In dieser Woche treffen sich die weltbesten
Sportschützinnen und Sportschützen in den Gewehr- und
Pistolendisziplinen beim ISSF-Weltcup in München, um eine letzte
Standortbestimmung vor den Olympischen Spielen in London vorzunehmen.
21 Athletinnen und Athleten des Deutschen Schützenbundes gehen auf
der Olympia-Schießanlage Hochbrück im Münchner Norden an den Start -
unter ihnen auch Jahrhundert-Schütze Ralf Schumann in der besonders
fordernden Disziplin "Olympische Schnellfeuerpistole".
Red.: Herr Schumann, nach drei olympischen Goldmedaillen, zwei
olympischen Silbermedaillen und dutzenden WM-, EM- und Weltcup-Siegen
- darunter viele Male hier auf der Olympia-Schießanlage Hochbrück -
muss die Frage erlaubt sein: Wie motivieren Sie sich noch für weitere
Wettkämpfe?
Ralf Schumann: Die Motivation kommt sicherlich aus der
Begeisterung für die Olympische Schnellfeuerpistole. Und wer mich
kennt, weiß, dass mein Glaube ein großer Antrieb bei allem ist, was
ich mache. Die Schnellfeuerpistole ist für alle Schützen eine riesige
Herausforderung, das ist Technik pur: Die Pistole hat ein
Abzugsgewicht von einem Kilogramm, getroffen werden muss die Zehn auf
fünf Scheiben in 25 Meter Entfernung - und dafür haben Sie gerade
einmal vier Sekunden Zeit! Was viele nicht wissen: Für
Trainingsmaßnahmen und Wettkämpfe kommen bei mir pro Jahr gut 40.000
Schuss zusammen. Bei jedem einzelnen Schuss wird eine große Kraft
frei, die eine perfekte Körperbeherrschung erfordert. Daher ist
gerade die Kontrolle des Rückstoßes von enormer Bedeutung, um ins
Schwarze zu treffen.
Red.: Was bedeutet das genau?
Ralf Schumann: Arme, Schulter und Gelenke werden beansprucht, das
macht ein umfangreiches Krafttraining nötig. Und würde man während
des Schießens seine Position nur um wenige Millimeter verändern, wäre
das Projektil vermutlich gar nicht mehr auf der Scheibe. Dazu kommen
Licht- und teilweise auch Witterungseinflüsse, auf die man sich immer
neu einstellen muss, manchmal variieren die Bedingungen sogar von
Stand zu Stand. Eine solche geballte Kombination aus Anspannung,
Kraft und Ausdauer gibt es nur in wenigen anderen Sportarten. Aber
eines ist auch klar: Mir geht es um den Vorgang der Zielens, um die
enorme Konzentration beim Schießen mit einem anspruchsvollen
Sportgerät.
Red.: Wie sehen Sie als erfolgreicher Schütze und seit kurzem auch
Diplom-Trainer der Trainerakademie Köln die Zukunft des Schießsports
in Deutschland?
Ralf Schumann: Der Schießsport steht sicherlich vor großen
Herausforderungen in Deutschland, keine Frage. Seit 1896 ist das
Schießen Bestandteil der Olympischen Spiele, das sollte niemand
vergessen. Da ist es doch gerade eine Verpflichtung, diesen Sport fit
für die Zukunft zu machen. In den 15.000 Vereinen wird eine
beeindruckende Jugendarbeit geleistet, das sage ich nicht zuletzt als
Trainer im Thüringer Schützenbund. Die Nachwuchsarbeit nimmt breiten
Raum ein, das Lichtschießen erleichtert den Einstieg ins
Sportschießen im Jugendbereich. Zugleich sind die Schützenvereine
eine feste, gesellschaftliche Größe vor Ort. Das muss weiter
vorangetrieben werden, um neue Talente für den Schießsport und seine
vielen spannenden Disziplinen zu begeistern und dessen einzigartige
Vielfalt zu erhalten.
Red.: Bezogen auf Ihre Disziplin heißt das...?
Ralf Schumann: Trotz aller Forderungen nach neuen Konzepten sage
ich auch: Bewährtes darf nicht vorschnell über Bord geworfen werden.
Nicht nur meine Disziplin - die Olympische Schnellfeuerpistole - lebt
gerade vom perfekten Zusammenspiel von Sportgerät, Munition und
Athlet. Und dazu ist gerade die Verwendung eines beeinflussbaren
Geschosses unabdingbar. Denn das ist es, was den Schießsport
ausmacht: Unterschiedliche Lichtbedingungen, Wind- und
Wettereinflüsse, verschiedene Entfernungen und die komplizierte
Ballistik in Einklang zu bringen - das ist die Herausforderung an
diesem anspruchsvollen Sport. Allein mit dem Lichtschießen wären
wesentliche Merkmale nicht mehr vorhanden! Ich sehe keine echten
Alternativen zu den Hightech-Sportgeräten, mit denen wir schießen -
zudem sind wir natürlich auch abhängig von den sportlichen
Entscheidungen des Weltschießsportverbandes ISSF. Übrigens können wir
natürlich auch nur so die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen
Vergleich sichern. Die beeindruckende Medaillenbilanz der deutschen
Schützinnen und Schützen für Deutschland soll schließlich fortgeführt
werden.
Red.: Herr Schumann, der Deutsche Schützenbund plant zusammen mit
seinen 20 Landesverbänden am 6. und 7. Oktober ein "Wochenende der
Schützenvereine". Was halten Sie als Leistungssportler davon?
Ralf Schumann: Das ist eine großartige Gelegenheit, den Schieß-
und Bogensport einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren! Ich bin
mir sicher, dass viele Vereine auch das Olympische
Schnellfeuerschießen vorstellen und erläutern werden - dann kann sich
jeder selbst einen Eindruck machen. Ich werde auf jeden Fall dabei
sein!
Red.: Herr Schumann, besten Dank für das Gespräch und weiterhin
viel Erfolg beim Weltcup in München und natürlich bei den Olympischen
Spielen in London. Wir drücken Ihnen die Daumen!
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Deutscher Schützenbund
Birger Tiemann
Leiter Öffentlichkeitsarbeit
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