fit und munter - Aktionstag gegen den Schmerz 5. Juni 2012, Schmerzklinik Kiel

fit und munter

Aktionstag gegen den Schmerz 5. Juni 2012, Schmerzklinik Kiel

Im Rahmen des Aktionstages gegen den Schmerz ruft die Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. am Dienstag, den 5. Juni 2012 Kliniken und schmerztherapeutische Einrichtungen dazu auf, das zentrale Gesundheitsthema Schmerztherapie verstärkt in die Öffentlichkeit zu tragen.
Die Schmerzklinik Kiel, Heikendorfer Weg 9-27, bietet für Betroffene und Interessierte eine öffentliche Informationsveranstaltung am Dienstag, 5. Juni 2012 um 19 Uhr rund um das Thema „Erfolgreich gegen Migräne und Kopfschmerzen“ an. Von 18-19 Uhr können Betroffene unter der Telefonhotline 0431-20099400 Fragen an Experten der Schmerzklinik stellen. Am Vortag, Montag den 4. Juni 2012, können im Rahmen eines Live-Chat auf Headbook ab 18 Uhr Fragen an Prof. Göbel gerichtet werden. Diese werden direkt beantwortet. Hierfür ist die Anmeldung in Headbook notwendig. Am 8. und 9. Juni wird für Ärzte ein Hands-on Workshop zur Migräne- und Kopfschmerztherapie in der Schmerzklinik Kiel durchgeführt. Mit der Etablierung des ersten „Aktionstages gegen den Schmerz“ will die Deutsche Schmerzgesellschaft e.V., sowie die Partner und teilnehmenden Kliniken, einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Situation von Schmerzpatienten und deren Angehörigen in Deutschland leisten.

Chronische Kopf- und Gesichtsschmerzen sind die herausragende Volkskrankheit. In Deutschland geben 54 Millionen Menschen Kopfschmerzen als gravierendes Gesundheitsproblem im Laufe ihres Lebens an. Pro Jahr werden bundesweit mehr als 3 Milliarden Einzeldosierungen von Schmerzmitteln allein über Selbstmedikation eingenommen, schätzungsweise 85% davon wegen Kopfschmerzen. In Deutschland werden pro Jahr über 125 Millionen Packungen an Schmerz- und Migränemitteln abgegeben. Einschließlich Selbstmedikation wurden ca. 200 Millionen Packungen an Schmerzmitteln gekauft. Unter den 20 meistverkauften Arzneimitteln in Deutschland finden sich allein zehn Präparate für die Indikation Kopfschmerzen. Die Zahlen nehmen jährlich zu. Die Menge der in Deutschland pro Jahr konsumierten Schmerzmittel reicht aus, um über 10 Millionen Deutsche ein ganzes Jahr lang mit einer täglichen Dauerversorgung von Schmerzmitteln auszustatten. Es wird geschätzt, dass von den rund 30.000 Dialysepatienten circa 20 bis 30% wegen eines zu hohen Schmerzmittelkonsums dialysepflichtig wurden. Allein diese Nebenwirkungen von Schmerzbehandlungen belasten die gesetzliche Krankenversicherung jährlich mit rund 300 Millionen Euro und tragen erheblich zur kontinuierlichen Kostensteigerung bei.

Jeder Deutsche schluckt im Jahr im Mittel 37 Einzeldosen von Schmerzmitteln. 8,3 Millionen Deutsche nehmen im Mittel jeden Tag eine Kopfschmerztablette über Selbstmedikation. 58.853 Triptan-Einzeldosen – dies sind spezielle Migränemittel – werden jeden Tag in Deutschland eingenommen. Rund 60% der Bevölkerung nimmt regelmäßig pro Monat Kopfschmerzmittel über Selbstmedikation ein. Ca. 12% der Bevölkerung verwendet Kopfschmerzmittel an mehr als 10 Tagen im Monat. Rund 3% der Bevölkerung nimmt täglich Migräne- und Schmerzmittel ein.

Nahezu 65% der Betroffenen konsultieren keinen Arzt, sondern behandeln ihre Kopfschmerzen eigenständig über Selbstmedikation außerhalb des professionellen medizinischen Systems. Nur etwa 15% suchen einen Arzt zur Kopfschmerzbehandlung auf.

Die Häufigkeit und die hohen Kosten von neurologischen Schmerzkrankheiten führen dazu, dass nach der Altersdemenz und dem Schlaganfall die Kopfschmerzkrankheiten zu den drei neurologischen Erkrankungen mit den größten sozioökonomischen Auswirkungen gehören. Unter allen Erkrankungen des Gehirns waren die Kopfschmerzen in Europa mit 152,8 Millionen Betroffenen im Jahre 2010 die häufigste Erkrankungsgruppe. Sie bedingen rund 9 Milliarden Euro an direkten Kosten für Leistungen im Zusammenhang mit der Prävention, Diagnose und Behandlung der Kopfschmerzen, wie z.B. für Arztkonsultationen, Krankenhausaufenthalten und Medikamenten. Hinzu kommen weitere 34,5 Milliarden Euro an indirekten Kosten, wie z.B. durch Reduktion der Arbeitsproduktivität, Arbeitsunfähigkeit u.a.. Insgesamt bedingen Kopfschmerzen jährlich 43,5 Milliarden an direkten und indirekten Kosten in Europa.

Die Weltgesundheitsorganisation und die globale Kampagne gegen Kopfschmerzen „Lifting the burden“ hat im Jahr 2011 einen Atlas über die Verbreitung von Kopfschmerzerkrankungen und Ressourcen zur Versorgung publiziert. Die Hauptbotschaften dieser Schlüsselpublikation der WHO zum Thema Kopfschmerz beschreiben die gegenwärtige Versorgungssituation und die notwendigen Schritte zur zeitgemäßen Verbesserung der Diagnostik und Behandlung von Kopfschmerzerkrankungen:

Kopfschmerzerkrankungen sind weltweit sehr weit verbreitet und schwer behindernd. Trotzdem werden sie in Gesundheitssystemen nicht adäquat wahrgenommen, werden lückenhaft diagnostiziert und inadäquat behandelt;
Nur eine Minderheit der Menschen, die an Kopfschmerzerkrankungen leiden, wird professionell adäquat diagnostiziert und zielgerecht behandelt;
Behandlungsleitlinien werden nur in 55% der Länder routinemäßig eingesetzt;
Obwohl es eine große Spannweite von Therapien gibt, die gegen Kopfschmerzen effektiv eingesetzt werden können, werden unabhängig von dem Prokopfeinkommen adäquate Arzneimittel zur Behandlung nicht verfügbar gemacht und es entsteht dadurch eine Barriere für eine zeitgemäße Behandlung;
In der Ausbildung von Medizinstudenten werden weltweit nur 4 Stunden den Kopfschmerzerkrankungen gewidmet, eine mangelnde Ausbildung wird als Schlüsselproblem für die spätere adäquate Versorgung von Kopfschmerzerkrankungen angesehen;
Obwohl Kopfschmerzerkrankungen mit zeitgemäßen Möglichkeiten diagnostiziert und gelindert werden können, besteht aufgrund der mangelnden Ressourcennutzung eine schwere individuelle Belastung für die Kopfschmerzerkrankten, sowie eine Belastung für die Gesellschaft. Diese Situation besteht sinnlos trotz Behandlungsmöglichkeiten;
Die finanziellen Auswirkungen für den einzelnen Betroffenen, sowie für die Gesellschaft aufgrund von reduzierter Produktivität, sind außerordentlich hoch.
Vorschläge für eine verbesserte Versorgungslandschaft schließen eine bessere professionelle Aus-, Weiter- und Fortbildung als die wichtigste Maßnahme um die Versorgung von Kopfschmerzerkrankungen und eine verbesserte Organisation und Koordination der Versorgungslandschaft für Kopfschmerzen ein;
In Anbetracht der sehr hohen indirekten Kosten von Kopfschmerzerkrankungen ist ein größeres Engagement in die Gesundheitsversorgung von Kopfschmerzerkrankungen erforderlich. Diese Maßnahme kann insgesamt zudem kostensparend wirksam sein.

Zur Etablierung einer zeitgemäßen Versorgungslandschaft in Deutschland wurde in Zusammenarbeit mit regionalen und überregionalen Krankenkassen von Experten der Schmerzklinik Kiel eine völlig neue bundesweite koordinierte Behandlung für schwer Betroffene geschaffen. Es wurde ein bundesweites Expertennetz von Ärzten mit einer Schwerpunktpunktbildung im Bereich der Migräne- und Kopfschmerzbehandlung aufgebaut. Diese regionalen Experten können direkt regional konsultiert werden, um eine wohnortnahe spezialisierte Schmerztherapie zu erhalten. Das bundesweite Kopfschmerzbehandlungsnetz und deren Netzpartner werden kontinuierlich geschult und erhalten direkte Fortbildung über die neuen Möglichkeiten der internationalen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Schmerzbehandlung. Sollte sich abzeichnen, dass schwer zu behandelnde Problemverläufe regional nicht adäquat versorgt werden können, steht den Patienten aufgrund der nahezu mit allen großen Krankenkassen abgeschlossenen Versorgungsverträgen die Möglichkeit offen, überregional hochintensiviert in der neurologisch-verhaltensmedizinischen Schmerzklinik Kiel behandelt zu werden. Im Anschluss daran können die betroffenen Patienten weiter kontinuierlich koordiniert sektoren- und fachübergreifend betreut werden, um den Behandlungseffekt zu stabilisieren.

Das bundesweite Kopfschmerzbehandlungsnetz wurde 2012 als Deutschlands bestes Integriertes Versorgungsprojekt ausgezeichnet. Als wichtige Kriterien für den Preis gelten die hochwertige medizinische Versorgung und der gesicherte Nutzen für die Patienten, sowie die vorbildliche Vernetzung vormals getrennt handelnder spezialisierter Praxen und Kliniken.
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