwerken der hausärztlich-basierten, integrierten Versorgung. Die
meisten Selektivverträge sind indikationsbezogen - es geht also nicht
um Erfolg der Therapie oder Anzahl der Patienten, sondern lediglich
um eine Krankheit, für die ein besonderer Vertrag mit entsprechender
Vergütung ausgehandelt wird. Das Projekt der AOK geht einen anderen
Weg: Es bietet die Möglichkeit, Module für Service- oder
Versorgungsangebote aufzusetzen. Die Kassen und die Ärztenetzwerke
schließen lediglich einen Rahmenvertrag. Das erspart den Kassen den
internen Aufwand, und die Ärzte behalten ihre Autonomie.
Die IKK Südwest mit Hauptsitz in Saarbrücken kann sich ebenfalls
über eine Auszeichnung freuen. Gemeinsam mit der RpDoc Solutions GmbH
und der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland hat sie ein Projekt
gestartet, das es ermöglicht, das Risiko des plötzlichen Herztodes
durch Wechselwirkungen von Medikamenten zu erkennen und zu vermeiden.
Das weltweit erste Projekt dieser Art folgt einem dreistufigen Plan.
Zunächst müssen die Abrechnungsdaten der Krankenkasse vorliegen, um
sie dann im zweiten Schritt durch eine spezielle Software auf
risikoreiche Doppelmedikationen oder mögliche Wechselwirkungen
zwischen Arzneimitteln zu untersuchen. Im dritten Schritt arbeiten
die Krankenkasse und die Kassenärztliche Vereinigung zusammen, um das
Risiko des plötzlichen Herztods durch falsche Arzneimitteltherapie zu
vermeiden. Der das Risiko minimierende Arzt wird dabei extrabudgetär
durch die IKK Südwest vergütet.
Schließlich wählte die Wettbewerbs-Jury auch das Oldenburger
Projekt Pflegeschule.de der drei Studienfreunde Clemens Meyer-Holz,
Timo Heinemann und Oliver Diestel unter die zehn besten Ideen. Durch
den demografischen Wandel wird Pflege zum Zukunftsthema. Diese
Entwicklung greift das Internet-Portal als virtuelle Anlaufstelle für
transparente Informationen zu Pflegeberufen auf. Mit einer speziell
programmierten Software können Anbieter von
Weiterbildungseinrichtungen ihre Kurse auf der Internetpräsenz
veröffentlichen, Buchungen annehmen und ein Homepage-Baukasten-System
für einen eigenen Internetauftritt nutzen. Weiterbildungsträger und
Pflegekursanbieter zahlen eine monatliche Grundgebühr für diesen
Service, Hochschulen und Universitäten können sich kostenlos auf dem
Portal vorstellen. Das Projekt ist bisher als Testversion online. Es
gibt aber bereits namhafte Kooperationspartner wie beispielsweise die
Krankenkasse Barmer-GEK.
Zur Jury des siebten Wettbewerbs "Ideenpark Gesundheitswirtschaft"
der FTD gehörten Prof. Dr. Reinhard Busse, Professor für Management
im Gesundheitswesen an der Fakultät Wirtschaft und Management der
Technischen Universität Berlin, Dr. Peter Langkafel, Healthcare
Industry Director EMEA bei SAP Deutschland, Prof. Heinz Lohmann,
Gesundheitsunternehmer, Sophia Schlette, Koordinatorin für
europäische und internationale Beziehungen beim Gemeinsamen
Bundesausschuss, Prof. Dr. Jürgen Wasem, Inhaber des Alfried Krupp
von Bohlen und Halbach-Stiftungslehrstuhls für Medizinmanagement der
Universität Duisburg-Essen, und Dr. Nikolaus Förster, Mitglied des
Chefredakteurkollegiums der G+J Wirtschaftsmedien.
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