(NL/1096288724) Das Niedersächsiche Finanzgericht bestätigt mit Urteil v. 16.02.2012 die bisherige Rechtsprechung der Finanzgerichte zu Organen (GmbH Geschäftsführer und Vorstände) und erteilt der Ansicht der Finanzverwaltung eine Abfuhr.
Das Niedersächsiche Finanzgericht hat mit Urteil vom 16.02.2012 (Az.: 14 K 202/11) die lohnsteuerliche Anerkennung von Zeit Wertkonten für Organe (Anm.: für Vorstände von Aktiengesellschaften gelten besondere Regelungsinhalte) bestätigt. Vorausgegangen war der Antrag auf die Erteilung einer verbindlichen Anrufungsauskunft im Sinne von § 42 e Einkommensteuergesetz (EStG). Das Finanzamt weigerte sich die entsprechende Auskunft mit der Begründung, dass in dem BMF Schreiben vom 17.06.2009 alle Voraussetzungen für die lohnsteuerliche Behandlung geregelt seien, zu erteilen. Hierzu gehöre auch, dass die Einrichtung von Zeitwertkonten für Arbeitnehmer, die zugleich auch als Organ einer Körperschaft bestellt sind mit dem Aufgabengebiet eines Organs unvereinbar seien, so dass bereits die Gutschrift von Zuführungen auf dem Zeitwertkonto als Arbeitslohn zu versteuern sind.
Hiergegen legte das betroffene Unternehmen Sprungklage beim Finanzgericht ein, dem das Finanzamt aber nicht zustimmte. Die Klage wurde daher als Einspruch gewertet, das Finanzamt erteilte dann die zuvor zitierte Auskunft, gegen die das Unternehmen Klage einreichte.
Eine der Hauptfragen, mit denen sich der Senat auseinandersetzte war die Klärung des Zuflusses von Arbeitslohn bei einem Geschäftsführer.
Im Tenor schloss sich das FG der bisherigen Rechtsprechung der anderen Finanzgerichte (Düsseldorf v. 21.03.2012, Hessen v. 19.01.2012 und Münster 24.03.2011) an und bestätigte, dass Zuführungen von Arbeitslohn zu einem Zeitwertkonto im Zeitpunkt der Zuführung auch für Organe keinen Zufluss von Arbeitslohn darstellen.
Der erkennende Senat des FG führt in diesem Zusammenhang dazu wörtlich aus:
Soweit das BMF-Schreiben (Anm.: vom 17.06.2009) in BStBl I 2009, 1286 davon ausgeht, dass Vereinbarungen über die Errichtung von Zeitwertkonten bei Arbeitnehmern, die zugleich als Organ einer Körperschaft bestellt sind z.B. angestellte Geschäftsführer einer GmbH mit dem Aufgabenbild eines Organs nicht vereinbar seien und daraus gefolgert wird, dass bereits die Gutschrift künftig fällig werdenden Arbeitslohns auf dem Zeitwertkonto zum Zufluss von Arbeitslohn führe, gibt es hierfür keine gesetzliche Grundlage.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das FG auch hier Revision beim BFH zugelassen. Nun sind die BFH Richter unstreitig in ihrer Urteilsfindung absolut autark und an keine Vorinstanz gebunden. Doch die Urteilsbegründungen aller erkennenden Senate bauen konsequent auf der bisherigen Rechtsprechung des BFH auf. Es wäre verwunderlich, wenn der BFH seine bisherige Rechtssprechungspraxis aufgeben würde.
Welche Optionen bestehen für die nahe Zukunft?
a) aus Sicht der Unternehmen
b) aus Sicht der Finanzverwaltung
c) aus Sicht der Politik
zu a) Unternehmen können, jedes Einzelne für sich, im Klageverfahren gegen lohnsteuerlich nicht anerkannte Zuführungen zu Wertkonten vorgehen und/oder gegen erlassene Bescheide Einspruch mit Aussetzung beantragen. Oder sie beantragen analog verbindliche Anrufungen und Klagen ggfs. direkt mit Sprungklage beim Finanzgericht.
zu b) Die Finanzverwaltung kann hoffen, dass der BFH die Entscheidungen der Finanzgerichte kippt, was aber eher unwahrscheinlich sein dürfte, oder erklärt die Verfahren bei zu erwartendem ungünstigen Ausgang für erledigt, so dass es kein BFH Urteil gibt. Eine Praxis, die der Präsident des BFH bereits mehrfach kritisierte. Das Bundesfinanzministerium könnte einen Gesetzentwurf zur Änderung des Lohn- und Einkommensteuerrechts vorbereiten und diesen versuchen bei den politischen Parteien durchzusetzen. Auf der anderen Seite müsste das BMF allerdings eher das nicht mehr haltbare BMF Schreiben vom 17.06.02009 sofort zurückziehen. Hilfsweise objektive Spielregeln zur Vermeidung von Gestaltungsmissbrauch für eine steuerliche Anerkennung aufstellen.
zu c) Die Politik könnte für Klarheit sorgen und dem bisherigen unrühmlichen Spiel ein Ende bereiten. Die Bundesregierung wäre gut beraten Zeitwertkonten auch für Organe ihren steuerlichen Segen zu erteilen um ihrem eigenen Postulat Ihnen (Anm.: den Zeitwertkonten) kommt entscheidende Bedeutung dabei zu, die gesellschaftlichen Veränderungen und die bevorstehenden demografischen Herausforderungen zu bewältigen... Nachdruck zu verleihen. Zu einer Änderung des Einkommensteuerrechts in dieser Legislaturperiode kann es keine Zustimmung geben.
Solange es bei Zeit-Wertkonten für Organe keine erkennbaren positiven Regeln gibt, bleibt insbesondere die Verbreitung in klein- und mittelständischen Unternehmen weiterhin meist ein Stiefkind.