Berlin, 5. Juni 2012 - Anfang Juni fand in Berlin der 12. Kongress für Tanzmedizin statt. Das war ein willkommener Anlass für tamed, Tanzmedizin Deutschland e. V., die Missstände in der medizinischen Versorgung von Tänzern anzuprangern.
72 Prozent* der professionellen Tänzer erleiden im Laufe ihrer Karriere durch eine hohe Rate an Arbeitsunfällen und Überlastungsschäden bleibende körperliche Beeinträchtigungen. Wie alle Spitzensportler brauchen auch sie eine spezielle medizinische Betreuung. Am spezifischen Bedarf von Tänzern orientierte Rehabilitationsmaßnahmen haben gezeigt, dass Tänzer mit der entsprechenden Unterstützung deutlich schneller wieder auf die Bühne zurückkehren.
"Die medizinische Versorgung professioneller Tänzerinnen und Tänzer in Deutschland lässt sich deutlich verbessern. Wir verzeichnen eine sichtbare Verkürzung der Therapiezeit", bestätigt Dr. Elisabeth Exner-Grave, Leiterin des Kompetenzzentrums Tanzmedizin medicos.AufSchalke in Gelsenkirchen. "Diese Verkürzung mindert unterm Strich auch die Kosten für das Gesundheitssystem", versichert die Tanzmedizinerin und Mitbegründerin von tamed. Tanzmedizinische Rehabilitation bedeutet nicht nur eine optimale Therapie für die verletzten Partien, sie sorgt auch für die Erhaltung der physischen Fitness außerhalb des Verletzungsgebietes und geht der Ursache einer Verletzung auf den Grund. Beides ist für die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit und Sekundärprävention von tanzspezifischen Erkrankungen essentiell. Solche spezifischen und umfassenden Maßnahmen werden aber von den Kassen nicht oder nur eingeschränkt übernommen, weil Tänzer noch immer nicht den Status eines Hochleistungssportlers genießen. Auch an interdisziplinärer Kompetenz für eine qualifizierte medizinische Versorgung der Tänzer mangelt es in Deutschland. Infolge dessen verlängern sich die Ausfallzeiten von Tänzern und gefährden deren berufliche Reintegration.
Der 12. Kongress für Tanzmedizin tagte vom 1. - 3. Juni 2012 am Hochschulübergreifenden Zentrum Tanz (HZT) in Berlin und stand dieses Mal unter dem Motto: "Faszi/e/nation Tanz - bewegte Vernetzung". Kooperationspartner für die Kongressausrichtung waren neben dem HZT auch das Staatsballett Berlin. Ein hochkarätiges Programm aus wissenschaftlichen und praxisorientierten Vorträgen und Workshops lockte über 300 Besucher in die Studios des HZT. In den Pausen und in den Diskussionsrunden der Fachgruppen stellte der Kongress einmal mehr unter Beweis, dass er sich als wichtiges Bindeglied zwischen tanzmedizinischer Forschung und täglicher Tanzpraxis etabliert hat. Als Branchentreffen bietet er eine Plattform für neueste relevante Themen und intensiven Austausch. Der 13. Kongress für Tanzmedizin findet vom 30. Mai bis 1. Juni 2014 statt.
tamed ist mit über 500 Mitgliedern die größte deutschsprachige Organisation für Tanzmedizin und stellt ihr Engagement auf drei Säulen: Ausbilden - Behandeln - Vernetzen. Mit einem breit gefächerten Aufklärungs- und Beratungsangebot rückt tamed die Gesundheit des Tänzers in den Mittelpunkt.
* Quelle: GOERTZEN M., RINGELBAND R., SCHULITZ K.-P. (1989): "Verletzungen und Überlastungsschäden beim klassischen Ballett-Tanz" in: Z Orthop Ihre Grenzgeb 1989 (127/1): 98-107