fit und munter - Blasenkrebs: Die unterschätzte Krankheit

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Blasenkrebs: Die unterschätzte Krankheit

Neoblase ermöglicht beschwerdefreies Leben
Blasenkrebs ist eine tückische Krankheit, weil sie sich nicht im Vorfeld durch einfache Untersuchungen diagnostizieren lässt. Zum Beispiel kann Prostatakrebs durch die Ermittlung des sogenannten PSA-Wertes unkompliziert bei Blutuntersuchungen erkannt werden. Erstes Indiz für Blasenkrebs ist das Sichtbarwerden von Blut im Urin. "Harnblasenkrebs wird noch immer unterschätzt, befindet sich Blut im Urin, sollte man unbedingt auf eine Blasen-Spiegelung bestehen", betont Profes-sor Dr. Axel Heidenreich, Direktor der Urologischen Klinik am Universitätsklinikum Aachen.

Zu einer Fehleinschätzung der Krankheit kommt es auch, weil eine Vielzahl der Erkrankten weder im Seniorenalter ist noch einen unvernünftigen Lebensstil pflegt. Viele sind sportlich aktive Menschen und ernähren sich gesund und vollwertig. Speziell sie halten sich nicht für Risikogruppen. Trotzdem kommt es zur Erkrankung.

An erster Stelle der Risikofaktoren steht das Rauchen. "Alle Gifte, die damit in den Körper gelangen, müssen von der Blase verkraftet werden", beschreibt Heidenreich die Gefährdung. Berufsgruppen, die mit chemischen Substanzen in Berührung kommen (Arsen, Farben, Lacke, Gummi-, Öl-, Glas-, Eisen- und Aluminium-verarbeitende Industrie) tragen ein erhöhtes Risiko. Bei diesen Berufsgruppen sind Vorsorgeuntersuchungen sinnvoll. Wichtig dabei ist eine mikroskopische Urinun-tersuchung, bei der auch minimale, für das bloße Auge nicht sichtbare Blutbeimengungen entdeckt werden. Das Harnblasenkarzinom ist für diese Berufsgruppen als Berufskrankheit anerkannt und sollte der Berufsgenossenschaft gemeldet werden. Krebsfördernd ist bei Missbrauch auch die Einnahme von Schmerzmitteln.

Bei der Blasen-Spiegelung zeigt sich nicht selten, dass sich in der Blasenschleimhaut gleich mehrere Tumore in unterschiedlichen Stadien befinden. "Liegt ein Tumor noch in der Blasenschleimhaut, kann man ihn von innen organerhaltend entfernen und den Betroffenen mit in die Harnblase eingegebenen Chemotherapeutika behandeln", erläutert Heidenreich. Unter bestimmten Voraussetzungen kommt auch der Tuberkulose-Impfstoff BCG (Bacillus Calmette-Gérin) zum Einsatz, der eine die Tumorzellen bekämpfende Immunreaktion auslöst. Die Heilungschancen nach einem solchen operativen Eingriff und entsprechender medikamentöser Behandlung sind hoch.

Schwieriger ist die Situation, wenn das Karzinom in die Muskulatur der Blasenwand eingewachsen oder sogar darüber gewachsen ist. Dann besteht die Gefahr, dass es in fortgeschrittenem Stadium das Muskelgewebe durchdringt und sich Krebszellen über die Blutbahn rasch im gesamten Organismus verbreiten. Hier bleibt zur Heilung nur noch eine radikale Operation. Das heißt, bei einem in die Blasenwandmuskulatur eingewachsenen Karzinom muss der Operateur das Organ inklusive der zugehörigen Lymphknotenstationen ganz oder teilweise entfernen. Beim Mann werden in aller Regel auch die Prostata und die Samenbläschen, bei der Frau die Gebärmutter, die vordere Scheidenwand und die Eierstöcke mit entfernt.

Früher wurde der Urin über einen künstlichen Ausgang am Bauch in einem externen Auffangbeutel gesammelt. Diese Form der Harnableitung ist auch heute noch bei ca. 80 Prozent der Patienten, die außerhalb von spezialisierten Zentren behandelt werden, die häufigste Form der Harnableitung. "Es gibt inzwischen unterschiedliche Formen der Ersatzblasen, mit denen Betroffene ohne wesentliche Einschränkung der Lebensqualität gut zu-rechtkommen", versichert Heidenreich, der bereits Betroffene im Alter von 40 bis 92 Jahren erfolgreich behandeln konnte.

Heidenreich hilft zwei Drittel der Patienten aber inzwischen mit einer sogenannten Neoblase - Voraussetzung: Der Übergang von der Blase zur Harnröhre ist frei von Krebszellen. Diese neue Blase formt (besser: näht) der Operateur in einer anspruchsvollen Technik aus einem 50 Zentimeter langen Dünndarmstück. Die so entstandene Ersatzblase wird an die Harnröhre angeschlossen, und der Operierte kann nach Reha und Beckenbodentraining wieder auf normalem Wege Wasser lassen.

Kann Darmhaut so einfach die Funktionen der Blase übernehmen? Die Spezialisten wissen inzwischen genau, was in der einstigen Darmschleimhaut geschieht: "Sie verwandelt sich langsam", versichert Heidenreich, "anfangs können noch Bakterien in den Dünndarmfalten sitzen und Infektionen verursachen, außerdem werden Mineralsalze ins Blut abgegeben. Prophylaktisch gibt man deshalb über eine gewisse Zeit Medika-mente, um den pH-Wert zu normalisieren und Infekte zu vermeiden." Langsam stumpft die Schleimhaut ab und blockiert schließlich den Mineral-Prozess ganz. Heidenreich: "Die meisten Patienten mit einer Neoblase können wieder beruflich aktiv sein und haben selbst beim Sport keine Einschränkungen." (weitere Informationen: www.urologische-klinik-aachen.de )

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