Finanzieller Beitrag der Bundesregierung unzureichend
Washington/Berlin, 25.7.2012. Ärzte ohne Grenzen fordert die Bundesregierung und die Staatengemeinschaft auf, im Kampf gegen Aids mehr Anstrengungen zu unternehmen. Eine Studie der Organisation zeigt, dass in einigen Ländern noch immer nur eine Minderheit der HIV-Infizierten behandelt werden kann. Das Gemeinsame Programm der Vereinten Nationen zu HIV/Aids (UNAIDS) hat im Vorfeld der 19. Internationalen Aids-Konferenz in Washington eine große Lücke bei der Finanzierung des Kampfes gegen HIV/Aids festgestellt.
"Die wissenschaftlichen Fortschritte der Welt-Aids-Konferenz sind ermutigend. Leider fehlt es in vielen Ländern am politischen Willen, die Mittel bereitzustellen, diese neuen Erkenntnisse auch anzuwenden", sagt Oliver Moldenhauer, der für Ärzte ohne Grenzen an der Konferenz teilnimmt. "Die Bundesregierung fällt hier mit ihrem Beitrag im Jahr 2011 leider deutlich hinter Ländern wie Frankreich oder Großbritannien zurück. Selbst die Niederlande stellen mehr Geld für den internationalen Kampf gegen HIV/Aids zur Verfügung als Deutschland." Das geht aus einer Untersuchung von UNAIDS und der "Kaiser Family Foundation" hervor, die auf der Konferenz präsentiert wurde.
Ärzte ohne Grenzen hat in Washington zwei Studien zur Behandlung von HIV/Aids vorgestellt, die in Zusammenarbeit mit UNAIDS entstanden sind. In "Speed up Scale-up" untersuchen die Autoren der medizinischen Hilfsorganisation die Fortschritte bei der HIV-Behandlung in 23 Ländern in Afrika, Asien, Südamerika und Europa anhand von 25 Kennzahlen. In dieser Studie werden Fortschritte deutlich, aber auch der weiterhin riesige Bedarf an HIV-Therapien: In 12 der 23 untersuchten Länder werden noch immer weniger als 60 Prozent der bedürftigen HIV-Infizierten behandelt, in vier Staaten sogar weniger als 30 Prozent.
"Wir haben festgestellt, dass die Regierungen immer größere Anstrengungen unternehmen, um die Menschen mit HIV-Medikamenten zu versorgen und um die Behandlung immer näher am Zuhause der Menschen verfügbar zu machen. Dadurch können mehr Menschen davon profitieren", sagt Sharonann Lynch, HIV/Aids-Expertin von Ärzte ohne Grenzen. "Aber es liegt noch immer ein weiter Weg vor uns. Mehr Länder müssen ihre Behandlungsprotokolle ändern und auch Krankenschwestern und -pflegern ermöglichen, Behandlungen zu initiieren. Nur so können wir die Behandlung von HIV/Aids in jeder Klinik, in jedem betroffenen Dorf möglich machen."
In einem zweiten Report mit dem Titel "Closer to Home" werden dezentral organisierte Behandlungsmodelle von Ärzte ohne Grenzen vorgestellt, die eine Therapie auch in abgelegenen Gebieten ermöglichen oder die Behandlung erleichtern. In Mosambik schließen sich etwa Patienten in Sechsergruppen zusammen, um abwechselnd die Medikamente für die ganze Gruppe zu besorgen. In Südafrika werden stabile Patienten in Gruppen von 20 Personen behandelt - wobei die Behandlung und eine Untersuchung der ganzen Gruppe weniger als zwei Stunden dauern.
Ärzte ohne Grenzen behandelt derzeit 220.000 HIV/Aids-Patienten in 23 Ländern.
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