Jetzt im Sommer auf Mallorca wird er wieder gefeiert und Hunderte singen mit; Jürgen Drews. Einer hat genau hingehört. Sacha Szabo Soziologe und Literaturwissenschaftler schrieb ein Buch über den Ballermann und hat sich dabei auch mit Jürgen Drews´ Wirken beschäftigt. Wir haben ihn interviewt.
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Herr Szabo Jürgen Drews gilt ja vielen als einer der Hauptakteure des Ballermanns und wurde auch 2009 mit dem Ballermann-Award geehrt. Können Sie uns erklären, wie es zu dieser Karriere kam?
Sacha Szabo: Jürgen Drews verkörpert stärker als viele der neueren Künstler auch das ursprüngliche Mallorcaflair. Als Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre am Strand von El Arenal deutscher Schlager gespielt wurde, wohingegen zu dieser Zeit der Schlager in Deutschland eher in einer Krise steckte. Aus diesem Reservat deutscher Schlagerkultur heraus, hat sich Drews als Partysänger etabliert.
Jürgen Drews spielt ja auch mit diesem Werdegang und bezeichnet sich in einem Lied als der König von Mallorca.
Sacha Szabo: Spanier fanden dies nicht so toll. Aber was dabei unterschlagen wird. Jürgen Drews Lied ist eine magische Formel, wie ein Ballermann-Urlaub aussehen kann. Man nimmt ein unbekanntes Land in Besitz, und sei es eben nur in der Urlaubszeit und stellt dort eigene Regeln auf. Es ist eine Art Utopia. Und lautet ja eine Zeile auch:
"Party feiern bis zum Morgen, das gibt´s nur hier, das ist gewiss. Hier ist der Himmel auf Erden, das letzte Paradies."
Das ist nun aber sehr weit hergeholt oder?
Sacha Szabo: Jein. Es klingt etwas überinterpretiert. Aber es geht im Kern darum, dass im Urlaub andere Normen gelten. Gleiches gilt auch für eine Feier, auch dort gelten anderen Normen, etwa der Umgang mit Alkohol oder Sexualität. Und der Alkohol selbst sorgt auch dafür dass die Alltagsnormen etwas gelockert werden. Sicherlich merkwürdig diese Situation als Utopia zu bezeichnen und doch ist es eine Welt jenseits der Alltagsrealität. Genau diese Aspekte werden in der folgenden Strophe auch dezidiert benannt: "Ich bin der König von Mallorca. Ich bin der Prinz von Arenal. Ich habe zwar einen an der Krone, doch das ist mir Scheissegal."
Sie sprachen auch davon, dass das Lied karnevaleske Momente innehat.
Sacha Szabo: Im Mittelalter gab es in Europa eine Lachkultur, die die Angst vor dem Tod und die Angst vor der Strafe verlachte, daraus entwickelte sich der Karneval. Teil dieses Karnevals ist die Aufhebung sozialer Schichten, aber auch die Umkehrung von Herrschaftsverhältnissen. Man denke etwa an das kölsche Dreigestirn. Genau diese karnevaleske Situation fordert Jürgen Drews für die Ballermann-Partykultur ein. Es findet eine Vergemeinschaftung ganz unterschiedlicher Menschen statt. Und wenn wir diese Idee weiterverfolgen, dann können wir sagen, so wie der Karneval die fünfte Jahreszeit ist, ist der Ballermann die sechste oder sex-te, ganz wie sie wollen.
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